Am 6.6.1825 schreibt Goethe an K.F. Zelter: “Reichtum und Schnelligkeit ist was die Welt bewundert und wonach jeder strebt; Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe und alle möglichen Fazilitäten der Kommunikation sind es, worauf die gebildete Welt ausgeht, sich zu überbieten, zu überbilden und dadurch in der Mittelmäßigkeit zu verharren.” Wir stecken dort seit fast 200 Jahren und werden immer mittelmäßiger.

Kommentare (26)

  1. #1 Thilo
    März 22, 2018

    So what?

  2. #2 Name auf Verlangen entfernt
    Praha
    März 22, 2018

    Ob dem wohl Abhilfe zu schaffen wäre, wenn wir, wie K.F. Zelter, zur praktischen Ausbildung im Bereich real estate – Zelter war Komponist, Musiker ebenso wie Maurer und Bauunternehmer – dem rein naturwissenschaftlichen Studium ein Pflicht-Nebenfach der Musik-Ausübung beifügten? Immerhin ist zu beobachten, dass praktisch alle originellen Köpfe der Physik (inklusive Einstein) …

    https://www.einstein-website.de/z_information/buecher/einstein_musik.html

    … auch Musiker waren.

    Man kann das Absinken des intellektuellen Niveaus während vor allem nach der Nazi-Katastrophe (als Technokratie, wie heute) regelrecht an der mangelnden musikalischen Grundausbildung der Naturwissenschaftler analog nachvollziehen: und dann erst die Sache mit den Farben!

    https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2016/11/27/farben_goethes_farbenlehre_interview_mit_olaf_mueller_dlf_20161127_0737_8cbb4ccf.mp3

  3. #3 Lercherl
    März 22, 2018

    Man kann das Absinken des intellektuellen Niveaus während vor allem nach der Nazi-Katastrophe (als Technokratie, wie heute) regelrecht an der mangelnden musikalischen Grundausbildung der Naturwissenschaftler analog nachvollziehen

    Natürlich kann man das. Man kann es aber auch an der Tatsache nachvollziehen, dass die besten Köpfe zu Tausenden aus dem Land verjagt, ins KZ verschleppt und ermordet wurden, woraufhin die Mittelmäßigen die frei gewordenen Plätze belegt haben. Dass die mit Musik weniger mittelmäßig geworden wären, wage ich zu bezweifeln.

    Und ich bin für eine naturwissenschaftliche Grundausbildung der Musiker!

  4. #4 Name auf Verlangen entfernt
    Praha
    März 22, 2018

    @ Lercherl: sehr nett, dass Sie den Gedanken aufgreifen. Es war aber gar nicht von Deutschland allein die Rede. Die “Mittelmäßigkeit”, die Professor Fischer beklagt, ist ein internationales Phänomen – genau, wie der Faschismus, der sich – siehe dazu auch Götz Aly – gar nicht auf Schland beschränkt (hat).

    Die naturwissenschaftliche Grundausbildung haben Musiker in der Regel durch die allgemeine Hochschulreife bereits genossen.

  5. #5 uwe hauptschueler
    März 22, 2018

    @Name auf Verlangen entfernt
    einer meiner Lehrer lästerte über einen bekannten Sportler:
    “Mit Singen. Hüpfen und Beten das Abitur gemacht.”
    War in NRW mal möglich.

  6. #6 Dr. Webbaer
    März 22, 2018

    Wir stecken dort seit fast 200 Jahren und werden immer mittelmäßiger.

    ‘Wir’ ja nicht, sondern ‘die’, haha.
    Und Goethe war ein Schlappie, auch wenn dies von einigen (dann womöglich : Mittelmäßigen) womöglich nicht gerne gehört wird, aber doch verraten werden soll.

  7. #7 wereatheist
    März 22, 2018

    Reichtum (…) ist (…) wonach jeder strebt

    Für die meisten Zeitgenossen Goethes war Reichtum vielleicht ein ferner Traum; wonach jeder strebte war einigermaßen über die Runden zu kommen und insbesondere nicht Hungers zu sterben.
    Der Klassizismus ist also ein Klassismus 🙂
    BTW: mit Facilitäten der Communication (wie das im Original wohl geschrieben stand) sind hier ‘Verkehrsmittel’ gemeint.

  8. #8 Name auf Verlangen entfernt
    Praha
    März 22, 2018

    @ Dr. Webbär:

    “Die hohe Kraft,
    Der Wissenschaft,
    Der ganzen Welt verborgen!
    Und wer nicht denkt,
    Dem wird sie geschenkt,
    Er hat sie ohne Sorgen.”

  9. #9 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2017/05/17/nachtexpress/
    März 23, 2018

    Das ganze 4 Jahre, bevor 1829 Stephensons The Rocket („Die Rakete“) erstmalig verkehrte – das waren wohl noch tiergezogene Bahnen, demnach? 1835 fuhr dann die Adler zwischen Nürnberg und Fürth. Da war Goethe 3 Jahre tot.

  10. #10 Dr. Webbaer
    März 23, 2018

    @ Herr Termin :

    Das Hexeneinmaleins Goethes ist auch so eine Sache, als aufklärerischer Mensch kann Goethe kaum verstanden werden.
    Dass er Ihnen gefällt, wäre hier nachvollziehbar.

    Ansonsten, Mittelmäßigkeit ist im Kommen, der Schreiber dieser Zeilen hatte sich vom Einzug des Webs anderes versprochen als Konformitätsdruck.
    Eher das Aufscheinen originärer Denker (“Original Thinker”), die aber nachvollziehbarerweise nicht von der Menge als solche erkannt werden können.

    Andererseits funktionieren moderne aufklärerische oder liberale Gesellschaftssysteme auch mit Mittelmaß ganz gut, sind womöglich für dieses angelegt, von der Dame, die zwar sprechen, aber nicht reden vielleicht einmal abgesehen.

    MFG
    Dr. Webbaer (der übrigens auch Aussagen dieser Qualität – ‘Man kann es aber auch an der Tatsache nachvollziehen, dass die besten Köpfe zu Tausenden aus dem Land verjagt, ins KZ verschleppt und ermordet wurden, woraufhin die Mittelmäßigen die frei gewordenen Plätze belegt haben.’ – in ihrer nur scheinbaren Stringenz mittelmäßig findet)

  11. #11 Dr. Webbaer
    März 23, 2018

    *
    Dame, die zwar sprechen, aber nicht reden [kann, ]

  12. #12 Withold Ch.
    März 23, 2018

    Wer bewundert und verehrt Goethe wegen seiner Dichtkunst nicht, – aber was er da gegen Ende seines Lebens geäussert hat, zeigt doch nur, wie konservativ und pessimistisch er geworden war, er der zeit seines Lebens dank seines Erbes und seiner Freundschaft zu Fürsten als Künstler und Berater ein sehr angenehmes Leben führen konnte.

    Und was seine Farbenlehre betrifft, ist das keine Wissenschaft im heutigen Sinne, sondern eine schöngeistige Projektion, die anscheinend auch heute noch Menschen anzuziehen vermag.

    Goethes Zivilisations- und Kulturkritik liegt der antike Mythos von der Abfolge der sich verschlechternden Zeitalter zu Grunde, – auf gut deutsch: Es geht abwärts mit uns!

  13. #13 Name auf Verlangen entfernt
    Praha
    März 23, 2018

    @ Withold Ch. : “keine Wissenschaft im heutigen Sinne … “ – dann folgen Sie mal diesem Link:

    https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2016/11/27/farben_goethes_farbenlehre_interview_mit_olaf_mueller_dlf_20161127_0737_8cbb4ccf.mp3

  14. #14 RPGNo1
    März 23, 2018

    @Name auf Verlangen entfernt
    Olaf Müller ist Philosoph, kein Physiker. Sein Buch wird unter Amazon unter Philosophie und nicht unter Naturwissenschaft angeboten.
    https://www.amazon.de/Mehr-Licht-Goethe-Fischer-Wissenschaft/dp/3100022076
    Withold Ch. hat Recht: Die Farbenlehre ist keine Wissenschaft im heutigen Sinn.

  15. #15 tomtoo
    März 23, 2018

    @WB
    “…scheinbare Stringenz…”….”…mittelmäßig..”
    Tatsachen zu erwähnen hat mit Mäßigkeit nix zu tun. Sind halt Tatsachen.

  16. #16 Dr. Webbaer
    März 23, 2018

    War ne Meinung, Kollego ‘tomtoo’.
    Aber womöglich vermögen Sie hier nicht klar zu unterscheiden.

  17. #17 Karl Mistelberger
    März 23, 2018

    #9 user unknown
    > https://demystifikation.wordpress.com/2017/05/17/nachtexpress/ März 23, 2018
    > Das ganze 4 Jahre, bevor 1829 Stephensons The Rocket („Die Rakete“) erstmalig verkehrte – das waren wohl noch tiergezogene Bahnen, demnach?

    Der erste Spatenstich bei Netrowitz (südlich von Budweis) erfolgte am 25. Juli 1825, also im selben Monat wie für die erste Pferdeeisenbahn Frankreichs. Auf Gerstner und die bis zu 6.000 Arbeiter kamen zahlreiche Probleme zu. Neben der Bewältigung technischer Schwierigkeiten und der Überwindung eines Höhenunterschiedes von 540 Metern galt es mit dem Widerstand der örtlichen Bevölkerung zu leben, die zumeist direkt oder indirekt am Salztransport mittels Pferdefuhrwerk beteiligt war und um ihre Erwerbsquelle bangte. Darüber hinaus kam es auch bald zu Spannungen zwischen der Projektleitung und den Bauherren.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Pferdeeisenbahn_Budweis%E2%80%93Linz%E2%80%93Gmunden

    Die Berliner haben übrigens daraus nichts gelernt.

  18. #18 tomtoo
    März 23, 2018

    @WB
    Meinungen sind OK. Insofern sie zumindest annähernd auf Tatsachen aufgebaut sind. Wollen wir über Göttingen reden ?

  19. #19 Name auf Verlangen entfernt
    Praha
    März 23, 2018

    @ RPGNo1: Ja, wenn Amazon das so schreibt – dann braucht man sich mit der Sache natürlich nicht beschäftigen, logo: es muss so sein. Vielleicht ist das aber auch der heimliche Grund für die topic beklagte “Mittelmäßigkeit”: Standesdünkel, Grabenkampf-Mentalität, nicht über den eigenen Tellerrand gucken können.

  20. #20 Onkel Michael
    März 23, 2018

    Goethe als einer, der die eigene Mittelmäßigkeit zum Maßstab erhob, sollte – mit Verlaub gesagt – die Klappe halten.

  21. #21 RPGNo1
    März 23, 2018

    @Astrolloge

    nicht über den eigenen Tellerrand gucken können.

    Ich sehe meinen Tisch, wenn ich über den Tellerrand gucke. Du wahrscheinlich ein Schwarzes Loch, das gerade den Rest deines Verstands einsaugt. 😉
    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/

  22. #22 tomtoo
    März 23, 2018

    @ RPGNo1
    Aber, aber du musst schon verstehen , das die Sternbilder und natürlich auch die Planeten bei @MT’s Geburt sozusagen einzigartig gestanden haben.

  23. #23 Onkel Michael
    https://onkelmichael.wordpress.com
    März 23, 2018

    Goethes Farbenlehre ist wie Homöopathie oder Astrologie eine vollkommen überholte Narretei, die auf den Müllhaufen der Geschichte gehört. Aber eines ist sie: dieses mittlemäßigen Thüringer Heimatdichters würdig.

  24. #24 Dr. Webbaer
    März 24, 2018

    Nun muss Goethe ja nicht “der Bringer vor dem Herrn” gewesen sein und das Zitierte könnte dennoch zutreffen.
    Abär hier hat Dr. Webbaer ernsthafte Zweifel, es schaut schon allgemein deutlich besser aus als vor ‘200 Jahren’, auch das Web wirkt zivilisatorisch (nur nicht so durchschlagend, wie von einigen erhofft, haha).
    Insgesamt ist Dr. Webbaer ein wenig hin- und hergerissen bei der “trockenen” Aussage des werten hiesigen Inhaltegebers.
    Direkt falsch scheint sie nicht zu sein.

    MFG
    Dr. Webbaer

  25. #25 Withold Ch.
    März 24, 2018

    @ Onkel Michael #23

    … dieses mittelmässigen Thüringer Heimatdichters …

    Das finde ich jetzt ein wenig übertrieben. Was Goethe bezüglich Reichtum und Schnelligkeit zu seiner Zeit moniert hat, stimmt ja heute auch noch, aber daraus den Vorwurf des Verharrens in der Mittelmässigkeit zu folgern, stimmt so nicht.

    Das sind die Worte eines alt gewordenen Mannes, der zur absoluten Elite gehört, alle Annehmlichkeiten, die das Leben damals bieten konnte, genossen und, das ist wohl das Entscheidende, den Untergang der absoluten (und aufgeklärten) Adelsherrschaft erlebt hat.

    In seinen Worten kommen wohl eher die Resignation und die Trauer zum Ausdruck, dass das Aufkommen “schöner, guter und wahrer Verhältnisse” noch ein wenig auf sich warten lassen dürfte.

    In diesem Sinne stecken wir tatsächlich fest, wie der Blogautor meint … 😉

    Wenn Leute den Weimarer Dichter heute deswegen oder trotzdem als moralische (oder “wissenschaftliche”) Über-Instanz sehen, ist das eine romantische Referenz, eine Verneigung in Empfindsamkeit.

  26. #26 Laie
    März 27, 2018

    Ein gemeinsames Merkmal von gefährlichen Diktaturen war und ist mit Aktionen aller Unmenschlichkeit die Intelligenz der ihnen untergebenen Sklaven zu senken. Nachdem dieses Ziel erreicht wurde/wird …. das kann man alles in Geschichtsbüchern nachlesen.

    Die massenmediale Unterstützung dazu durch VerblödungsTV 4.0 und Lückenpresse ist gewiss!

    Der Vorteil soll auch genannt werden – Junkfood u.ä. lassen sich leichter verkaufen!