“Ich will nicht, dass unausgesetzt Anstrengungen zu meiner Rettung unternommen werden, wenn ich nichts davon weiß, in Gefahr zu sein.” Mit diesem Satz leitet der Philosoph Hans Blumenberg einen kleinen Text ein, der 1987 unter der Überschrift “Rettungen ohne Untergänge” in dem Band der Bibliothek Suhrkamp mit dem Titel erschienen ist, “Die Sorge geht über den Fluss”. Was auch immer Blumenberg 1987 Sorgen bereitet, die stumpfsinnigen Verlockungen einer per Handy vernetzten Gesellschaft konnten es nicht sein, da die Menschheit damals noch 20 Jahre auf das iPhone warten musste. Jetzt hat dessen Erscheinen für den neuen Menschen gesorgt – schon wieder das Wort -, also den Menschen mit dem iPhone in der Hand und dem abgeknickten Hals, um auf das Display starren zu können. Menschen haben mehr Freunde im Netz als in der Schule, und schon hat die Sozialforschung ein neues Thema gefunden, nämlich die “Soziologie der Entnetzung”, wie sie von Urs Stäheli in einem Band der Reihe Suhrkamp Wissenschaft erfasst werden soll. Der Soziologe hat bemerkt, dass Menschen anfangen, sich der Vernetzung wieder zu entziehen, ohne dass man erfährt, wie es gelingen soll, sich von den lästigen Anderen abzukoppeln, um deren Aufmerksamkeit man doch ringt und buhlt. Es ist schon komisch – erst sorgt die Technik für eine elegante Vernetzung (was den Menschen gefällt, wie der kommerzielle Erfolg des iPhones zeigt), dann kümmert sich die Soziologie um die scheinbar unausweichliche Entnetzung, und sie unternimmt diese im Sinne von Blumenberg unnötigen Rettungsversuche, nachdem sie vor einigen Jahren schon einmal so etwas probiert hat und meinte, dem Prinzip der Beschleunigung in der sportlichen Welt der Manager mit ihrem “Schneller, Höher, Stärker” mit dem Gegenstück einer entschleunigten Welt begegnen zu können. Wer sich in diesen Tagen nach dem Begriff der Entschleunigung umsieht, wird in nicht finden, was zu der Vorhersage führt, dass auch die Entnetzung einfach durchfallen wird und sich niemand von diesem Gedanken retten lassen will. Sowohl die Entnetzung als auch die Entschleunigung sind nichts als Enttäuschungen für Menschen, die aufgeklärt sind und wissen, was sie vom Leben wollen, und nicht darauf warten, dass ihnen Sozialwissenschaftler die Bedeutung des Sozialen erklären. Sie möchten lieber nicht gerettet werden und die Welt in ihren eigenen Händen behalten. Dafür ist das gefällige iPhone doch gemacht.
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