In Russland gab es zuletzt einige simulierte Weltraummissionen. Das sind die Veranstaltungen, bei denen die Teilnehmer für lange Zeit in beengte Räume gesteckt wurden, später in Ersatzweltraumanzügen “Missionen” durchführen müssen und dann nochmal genauso lange zurück in die Räume müssen. Demnächst soll weitere dieser simulierten Missionen in Russland geben, diesmal wohl mit Außenmissionen in der virtuellen Realität.

Wäre bei solchen Simulationen aber eher ein Fan von echter Realität. Stellt sich nur die Frage, wie man das machen soll. In Amerika gibt es ganz ähnliche Projekte, die aber einen anderen Ansatz verfolgen. Zum einen erspart man sich die lange Zeit für den simulierten Flug, stattdessen geht man gleich zu einer simulierten Bodenstation über, in der amerikanischen Wüste. Aber auch das ist letztlich nur ein Spiel, bei dem sich die Teilnehmer gewisse Regeln auferlegt haben. In dem Fall, dass sie außerhalb der “Station” nur in klobigen “EVA” Suits herum laufen und ihre Aufträge erfüllen müssen. Wobei die EVA Suits eine reine Behinderung darstellen und sonst keine Funktion haben.

Den eigentlichen Herausforderungen einer Raumstation an einem Ort ohne nennenswerte Atmosphäre kommt man so aber kaum näher. Man könnte dem aber näher kommen, indem man die Bedingungen noch etwas extremer wählt.

Die Luft in unserer Atmosphäre ist in etwas mehr als 5000m Höhe nur noch halb so dicht wie auf Meereshöhe. Ohne Akklimatisierung leiden die meisten Menschen dort unter Höhenkrankheit, noch nicht in lebensbedrohendem Ausmaß, aber unangenehm ist es schon. Vor allem leidet die Konzentrationsfähigkeit bei der Arbeit, wodurch es dann viele Flüchtigkeitsfehler gibt. Dabei wird heute schon in solchen Höhen Forschung betrieben – Astronomie. In der Atacama Wüste von gibt es gleich zwei Observatorien in über 5000m Höhe.

Der Ort wäre ideal für eine bessere Simulation, wenn man verlangt, dass sich die Teilnehmer auf dieser Höhe ständig in einem Luftdruck von 1bar bewegen müssen. Dazu müsste die Station dann tatsächlich luftdicht gebaut werden und einen Überdruck von etwa 500mbar haben. Das Verlassen der Station wäre wieder nur in Anzügen erlaubt, die nun aber tatsächlich einen echten Überdruck haben und Luftdicht sein müssten. Wegen der dennoch vorhanden Luft wäre das Risiko minimal, aber die Motivation sich an die Spielregeln zu halten, hätte eine ganz andere Qualität. Denn wegen des normalen Luftdrucks setzt keine Akklimatisierung ein. Wenn man gegen die Regeln verstößt oder es ein Leck in der Station gibt, dann wird die gesamte Besatzung mit Höhenkrankheit zu kämpfen haben.

Der Grad an Realismus wäre sehr viel höher als bei allem bisher dagewesenen. Man bräuchte echte Druckanzüge bei denen echte Lecks ein echtes Problem darstellen. Man bräuchte Stationen auf deren Wänden echter Überdruck lastet und ein Betreten und Verlassen nur durch eine Luftschleuse erlauben. Je nach festgelegten Regeln, dürfte auch nur eine bestimmte Menge Druckluft pro Tag zur Verfügung stehen, um den Druck aufrecht zu erhalten. Man müsste sich ebenso um das Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre der Station bemühen.

Die Simulation wäre fast perfekt und gleichzeitig größtenteils Gefahrlos. Man kann nicht sofort ersticken und im Notfall kann man die Höhenkrankheit mit reinem Sauerstoff auch ganz ohne Überdruck bekämpfen – oder schlicht die Straße hinab vom Berg fahren. Man hätte auch nur mit einer leicht erhöhten Hintergrundstrahlung zu kämpfen, ganz anders als das auf dem Mond oder dem Mars wäre. Natürlich ist da die hohe Schwerkraft auf der Erde, die Arbeit in den Druckanzügen ist auf der Erde deswegen ungleich schwerer. Die hohe Luftdichte führt genauso zu unrealistisch heftigen Stürmen – im Vergleich zum Mars.

Das ganze Unterfangen wäre jedenfalls viel billiger als ein echter Raumflug, würde aber einen hohen Grad an Realismus bieten. Denn 500mBar ist bei 30-40% Sauerstoffgehalt, eine durchaus mögliche Option für die Atmosphäre im Inneren eines Raumschiffs oder einer planetaren Station. Anstatt eines Raumschiffs, würden die Module mit einem LKW auf den längst vorhandenen Straßen angeliefert. Ganz nebenbei könnte die Besatzung der simulierten Raumstation auch noch echte, produktive Arbeit leisten und sich um die Observatorien in so großer Höhe kümmern.

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Kommentare (3)

  1. #1 dgbrt
    12. August 2015

    @wasgeht:”Ganz nebenbei könnte die Besatzung der simulierten Raumstation auch noch echte, produktive Arbeit leisten und sich um die Observatorien in so großer Höhe kümmern.”

    Da würden dann die Probanden mit Raumanzügen die Computer in wohltemperierten Büros bedienen…

    Insgesamt aber eine interessante Idee. Nur außerhalb jeder Zivilisation, keine LKWs, das gibt es bei der Reise zum Mars auch nicht, nur wirkliche Rettungsfahrzeuge.

    Aktuell sind wir da aber weit von entfernt:
    1. Mars 500 hat nur das Verhalten der Menschen beobachtet. Es wurden aber auch physiologische Veränderungen gemessen, wenn auch erst einmal nur auf der Erde.
    2. Auf der ISS findet aktuell die Jahresmission von Michail Kornijenko und Scott Kelly statt. Das alles immerhin unter Schwerelosigkeit. Und der Scott Kelly hat einen Zwillingsbruder auf der Erde, der sich zu Vergleichsmessungen zur Verfügung stellt, der war immerhin auch mal Astronaut.

    • #2 wasgeht
      12. August 2015

      Meine erste Idee war, dass man das nicht in Chile macht, sondern in Tibet. Dort gibt es höhere Berge – aber viele davon sind heilig. Noch dazu kommt, dass es praktisch keinen Nutzen gibt. Der Nutzen an einem Observatorium zu sein, ist jetzt nicht überwältigend groß, aber immerhin vorhanden. Noch dazu kommen die viel gerigeren Kosten und das viel geringere Risiko.

      Am Ende ist es eine Art Spiel und man sollte sich die Sache nicht unbedingt schwieriger und gefährlicher machen als nötig. Das lässt mehr Spielraum um Geld auszugeben für echte Verbesserungen.

  2. #3 Johannes
    24. August 2015

    Dieses Vorhaben hier schaut ziemlich ähnlich aus wie das, was Du beschreibst: https://www.scilogs.de/leben-auf-dem-mars/heute-hawaii-morgen-mars/

    Scheint bald loszugehen!