Die Wissenschaft der DDR hatte in manchen Disziplinen durchaus Weltgeltung, von anderen Fächern – ideologisch an der kurzen Leine gehalten – gingen keine nennenswerten Impulse aus. Und für die friedliche Revolution von 1989/90 spielten die DDR-Wissenschaftler im Grunde keine Rolle, das sagt der Berliner Historiker Prof. Dr. Jürgen Kocka.
Im Interview erinnert Kocka an die Rahmenbedingungen unter denen die Forschung in der DDR ablief, an die politische Steuerung und die begrenzten Ressourcen, mit denen man auskommen musste. “Insgesamt waren das keine sehr guten Bedingungen, um Wissenschaft zu betreiben”, so das Urteil des Vizepräsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Auf die Frage nach der Einflußnahme der Politik auf die Wissenschaft stellt er klar:
“In der Tat war der politische Einfluß auch auf die Inhalte der Sozial- und Geisteswissenschaften, besonders der Geschichtswissenschaft, Soziologie und Philosophie, sehr viel stärker, als der politische Einfluß auf die Natur- und
Lebenswissenschaften. Das wirkte sich in einem hohen Maß an Konformität aus. Das führte zu einer Erschwerung von Innovation.”
Allerdings gab es natürlich Spielräume, die in manchen Feldern auch für innovative, spannende Forschungen genutzt wurde. Das führte dann durchaus auch dazu, dass von westdeutschen Forschern Kooperationen gewünscht wurden, die aber durch die Beschränkung der Außenkontakte in den Westen nur in sehr begrenztem Umfang möglich waren.
Und zur Rolle der akademischen Elite bei der friedlichen Revolution von 1989/90 stellt Kocka ganz klar fest:
“Insgesamt waren die Wissenschaftler keine führende Gruppe unter den Trägern der friedlichen Revolution.”
Das war in anderen Ländern – Ungarn oder Polen – deutlich anders. Aber viele aufmüpfige oder kritische Köpfe gab es im DDR-Wissenschaftssystem eben nicht. Im kompletten Interview äußert sich Prof. Jürgen Kocka noch zu weiteren Fragen und erinnert u.a. daran, dass die wissenschaftlichen Karriere zu DDR-Zeiten eine deutlich bessere Planbarkeit und wirtschaftliche Sicherheit bedeutete. Davon können zeitvertragsgeplagte Wissenschaftler der heutigen Generation natürlich nur träumen…
Das Interview wurde im September für das Online-Magazin der Bundesregierung geführt.
Kommentare (1)