Jahreszahlen mi einer 9 am Ende haben es in sich, wie jeder oder jede sofort sehen kann, wenn er oder sie sich die Jahre 1939, 1949, 1959, 1969, 1979, 1989 und weitere in Erinnerung ruft. Hier soll es um 1939 gehen, aber nicht, weil damals die Physiker damals die Uranspaltung und die Nationen sich gegenseitig den Krieg erklärt haben, sondern weil in diesem Jahr zum ersten Mal “The Growth of Bacteriophage”, also das Wachsen von Phagen (bakteriellen Viren) in den ihnen zugänglichen Bakterien, verstanden worden ist – oder dachte man jedenfalls. Phagen lassen sich auf Bakterien nieder, dringen in sie ein und kommen haufenweise wieder aus ihnen heraus. So einfach war das, und erfolgreich wurde es zudem genutzt, da sich hieraus die Molekularbiologie entwickeln konnte, die 1938 ihren Namen bekommen hat. Erkundet hat das Wachstum unter anderem Max Delbrück, dem 1969 (!) dafür der Nobelpreis für Medizin zuerkannt wurde, zu einer Zeit, in der er längst mit anderen Themen befasst war. Viele Biologen dachten in den spätern 1960er Jahren, bei den Bakterien und ihren Viren sei nichts mehr zu holen, aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein als diese Annahme!

Hier sollen sowohl die Gentechnik der 1970er Jahren als auch das CRISPR-Cas9 Verfahren aus dem frühen 21. Jahrhundert mit seinen Möglichkeiten eines Human Gene Editing übergangen werden, um auf die merkwürdige Tatsache hinweisen zu können, dass die Phagen nach ihrer Attacke das virale Umfeld über ihren Erfolg informieren und dadurch so etwas wie eine Gemeinschaft bilden. Phagen sozialisieren bereits, wie die Genetiker zu ihrer Verwunderung feststellen müssen, und auf dem aktuellen Treffen der American Society (!) for Microbiology wird in diesem Monat zum ersten Mal ein Workshop zum Thema “Soziovirologie” stattfinden. Man vermutet, dass die ersten Einsichten in die Kommunikation und Kooperation der Phagen nur die Spitze des Eisbergs darstellen und Leben von seiner einfachsten Form an seine Umwelt inFORMieren kann. Informative Viren in einem informativen Universum! Allmählich lässt sich verstehen, was eine Informationsgesllschaft sein könnte, nämlich das Ganze, das leben andere darüber informieren will?  Könnte man so – im Jahre 2019 (!) – den Kreislauf der Information schließen? Das Ei braucht keine Henne mehr. Beide sind Punkte im Kreis der Information, der die irdische Existenz umfängt.

Kommentare (1)

  1. #1 Name auf Verlangen entfernt
    Nürnberg/Prag
    Juni 30, 2019

    “Erkenntnisktritk setzt nicht Gesellschaft, sondern Erkenntnis voraus … ,” schrieben Sie im “Es klingt hohl” Post gestern. “Phagen sozialisieren bereits, wie die Genetiker zu ihrer Verwunderung feststellen müssen … Da haben Sie den Grund, warum all die Frankfurter Dialektiker als oberstes normatives Gebilde die Gesellschaft ansetzen (nachdem Gott diese Position nicht mehr ohne weiteres besetzen darf).

    Zwar sehe ich es aus Glaubensgründen wie Sie: erst Erkenntnis, dann Gesellschaft. Man muss aber den tiefen Brunnen tauchen, den die (deutschen) Idealisten gebohrt haben, um aus der Erkenntnis ein System zu machen und gleichzeitig im Kopf zu behalten, dass Erkenntnis ohne System nichts ist. Dass die gesamte systematische Naturwissenschaft von diesen philosophischen Systematikern (Fichte, Hegel, Schelling) den Weg gewiesen bekommen hat (was nicht ehrenrührig ist: ein Naturwissenschaftler, der kein Philosoph ist, redet in der Regel Blech), könnte eine Brücke für Ihr Verständnis sein.