Der/Die/Das Fremde – so lautet der Titel eines Symposiums, das vom 9.-11.11.18 vom P.E.N.-Club Liechtenstein durchgeführt worden ist und auch in dem Fürstentum – genauer in Vaduz und Schaan (im Haus Stein Egerta) – stattgefunden hat. Zum Thema gelesen oder vorgetragen haben die Mitglieder des P.E.N.-Clubs selbst – die drei Buchstaben kürzen Poesie, Essay und Novelle ab und ergeben das englische Wort Pen für den Schreibstift -, die aus eigenen Werken schöpfen konnten. Der/Die/Das Fremde vorgestellt haben aber vor allem ein Dichter aus Kamerun, eine junge Autorin aus der Schweiz, ein Schriftsteller mit rumänischen Wurzeln, eine aus dem Iran stammende Journalistin, ein aus Sachsen gebürtiger Autor und ein Literaturkritiker und Essayist, der zuerst Rätoromanisch gesprochen und Deutsch für eine Fremdsprache gehalten hat (www.pen-club.li). Wer das Glück hatte, an dem Symposium teilnehmen zu können, konnte am Ende das Fremde nur als etwas Befreiendes wahrnehmen, wenn er oder sie auch gewarnt wurde, dass im eigenen Körper selbst ein System – das Immunsystem – dadurch für Ordnung sorgt, dass es das Eigene erst klar vom Fremden trennt und dann die dabei erkannten Eindringlinge attackiert und zerstört. Wenn es dann Regierungen wie die im Dritten Reich gibt, die eine Biopolitik betreiben und das Verhalten der Zellen in das Verhalten der Bürger überführen, dann ist denen klar, wie man einen Volkskörper gesunden lassen kann. Man bringt das Fremde um. Doch wie selbst ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, bringt man dabei weder etwas zustande noch hält man sich selbst am Leben. Man bringt seine eigene Kultur um. Gesellschaften gehen schmählich und kläglich zugrunde, wenn sie das Fremde oder die Fremden ausschließen oder aussperren, die auf mannigfaltige Weise belebend und befruchtend wirken, wie in Liechtenstein in jedem Beitrag zu erleben war und wie von den Teilnehmern als Glück empfunden wurde.
Wie vor der Dunkelheit hat man zuerst Angst vor dem Fremden. Im Dunkeln kann man nicht sehen, was um einen herum passiert, was verstört, bis man den Vorteil begreift, dass man selbst auch nicht gesehen werden und sich nun in aller Ruhe einem geliebten Gegenüber zuwenden kann. Auch der/die/das Fremde verstört auf den ersten Blick, der aber beim weiteren Hinschauen über die bequeme Behaglichkeit hinausgeht und das Leben durch das bereichert, was die Anderen in der Welt sehen und zu ihr beitragen. Offiziell lieben wir das Neue und brauchen moderne Gesellschaften Innovationen. Dabei verwandeln sie etwas anfänglich Fremdes in etwas Vertrautes. Das Fremde bringt das Leben voran und macht Lust auf mehr. Das Symposium in Liechtenstein hat neugierig gemacht – auch auf das kleine Land, das solch ein Treffen ermöglicht.
Kommentare (84)