Heute Abend findet im ZDF das erste literarische Quartett ohne und nach Marcel Reich-Ranicki statt, und so sehr es zu begrüßen ist, dass der Literatur wieder mehr Raum und Zeit im Fernsehen zur Verfügung stehen und das ZDF tatsächlich so etwas wie einen Bildungsauftrag zu erfüllen versucht, so sehr möchte ich bedauern, dass es wieder um ein Literaturquartett geht. Als der Großkritiker und seine Mitstreiter das literarische Quartett einstellten, habe ich den Fernsehgewaltigen vorgeschlagen, ein SACHBUCHQUARTETT an seine Stelle ins Programm zu nehmen. Natürlich gibt es keinen Leser oder Kritiker von Sachbüchern, die an die Popularität von MRR heranreichen (die vielleicht mit seiner Weigerung zusammenhängt, selbst Sachbücher von JWvG zu lesen). Aber der Erfolg des Quartetts hing nicht – oder nicht nur – von seinem Charisma ab. Er hing auch damit zusammen, dass die Mitstreiter den Mut hatten klare Ansichten zu vertreten, und dass dem Publikum – anders als in anderen Talkshows, wenn es um Syrien oder Putin geht – die Möglichkeit gegeben ist, das Erörterte durch eigene Erfahrungen – Leseerfahrungen – zu prüfen und einzuschätzen. Da es sehr und hartnäckig an naturwissenschaftlicher Bildung hierzulande fehlt, ist ein SACHBUCHQUARTETT empfehlenswert oder vielleicht sogar vonnöten, für das ich in meinen Vorschlägen einen konkreten Ablauf empfohlen habe.
Meine Vorschläge sind entweder nicht beantwortet oder mit dem Hinweis abgewiesen worden, die Produktion sei zu teuer – was ein albernes Argument ist. Mir scheint, dass die Fernsehgewaltigen vor den Naturwissenschaften Angst haben wie das Publikum selbst. Man hat Angst, nicht zu verstehen, worum es geht, und lässt sich lieber mit Liebesromanen und ähnlichen Texten unterhalten, die man zu verstehen meint. Im ZDF gab es das literarische und das philosophische Quartett und manchmal darf der Pseudophilosoph Precht einen Gegenüber etwas fragen. Hier und in anderen Talkshows treten Politiker, Soziologen, Gewerkschaftler, Köche, Moderatoren und alle möglichen Leute auf, nur keine Naturforscher. Man hat – ganz klar – Angst vor ihnen. Offenbar will das Fernsehen seine Zuschauer mit aller Macht dumm halten und ablenken. Ich werde mir das Quartett heute Abend nicht anschauen und stattdessen ein Buch lesen, zum Beispiel eines über den “Quantenbeat des Lebens”, in dem erklärt wird, wie das Leben tatsächlich spielt. In der Literatur ist das nicht zu finden.
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