Recycling hat eine lange Geschichte. Heute wird es in Gesetzen festgeschrieben, was leicht Eindruck erweckt, als würde es nur aus Zwang geschehen. Dabei geht die Geschichte des Recyclings mindestens bis in die Antike zurück und war dort ganz selbstverständlich. Egal ob Lehmziegel, Bronze oder Fäkalien. Alles für das sich ein Nutzen fand, wurde auch genutzt.
Genauso alt wie das Recycling ist aber auch die Geschichte des Mülls. Denn nicht für alles lässt sich noch ein Nutzen finden. Antike Städte im mittleren Osten erkennt man oft daran, dass sie auf einem Hügel stehen, ein “Tell”. Das ist aber weder Zufall noch Planung. Man hat nicht Städte auf Hügel gebaut. Sie sind zu Hügeln geworden, weil sich der Abfall unter ihnen immer weiter aufgehäuft hat. Manchmal deutet sogar der Name einer Stadt auf ein Tell hin, so wie in Tel Aviv. Die Städte sind nie in ihrem Müll erstickt, sie wurden einfach immer höher auf ihrem eigenen Müll weiter nach oben gebaut.
Bei jedem zielgerichteten Vorgang passieren irgendwo und irgendwann Dinge, die dem Ziel dann nicht mehr weiter helfen. Das ist auch eine ganz gute Definition für Abfall: Etwas bei dem der Aufwand der weiteren Nutzung im Moment größer wäre, als der Nutzen den es dort noch erbringen könnte. Je nach dem was für ein Stoff das ist, wo er anfällt und wieviel es ist, geht man unterschiedlich damit um. Natürlich kann man Fäkalien als Dünger auf Felder bringen, aber gerade in früheren Zeiten wäre das in Städten eine unlösbare Aufgabe gewesen. Weshalb man sie auch in Flüssen entsorgte.
Metalle gehören zu den Stoffen, die schon immer wiederverwendet wurden. Die Verhüttung von Erzen zu Metallen braucht immer viel mehr Energie, als das bloße Einschmelzen bereits verhandener Metalle. Dazu kommt noch, dass manche Metalle schlicht sehr selten sind. Gegenstände aus Kupfer und Bronze endeten praktisch nie mit Absicht im Müll. Sie wurden wieder eingeschmolzen. Nur als Grabbeigaben waren sie üblich, aber selbst dort waren sie vor Plünderern nicht sicher.
Metall kann man aber nur Recyclen, wenn man es einmal gewonnen hat und das Metall nicht mehr gebraucht wird. In Ländern wie China, wo erst vor kurzer Zeit mit großem Aufwand einen Industriegesellschaft aufgebaut wurde, gibt es davon noch recht wenig. Viel Stahl wird in Gebäuden, Brücken, Schienen und anderen Strukturen verbaut, die zumindest über Jahrzehnte stehen bleiben werden. Es wird einige Zeit brauchen, bis daraus Schrott wird. In der Zwischenzeit muss fast alles Eisen für Stahl aus Erzen gewonnen werden und China ist fleißig dabei.
Das wird sich ändern. In einigen Jahrzehnten wird der Schrott einen immer größeren Anteil der Rohstoffe ausmachen. Man wird alte Gebäude und Brücken abreißen und alte Züge und Schienen verschrotten. Man wird immer mehr des jährlichen Bedarfs an Eisen durch Schrott decken können, mit allen Einsparungen an Energie und Roherz, die das mit sich bringt. Die Produktion von Metallen aus Erzen ist damit immer auch eine Investition in die Zukunft. Sie ermöglicht es in der Zukunft Metalle mit weniger Aufwand für die Produktion zu nutzen. Die Energie die jetzt bei der Erzeugung investiert wird, braucht später nicht mehr aufgewendet werden. (Im Fall von Kunststoffen ist das Verhältnis übrigens genau umgekehrt. Dort verbraucht das Recycling mehr Energie als die Erzeugung aus Rohöl. Es lohnt also nur aus stofflichen Gründen. Aber so schnell werden uns der Rohstoff nicht ausgehen.)
Ganz so einfach ist es aber nicht. Metalle sind im allgemeinen nicht pur. Entweder werden sie mit Absicht legiert oder es befinden sich Verunreinigungen darin. Dazu kommen noch Verschleiß, Korrosion und Verluste als Schlacke beim Schmelzen. Schließlich gibt es noch das Problem, dass verschiedene Materialien in kleinen Teilen erbaut werden, und vor dem Recycling erst getrennt werden müssten. Man kann also nicht davon ausgehen, dass man bei der einfachen Wiederverwendung die gleiche Menge und die gleiche Qualität wieder bekommt. Die Menge hängt ganz von dem Aufwand bei der Vermeidung von Verlusten und dem Einsammeln ab. Der ist am Anfang noch nicht groß, aber um so mehr man sich der vollständigen Wiederverwendung nähern möchte, um so größer wird er werden. Auch noch die letzten Getränkedosen recyclen zu wollen, wird nicht gelingen. Man wird sie als Abfall abschreiben müssen.
Mit Verunreinigungen und Legierungen sieht es ganz ähnlich aus. Am günstigsten ist es, wenn man mit dem Material auskommt, so wie es ist. Man kann versuchen die Materialtrennung vor dem Einschmelzen zu verbessern. Das gehört zu den Feldern, in denen man heute durch bessere Sensor und Computertechnik immer besser wird.
Wie es mit der Menge und der Qualität aussieht hängt damit ganz davon ab, wieviel Aufwand man betreiben will. Wirklich hohe Reinheitsgrade erreicht man am ehesten mit Roherzen, oder durch Elektrolyse. Elektrolyse ist aber Energieaufwändig, kann sich aber lohnen, wenn es sehr wertvolle Stoffe als Abfallprodukte gibt. Wenn die “Verunreinigungen” nur groß genug sind, kann solcher Müll im Einzelfall gehaltvoller sein als manches Erz.
Ob etwas Abfall oder Rohstoff im Recycling ist, hängt damit immer mehr von der vorhandenen Technik und der Ergiebigkeit der Erzlagerstätten ab. Was heute Abfall ist, dessen Verarbeitung sich nicht lohnt, kann später durchaus ein wertvoller Rohstoff sein. Solche Phänomene sieht man heute schon im Bergbau, wo das “taube” Restgestein mit (früher) zu niedrigem Erzgehalt heute durch neue Verfahren nochmal aufgearbeitet wird.
Das zeigt allerdings auch, dass zu großer Eifer beim Recycling nicht unbedingt positiv sein muss. Die Technik wird besser und erlaubt Recycling mit immer kleinerem Aufwand. Ein Recycling auf Biegen und Brechen, nur der höheren Recyclingquote wegen, ist dagegen reine Energieverschwendung. Eine Lagerung von Müll, bis sich die technischen Gegebenheiten verbessert haben, könnte da durchaus eine Alternative sein.
Wie überall erkennt man auch hier den Unterschied zwischen gut und schlecht nicht daran, ob etwas Abfall ist oder recyclt wird. Man erkennt ihn daran, ob dem Aufwand auch ein angemessener Nutzen gegenüber steht.
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