Craig Venter (*1946) hat die Genetik kommerzialisiert wie niemand vor ihm, und er hat sich viele Feinde gemacht, als er sein eigenes genetisches Material hat sequenzieren lassen, ohne das offen zu legen. Er ist ein Alpha-Tier, und in seiner 2007 in den USA erschienenen Autobiographie macht er alle platt, die nicht seiner Ansicht sind. Er hält sich für den Größten und ist sicher der Reichste. Nun liegt das Buch auf Deutsch vor. Es heißt “Entschlüsselt”, lohnt auf jeden Fall die Lektüre und ist ein paar Anmerkungen wert. Venter bezeichnet sich auf der letzten Seite als chemischen Apparat, der seine Sequenz betrachten kann. Ein Apparat also, was nicht unbedingt nach Mensch klingt. Und dieser Apparat will andere Apparate bauen, die er künstliches Leben nennt. Er glaubt, erst dann das Leben verstanden zu haben, wenn er es herstellen (“erzeugen”) kann. Venter übersieht, was die Mathematiker schon seit Jahrzehnten wissen, nämlich daß es leichter ist, einen neuen Code zu schreiben, als einen alten zu verstehen. Venter versteht nicht viel vom Leben – außer der Technik, es zu zerlegen. Das steht in seiner Autobiographie – und zwar unverschlüsselt. Die Gene sind nicht alles, wie er den Lesern nach über 500 Seiten erzählt, nachdem er die ganze Zeit etwas anderes behauptet hat. Ein Schuft, der Böses dabei denkt.

Kommentare (4)

  1. #1 Juergen
    September 21, 2009

    Egal, ob Venter einem nun symphatisch oder antisymphatisch ist, soweit ich weiß, hat er sein Genom sogar Open Access publiziert, auf PLoS.
    https://www.plosbiology.org/article/info:doi/10.1371/journal.pbio.0050254

  2. #2 Arnd
    September 21, 2009

    Hmm… “Venter versteht nicht viel vom Leben”. Ich glaube Venter versteht viel mehr vom Leben als so gut wie jeder andere. Zumindest wenn man Leben als Wissenschaftler betrachtet. Um einen neuen Code schreiben zu können, sollte man zumindest die Programmiersprache verstehen. Insofern MUSS man den alten Code, dessen Sprache man noch nicht vollständig kennt, erst einmal analysieren. Man kann von Venter als Mensch halten was man will (ich kenne ihn nicht persönlich und maße mir da kein Urteil an), aber als Wissenschaftler ist er sowohl Visionär als auch Macher, eine seltene Kombination. Dieses Review kommt mir ziemlich voreingenommen und unqualifiziert vor.

  3. #3 Ethyl
    September 21, 2009

    Craig Venter mag mehr Kaufmann als Wissenschaftler sein, dennoch sind seine “Forschungen” wegweisend. Die sich daraus ergebenden Anwendungen, wenngleich sie ein wirklich tieferes Verständnis des Lebens vielleicht nicht unmittelbar ergeben, sind mehr als faszinierend und sollten fortgesetzt werden.

    Um im Bild zu bleiben könnte man Herrn Venter als angewandten Mathematiker (oder notfalls Ingenieur) betrachten.

  4. #4 Webbaer
    September 22, 2009

    Um im Bild zu bleiben könnte man Herrn Venter als angewandten Mathematiker (oder notfalls Ingenieur) betrachten.

    “Schlechter Ingenieur” wäre OK, wenn die Artikelaussagen stimmen. Mit “Entschlüsseln” meint der Kollege vermutlich die Erfassung.
    Allerdings ist die Datenhaltung “Genpool” auch zu abstrahieren, d.h. die Erfassung selbst gereicht nicht zur Anwendung.
    Überhaupt scheint die Anwendung, wieder den Artikelaussagen folgend, im Verkauf und der Aquise von Fördermitteln zu bestehen. Auch so etwas gibt es: fast reine Verkaufswissenschaftler.