Wir loben gerne Präziszion und Genauigkeit bei Messungen oder Angaben, und wir erwarten sie mehr oder weniger – eher mehr als weniger -, wenn wir uns in einem wissenschaftlichen Rahmen bewegen. Jetzt ist einigen Forschern aufgefallen, daß es da stets Grenzen gibt, aus dem Anspruch auf Präzision nur die Möglichkeit machen, etwas als falsch zu bezeichnen. Bisher glaubte man zum Beispiel, daß Gold bei einer Temperatur von 1337,33 Grad Kelvin friert (fest wird). Jetzt stellt sich heraus, daß stimmt nicht. Gold friert bei 1337,38 Grad Kelvin, und diese Verschiebung liegt am Meßverfahren, das benutzt wurde. Jetzt versuchen die Experten, die Skala neu zu definieren, um solche Fehler auszuschließen.
Glauben sie wirklich, das wird ihnen gelingen? Glauben sie wirklich, daß es so etwas wie den richtigen Wert gibt, bei dem Gold schmilzt oder friert?
Genauigkeit ist in Maßen sinnvoll, alles andere ist falsch. Wer sie übertreibt, gefährdet sein Fach – wie die Naturtheologen, die vor Darwin erkläre wollten, wann Gott die Welt geschaffen hatte. Solange sie vage blieben, bleiben sie glaubhaft. Erst als sie genau wurden – am 23. Oktober 4004 vor Christus um 9.00h morgens – wurde die Sache albern.

Kommentare (13)

  1. #1 Martin
    Juni 24, 2009

    Wo wir gerade beim Thema Genauigkeit sind: Ein kurzer Blick rüber zu Wikipedia bestätigte meinen Verdacht, dass die SI-Einheit Kelvin seit 1967 ohne das Grad auskommen muss 😉

  2. #2 hic fuit
    Juni 24, 2009

    Gefährdet auch jemand sein Fach, der statt einer Zahl stets ein 95%-Konfidenzintervall angibt?
    Ist Wissenschaft eher glaubhaft (für wen eigentlich?), wenn sie vage bleibt?
    Benötigt Wissenschaft Glaubhaftigkeit – und wenn ja, warum?

  3. #3 Arnd
    Juni 24, 2009

    Wissenschaft sollte natürlich immer so genau wie möglich sein. Es muss aber auch immer klar sein, wie genau wissenschaftliche Angaben sind. Dies sollte man bei Zahlen schon an der Anzahl Nachkommastellen sehen… bei dem Gefrierpunkt von Gold gab es also mindestens eine Nachkommastelle zu viel.

  4. #4 MartinB
    Juni 24, 2009

    “Glauben sie wirklich, daß es so etwas wie den richtigen Wert gibt, bei dem Gold schmilzt oder friert? ”
    Ja, wie denn sonst? Überlegt sich das Gold das je nach Lust und Laune, “ach heute hab ich mal nicht so viel Bock auf Schmelzen, da brauch ich mehr latente Wärme”, oder wie?

    Eine sinnvolle Erklärung zur neuen Temperaturskala findet sich übrigens in der aktuellen Nature-Ausgabe.

  5. #5 Feldspat
    Juni 24, 2009

    Also der Vergleich von Naturwissenschaftlern mit Theologen hinkt ganz schön. Wie genau darf ein Naturwissenschaftler denn höchstens sein, um nicht unglaubwürdig zu werden? Jeder halbwegs kompetente Forscher weiß doch, dass sein Ergebniss immer fehlerbehaftet ist. Dafür gibt es Fehlerrechnungen, Konfidenzintervalle etc. Nur weil es nie möglich sein wird ein absolut genaues Ergebniss zu erreichen, sollte man sich nicht bemühen ìmmer genauere Messmethoden zu finden?

  6. #6 adenosine
    Juni 24, 2009

    Es gibt durchaus technische Geräte, die auf Genauigkeiten einzelner Komponenten im ppm-Bereich angewiesen sind, wenn sie ihre Funktion zufriedenstellend erfüllen sollen (z.B. Trägheitsnavigationssysteme).

  7. #7 MartinB
    Juni 24, 2009

    Je mehr ich über diesen Post nachdenke, desto ärgerlicher finde ich ihn.

    Erstens tun Sie ja so, als wäre es etwas schlechtes, wenn eine Theorie (oder eine Zahl) nachprüfbar ist.
    Zweitens ist der Post in sich unlogisch – wenn die hohe Genauigkeit angeblich sinnlos und falsch ist, wie hat man denn dann gemerkt, dass mit dem Messwert für die Schmelztemperatur etwas nicht stimmt? Das setzt ja gerade voraus, dass es diesen Messwert wirklich gibt.

  8. #8 hic fuit
    Juni 24, 2009

    @MartinB – auch ich finde den Blogbeitrag aufgrund seiner Kürze und des kontroversen Beispiels wegen ziemlich naja und wünsche mir eine Antwort auf die Fragen. Bis jetzt wirkt das auf mich nur so, als habe da jemand mal kurz was dahergebellt. So wie es jetzt ist, kann ich mit einer Diskussion nicht mal beginnen.

  9. #9 M ElNaschie
    Juni 24, 2009

    Vielleicht hat ja eigentlich J.Friedrich den Beitrag geschrieben, und das Ganze ist ein Experiment, ob solche Texte im “Wissenschaftsfeuilleton” durchgehen können, ohne dass ein entsetzer Aufschrei durch die scienceblogs geht.

  10. #10 Michael Hauss
    Juni 24, 2009

    Im verlauf meines Studiums habe ich oft gemerkt das viele dinge einfach nicht Funktionieren wenn man sich zu sehr auf die Einhaltung der Versuchvorgaben konzentriert. Ist genauigkeit das mittel gegen unsicherheit ? Wenn ich meine betreuer oft fragte warum wir genau diese Stoffkonzentration für den Versuch benötigen erhielt ich oft ein unbefriedigendes “weil es so sein muss” und trotz einhaltung der vorgegeben versuchsvorschriften hat das Experiment erst beim dritten Anlauf funktioniert und keiner hat nur die geringste Idee warum. Hingegen habe ich schonmal durch den inhalt einer leeren Küvette die nahezu perfekten Banden in einem Gel erhalten.
    Es ist egal wie genau man arbeitet, manchmal gehen dinge einfach schief. Genauigkeit ist völlig überbewertet es kommt nur auf die relativen verhältnisse an.

  11. #11 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    Wegen mangelnder Kenntnisse kann ich nicht beurteilen, ob der Wert, bei dem Gold schmilzt oder friert, genau bestimmt werden kann.
    Allerdings finde ich den Vergleich der heutigen Wissenschaft in diesem Bereich mit den Naturtheologen aus dem 19. Jahrhundert extrem unglücklich, um nicht zu sagen falsch. Die Kritik im ersten Absatz ist richtig und wichtig. Die Anektote im zweiten Absatz ist witzig. Beides verglichen ergibt falsche Implikationen. Nur ein paar Aspekte: Welche präzisen Messverfahren haben die NaturTHEOLOGEN denn zur Bestimmung des Erdalters verwendet? Kann man diese wirklich mit den heutigen Messverfahren vergleichen? Kann man heute einen religiösen Hintergrund bei Wissenschaftlern voraussetzen? Dies beeinträchtigt leider die Gesamtaussage und führt dann zu Vergleichen mit JF, der derartige Vergleiche zu seiner ureigensten Methodik erkoren hat.

  12. #12 MartinB
    Juni 25, 2009

    @AndreaND
    “…ob der Wert, bei dem Gold schmilzt oder friert, genau bestimmt werden kann.”
    Beliebig genau kann der Wert sichernicht bestimmt werden, aber das ist ja nicht die Aussage des Artikels – der sagt, dass es den genauen Wert gar nicht gibt. Und das ist schlicht und einfach Blödsinn…

  13. #13 hic fuit
    Juni 27, 2009

    Na, wenn mein Blog grammatikalisch falsch auf der Zentralseite angepriesen worden wäre mit “Genauigkeit hat seinen[!] Preis”, hätte ich auch sofort keinen Bock mehr gehabt, meinen Blog zu betreuen. Ein Herausreden auf grammatikalische Ungenauigkeit ließe ich jedenfalls nicht gelten.