Mein Philosophielehrer hat einige Intellektuelle einmal durch den Hinweis charakterisiert, daß sie nur Wegweiser seien, was konkret heißt, daß sie den gewiesenen Weg (meist der Tugend) nur weisen, aber nicht gehen. Sie schicken dauernd Leute in die Richtung, die sie selbst nur predigen, ohne jemals loszugehen.
In diesen Tagen lesen wir viel über den beklagenswerten Walter Jens, der dement ist und von dem wir wissen, daß er so nicht leben wollte. Seine Frau hat ihm versprochen, ihm dieses Leben zu ersparen (das für einen Rhetoriker kein Leben ist), und Jens hat in seinen Publikationen zum Ausdruck gebracht, daß er lieber sterben als so dahin vegetieren möchte. Und der Theologe Hans Küng weiß das und sitzt daneben.
Das heißt, die Ehefrau (und ihr Sohn) und der Theologe gehen den Weg nicht, den sie mit Walter Jens besprochen haben, den sie ihm versprochen haben und um den er gebettelt hat. Jetzt, wo der Weg zu beschreiten ist, verwandeln sich alle Beteiligten erneut in die ewigen Wegweiser, die uns erneut erklären wollen, wie schlau sie sind. Frau Jens teilt uns etwas von neuen Erfahrungen mit – so als ob jemand, der ein Leben lang Romane gelesen hat, davon überrascht sein müsste.
Die Wegweiser spielen ein erbärmliches Spiel. Diesmal bleiben aber nicht sie am Wegesrand zurück, sondern der Mann, dem sie Würde versprochen haben. Wir müssen bei einem unwürdigen Geschehen zuschauen.
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