Es wimmelt von Systemen. Menschen wollen das Erdsystem vor den Menschen retten, das Ökosystem namens Korallenriff hilft dem Meeresökosystem, die natürlichen Ökosysteme sollen von der Politik erfasst und gefördert werden, das Klimasystem kippt und so weiter, und so bemeistert man die Welt, indem man sie systematisch mit Systemen überzieht und vorgibt, systemisch zu denken. Selbst die Medizin geht nicht mehr molekular oder evidenzbasiert vor, sie nimmt sich die Patienten systemisch vor, und wer sich jetzt fragt, seit wann die Systeme erörtert werden, wird sich über die Antwort wundern. Das Konzept eines Systems – eines Denksystems – stammt aus der Romantik, die sich von der Kritik der Aufklärung abheben wollte. System war als Gegenbegriff zu Kritik und Skepsis konzipiert, ohne das mündige Nutzten des eigenen Verstandes zu behindern. Man dachte an ein Bildungssystem nicht im Sinne der derzeitigen Schulstruktur, sondern als einen Weg, die Zusammenhänge zu sehen, die das eigene Leben und die gesamte Natur ausmachten. Ein Bildungssystem gegen die Dummheit, das würde auch heute noch gebraucht, vor allem, um sich die Dummheit zu ersparen, die jetzt grassiert. Die meisten Verkünder von Erdsystemen und Ökosystemen und Klimasystemen meinen nämlich, zu den Gutmenschen zu gehören, die nichts mehr falsch machen, weil sie ja systemisch denken. Das ist die systematische Dummheit der Systemanbeter, die sich in keinem Bildungssystem belehren lassen. Sie wissen doch schon, wie sie die Welt bemeistern. Mit dem System und mit System.
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