Der Rowohlt Verlag ist umgezogen und residiert jetzt in Hamburg bei Reinbeck. Statt auf Wiesen schauen die Lektoren und andere Mitarbeiterinnen jetzt auf Schienen, nämlich die beim Hamburger Hauptbahnhof. Ob sich damit der Umsatz verdoppelt, wie es der Vorsitzende der Geschäftsführung, Stefan von Holtzbrinck, als Erfahrungen aus den letzten Verlagsumzügen berichten konnte, an denen er beteiligt war oder bei denen er zusehen durfte, wagte selbst Florian Illies zu bezweifeln, der als Verlegerischer Geschäftsführer Rowohlt ebenfalls am 25. April im Hamburger Schauspielhaus sprechen durfte. An dem Tag hatte der Verlag zur Feier seines Umziehens in das Bieber-Haus gegenüber dem Bahnhof geladen. Wer den Reden lauschte, erfuhr viel vom Alkoholkonsum des Urverlegers Rowohlt, der offenbar lieber in Weinstuben als in einem Büro sass. Ein Zuhörer erfuhr auch viel von vielen Literaten und manchen Nobelpreisträgern, auch wenn dem alten Rowohlt einige durch die Lappen gegangen sind. Der Zuhörer erfuhr aber nichts von den Sachbüchern des Verlags, wobei vor allem jeder Hinweis auf Rowohlts Deutsche Enzyklopädie vermisst wurde, die in den 1950er Jahren für DM 1,90 zum Beispiel zwei Bände von J. Robert Oppenheimer anbot – “Wissenschaft und allgemeines Denken” und “Atomkraft und menschliche Freiheit”. Eine persönliche Umfrage unter den Feiergästen ergab, dass sich die anwesenden Hamburger Bürger überhaupt nicht daran erinnnern konnten, dass es eine solche verdienstvolle Reihe wie (klein geschrieben) rde überhaupt einmal gegeben hat, die doch immerhin versprach, “Das Wissen des 20. Jahrhunderts im Taschenbuch” verfügbar zu machen. Zu diesem Wissen gehört, dass es einen Stoff namens (groß geschrieben) DNA gibt, der das Erbgut ausmacht und mit dessen Namen derzeit gerne gewuchert wird. Da ist im Feuileton von der DNA eines Ministeriums oder von der Unternehmer DNA im Sauerland zu lesen, und so verwunderte es nicht, dass der Verlegerische Geschäftsführer die DNA des Rowohl Verlages beschwor und die Doppelhelix von Ernst Rowohlt noch mit lieferte. Mich ärgert solch ein Mißbrauch, ich kann mich nicht daran gewöhnen, und in Hamburg setzte der Redner dem Fass die Krone auf (und offenbarte dabei so manche Lücke), als er das Publikum zum Selktempfang einlud und meinte, das A in der Rowohlt DNA stehe für Alkohol. Vielleicht hätte ihm jemand sagen sollen, wofür das DN steht, nämlich “Dafür nicht!” Aber wahrscheinlich hörte schon längst niemand mehr hin, als das Büffett eröffnet wurde und das A nach Ahnungslosigkeit oder Albernheit zu klingen begann. Jedenfalls war den meisten egal, was der Verleger aus dem Erbgut macht und sagte. Seine Gäste griffen zu den Gläsern, und der Verleger wusste, dass Aufmersamkeit nicht zur DNA seiner Gäste an diesem Abend gehörte.
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