“Elektropoetololgie” – eine schönes Wort für den schönen Gedanken, nach gemeinsamen Ursprüngen von Wissenschaft und Poesie zu suchen, und zwar am Beispiel der Elektrizität, so wie sie um die Zeit der Romantik erkundet wurde. Als kunstbeflissener und an Bildung orientierter Naturwissenschaftler nimmt man das Buch mit dem Titel voller Freude in die Hand – um dann in der Einleitung vom Jargon der Autors – des Literaturwissenschaftlers Michael Gamper – erschlagen zu werden. Da wird zum Beispiel verdunkelt, was Wissen ist, indem es definiert wird als”ein Agglomerat lose zusammenhängender, aber nicht synthetisierter Gebilde, das gleichermaßen Textgattungen, Diskurse und Disziplinen durchquert”, aber nur unter Bedingungen, “die spezial-diskursiv konkretisiert” werden. Das kann natürlich zur “Rekontextualisierung von formiertem Wissen” führen, und schwuppdiwupp ist zuletzt Elektrizität nicht mehr das, was man als Physiker kennt, sondern etwas, das “in interdiskursiv und transdiskursiv konstituierten Konstellationen” bestimmt wird. Falls es das Ziel der Literaturwissenschaft ist, Naturforscher abzuschrecken und das Terrain alleine zu bequatschen, dann hat das Buch sein Ziel erreicht. Naturwissenschaftler gehen anders mit den Phänomenen und der Sprache um, auch wenn kaum jemand liest, was sie schreiben.

Kommentare (5)

  1. #1 H.M.Voynich
    Februar 8, 2010

    Siehe auch:
    https://xkcd.com/451/

  2. #2 Kai Möller
    Februar 9, 2010

    “ein Agglomerat lose zusammenhängender, aber nicht synthetisierter Gebilde, das gleichermaßen Textgattungen, Diskurse und Disziplinen durchquert”

    Oh mein Gott. Douglas Adams pur!

    Schließlich geht es darum “dieses zu sublimieren, jenes zu transzendieren und die fundamentalen Dichotomien miteinander zu verbinden, so dass man einen tiefen und nachhaltigen Einblick in alles erhält, worum es in dem Gedicht geht.”

  3. #3 klauszwingenberger
    Februar 9, 2010

    Sicher, dass das kein Scherz ist? Mir ist die Erinnerung an die “Sokal-Affäre” noch gegenwärtig. Über den “Eleganten Unsinn” könnt ich heute noch ablachen.

  4. #4 kecks
    Februar 11, 2010

    …ich find’s jetzt nicht so wild. Aber gut, ich bin auch Literaturwissenschaftlerin. Es ist zuviel verlangt, als Laie Fachjargon problemlos zu verstehen. Ich verstehe ja auch nicht jede Bio-Studie einfach so beim Überfliegen, geschweige denn eine aktuelle Abhandlung zur theoretischen Physik. Dafür reicht Schulmathemtik nun mal nicht aus, genauso wenig wie guter Deutschunterricht bis Klasse 13 dazu befähigt, eine spezialisierte geisteswissenschaftliche Studie einfach so zu verstehen.

    Freilich wäre es mehr als wünschenswert, wenn auch Literaturwissenschaftler hierzulande (wie in der angloamerikanischen Welt…) mehr populäre Bücher auf den Markt brächten, in denen sie kompelxe Zusammenhänge anschaulich, und ohne Fachjargon, zu vermitteln suchen. Das geht, ist aber schwer. Derartiges wird an deutschen Universitäten im Allgemeinen nicht gern gesehen; wer zu populär forumiliert, der wird schnell als Scharlatan betrachtet. Dergleichen gilt als Anbiederung ans gemeine Volk.

    Kurz: Das Problem ist eher der Mangel an populärer Literatur, die aktuelle geisteswissenschaftliche Forschungsergebnisse verständlich und spannend vermittelt, weniger der Gebrauch von Fachsprache in Fachliteratur. Ein Fachwissenschaftler versteht die zitierten Sätze recht problemlos.

  5. #5 kecks
    Februar 11, 2010

    Und eine Bitte um Verzeihung angesichts der beiden Tippfehler gleich hinterdrein.