“Wie wir Sklaven von Google wurden.” So lautet die Überschrift eines Artikels, der in der heutigen FAZ – gemeint ist der 3.3.2016 – zu finden ist und in dem Shoshana Zuboff den Lesern Angst machen will vor dem “Überwachungskapitalismus”, den Google veranstaltet und der schlimmer sein soll als jede staatliche Kontrolle. Shoshana Zuboff ist emeritierte Charles-Edward-Wilson Professorin der Harvard Business School, und sie arbeitet an einem Buch mit dem Titel “Master of Slave”, das im kommenden Jahr erscheinen soll und in dem es um den Kampf um die Seele im Informationszeitalter geht, wenn ich das richtig übersetzt habe, was im Original “The Fight for the Soul of Our Information Age” heißt.

Nun klingen sowohl der Titel der Aufsatzes als auch der von Shoshana Zuboff toll, und so denkt der Leser, er könne erfahren, wie man es vermeidet, ein Sklave zu sein. Doch ich bin gescheitert und verstehe nicht, was die Wirtschaftsprofessorin mir sagen will. Sie erklärt Worte, die ich nicht verstehe, durch Begriffe, die ich noch weniger verstehe. Etwa so: “Die rasche Kapitalakkumulation, die der Überwachsungskapitalismus ermöglicht, und die schnelle Institutionalisierung machen ihn zum Standardmodell des Informationskapitalismus.” Ach!, würde Loriot sagen und sich über die Frage wundern, die die Autorin anschließt, wenn sie nach einem Impfstoff gegen die evolutionäre Sackgassen fragt. So steht es da, und so muss er der Leser fressen, der dann doch einen Satz findet, den er versteht: “Der Erfolg von Google basiert auf der Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen – und insbesondere die Zukunft des Verhaltens.” Diesen Satz verstehe ich nicht nur. Ich weiß auch, dass er falsch ist, sogar völlig falsch und unsinnig. Die Zukunft bleibt offen. Was denn sonst? Ich bin kein Sklave von Google und will keiner werden. Ob das gelingt, hängt von vielen Umständen ab, die es zu verstehen gilt. Mit dem zitierten Artikel gelingt das nicht. Da wird man nur zum Sklaven eines Glaubens an die Allwissenheit einer Harvard-Professorin. Das kann man sich sparen.

Kommentare (4)

  1. #1 Lutz Donnerhacke
    März 3, 2016

    Überwachsungskapitalismus ?

    Danke.

  2. #2 Dogan
    März 4, 2016

    “Ich bin kein Sklave von Google und will keiner werden.”

    Was die Professorin im Einzelnen aussagen will, kann ich auch nicht so genau sagen. Was jedoch den Einfluss von Google auf das Internet angeht, empfehle ich alle IP-Adressen von Google zu blockieren und das Betriebssystem Android nicht zu verwenden.

  3. #3 Dr. Webbaer
    März 24, 2016

    Ganz so blöde muss die Einschätzung von Shoshana Zuboff nicht sein.
    Das hier bspw. ist doch ein netter Satz:

    Der Erfolg von Google basiert auf der Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen – und insbesondere die Zukunft des Verhaltens.

    Denn jede (zumindest sich ex post herausgestellt habende) wirtschaftlich erfolgreiche Handlung basiert(e) auf der Antizipation des Handelns Anderer.


    Dass sich zu den bisher größten drei Zivilisationssprüngen [1] – es sind die Erfindung der Sprache, die der Schrift und dies des Buchdrucks – mit der Einfuhr der informationstechnologisch unterstützten netzwerkbasierten Kommunikation nun ein vierter und ganz wesentlicher Zivilisationssprung hinzugesellt, könnte klar sein.

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1]
    Waffen sind bei dieser Auflistung, vielleicht auch erfrischend, unwichtig.

  4. #4 Dr. Webbaer
    März 28, 2016

    Bonuskommentar hierzu:

    Die rasche Kapitalakkumulation, die der Überwach[]ungskapitalismus ermöglicht, und die schnelle Institutionalisierung machen ihn zum Standardmodell des Informationskapitalismus.

    Vorbemerkt wird hier, dass sich der Schreiber dieser Zeilen nicht im anzunehmenderweise vorliegenden kollektivistischen Spektrum mit internationalistischem Anspruch besonders bemüht, sich die zitierte Dame betreffend nicht auskennt und die Aussage ebenfalls auf den ersten Blick als geckenhaft einstuft.
    Wenn abär Begriffe wie ‘Kapitalismus’ (der wird marxistisch genutzt, um die Gesellschaftssysteme der Aufklärung auf das Monetäre zu reduzieren, um so zu diskreditieren und herabzusetzen) herausgenommen werden, hat die zitierte Dame womöglich schlicht recht.
    “Google und Kompagnons” haben nichts anderes vor als Identitäten zu bilden, einzelnen Personen nachzuspüren und diese wirtschaftlich zu bewerben.
    Genau dies ist ihr Geschäftsmodell und genau dies findet, wie einige finden, atemberaubend schnell statt.
    Wobei auch die Staatlichkeit aufklärerischer Gesellschaftssysteme hier Gründe findet, bspw. was den zunehmenden Terrorismus anbetrifft, mitzumachen.
    Was, nachbemerkt, nicht gut sein muss.

    MFG
    Dr. Webbaer