Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte auch den deutschen Literaturnobelpreisträger Günter Grass (* 1927) im Visier. Seit 1961 wurde über den auch in der DDR als „Provokateur” geltenden Schriftsteller Stasi-Akten geführt.

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Aus der Verlagsankündigung:

„Wenig später verurteilt er in einem offenen Brief den Bau der Berliner Mauer. Seitdem ließ ihn der Geheimdienst nicht mehr aus den Augen, sammelte Material über ihn und die Gruppe 47 und überwachte ihn bei seinen Besuchen in der DDR. Die Kontrolle endete erst im Herbst 1989.

Die von Kai Schlüter aufbereiteten Akten spiegeln ein wichtiges Stück deutsch-deutscher Zeitgeschichte, denn sie zeigen die oft abenteuerlichen Wege des heimlichen Literaturaustausches zwischen Ost und West, das Lavieren der offiziellen Kulturpolitik und die Mechanismen der Überwachung. Ergänzt werden die Stasi-Materialien durch Dokumente und Fotos sowie ausführliche Kommentare von Günter Grass und den damals beteiligten Kollegen, die manches richtigstellen.”

Das Buch ist ab März 2010 im Buchhandel erhältlich und wird dann auf “Zeittaucher” rezensiert:

Schlüter, Kai Uwe: Günter Grass im Visier – Die Stasi-Akte. Eine Dokumentation mit Kommentaren von Günter Grass und Zeitzeugen, Berlin 2010 (Ch. Links Verlag).

Weiterführender Link: Grass und die Staatssicherheit (Welt vom 8. Dezember 2006).

Kommentare (7)

  1. #1 Christian Reinboth
    Januar 5, 2010

    Klingt spannend – da freue ich mich schon mal auf die Rezension. Ob dem MfS wohl die SS-Zugehörigkeit von Grass bekannt war?

  2. #2 Jenny
    Januar 5, 2010

    “Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte auch den deutschen Literaturnobelpreisträger Günter Grass (* 1927) im Visier.”

    Was heißt denn “auch”? Gab es denn etwa Schriftsteller, die keine Stasi-Akte hatten? Das wäre mir neu. Alexander Kröger alias Helmut Routschek, der sich soweit ich weiß nie als Stasi-Opfer gesehen hat, hat seine Akte schon vor Jahren als Buch veröffentlicht, alleine schon um zu zeigen, was da für abstruse Sachen drinstehen

  3. #3 Christian Jung
    Januar 5, 2010

    Liebe Jenny,

    herzlichen Dank für Deinen Hinweis. Mir war Alexander Kröger alias Helmut Routschek als Verfasser von “wissenschaftlich-fantastischer” Literatur bisher nicht bekannt.

    Siehe dazu: https://www.alexander-kroeger.de/

    Bei dem angesprochenen Buch muss es sich um folgendes handeln:
    “Helmut Routschek alias Alexander Kröger
    Das Sudelfass – eine gewöhnliche Stasiakte
    1996, Kirow-Verlag
    Hella, das Gleismädchen
    in: Geschichten aus der Streusandbüchse
    (2006, Anthologie VS Brandenburg,
    Findling-Verlag)”

    Könntest Du für “Zeittaucher” eine Rezension darüber schreiben und auch herausarbeiten, was an seiner Stasi-Akte so (un-)gewöhnlich war? Beste Grüße CJ

  4. #4 Christian Reinboth
    Januar 5, 2010

    “Das Sudelfass” scheint man inzwischen nur noch antiquarisch beziehen zu können – schade, insbesondere da der Titel in der Tat eine abstruse Lektüre verspricht:

    Der Titel «Sudelfass» stamme aus seiner Zeit in Weißwasser. Als er ein Fass für Fäkalien in seinem Gartengrundstück eingraben wollte, erzählte Kröger, bekam er Besuch, der peinlich genau, die Situation zu den Akten gab.

    https://www.lr-online.de/regionen/weisswasser/Phantastische-Romane-und-Fragen-der-Ethik;art13826,1579604

    @Jenny:

    Was heißt denn “auch”? Gab es denn etwa Schriftsteller, die keine Stasi-Akte hatten?

    Der Unterschied zwischen Grass und Routschek besteht darin, dass Grass von der Stasi offenbar auch in der BRD bespitzelt wurde. Dass es über so ziemlich jeden in der DDR tätigen Autoren eine Stasi-Akte gibt dürfte tatsächlich außer Frage stehen…

  5. #5 mrbaracuda
    Januar 5, 2010

    @Reinboth

    Hehe, du meinst, ob sie Grass schon vorher die Zwiebel geschält haben?
    Da musste ich grad’ an diesen Comic denken. Ist der schon bekannt? Fand ihn köstlich. 😀

  6. #6 Christian Jung
    Januar 5, 2010

    Ich bin “auch” schon gespannt.

  7. #7 Jenny
    Januar 7, 2010

    Ja, genau das Buch meinte ich. Gelesen habe ich es nicht; er hat es bei einer Lesung (zu einem anderem Buch) vorgestellt und dort halt auch seine Ansichten zu dem Thema dargelegt. Eben, dass er zeigen wollte, welch banale oder für ihn sehr kuriose Informationen in solchen Akten stehen, dass man nicht automatisch ein “Opfer” war, bloß weil man eine Akte hatte. Er wirkte über die ganze Angelegenheit eher amüsiert und schien mir keinerlei bittere Erinnerung an die DDR zu haben.