Eine der häufigsten Fragen, die man mir so stellt ist, wie man einfach mal zu Hause eine evtl. Strahlenbelastung messen kann. Dabei stellen sich die meisten Fragenden dies immer sehr kompliziert vor, was es aber eigentlich nur ist, wenn man wirklich hohe Ansprüche hat. Ich sage ja hier meistens, dass Radioaktivität im Gegensatz zu chemischer (oder biologischer) Kontamination sehr “dankbar” ist, weil man sie einfach und sehr präzise messen kann, doch gerade diese Präzision ist es, die dann für Missverständnisse sorgt. In Köln konnten wir z.B. ein einzelnes C14 Isotop im Volumen des Kölner Doms nachweisen (hier mittels Massenspektroskopie) und das geht theoretisch und praktisch sogar noch genauer. Aber für eine Heimanwendung ist das natürlich total übertrieben. Denn wenn ich so präszise messe, dann messe ich immer irgendwas. Also zumindest immer die natürliche Hintergrundstrahlung.
Nicht nur Bananen sind radioaktiv, sondern im Allgemeinen alles, was aus lebendem Gewebe und/oder Mineralien besteht und diese natürliche Radioaktivität misst man eben auch mit einem Strahlungsmesser von Conrad oder einem anderen Elektronikverkäufer für 200€. Der große Trick bei der Heimgebrauch Anwendung von Strahlungsmessern ist also nicht etwas zu messen, sondern den Wert, den man abgelesen hat, vernünftig zu interpretieren.
Ohne jetzt viel über allgemeine Anwendungen zu verlieren möchte ich einfach über das Beispiel eines sehr simplen Strahlungsmessers sprechen. Der Smart Geiger Pro SGP-001 ist ein Halbleiterdetektor, der als daumengroßes Bauteil in den Klinkenstecker (Kopfhörerstecker) eines Smartphones gesteckt und dann mit der entsprecheden App ausgelesen wird. Wenn nun ionisierende Strahlung, wie z.B. ein Gamma-Quant auf einen der Halbleiterchips trifft, dann erzeugt sie dort eine Ladung und ein Signal, was die Software registriert. Die Software wiederum ist geeicht und kann dann die Signale in eine Dosis in µSv/h umrechnen.
Die Software ist kinderleicht zu bedienen und sehr simpel gehalten. Allerdings kann man nur zwischen einer Messung von 3 bzw. 5 Minuten Länge und einer ausführlichen von 10 Minuten wählen. Dazu legt man das Smartphone (oder eben Tablet) fest hin und startet mit einem Knopfdruck die Messung, die dann nach der entsprechenden Messzeit ein Ergebnis in Counts (also detektierte Ereignisse), CPM (Counts per Minute) und µSv/h rausgibt.
Anstatt den Detektor jetzt großartig mit geeichten Quellen zu kalibrieren habe ich ihn einfach im Bereich von wenig und viel Gamma-Strahlung unterschiedlicher Energien mit anderen Detektoren verglichen (Röntgen habe ich nicht ausprobiert). Diese beiden anderen waren ein professionelles Dosimeter (Zählrohr) und ein GMC-300E den es z.B. für 110€ im Handel gibt und über den ich auch noch mal einen eigenen Bericht schreiben werde. Sowohl im Bereich hoher, als auch bei niedriger Strahlung hat sich der Smart Geiger Pro eigentlich ganz gut geschlagen und seine Ergebnisse liegen maximal 50% von dem professionellen Equipment entfernt. 50% Abweichung wäre für viele Anwendungen im Strahlenschutzbereich natürlich viel zu viel, aber für eine günstige Heimanwendung halte ich das für vertretbar. Das liegt natürlich daran, dass es sich beim Smart Geiger Pro “nur” um einen Halbleiterdetektor handelt, dessen Nachweiswarscheinlichkeit weit hinter einem Zählrohr zurück liegt und im Allgemeinen (laut Herstellerangaben) “nur” 10 Sensoren verbaut sind. Hier sieht man recht gut im Vergleich mit dem GMC-300E, dass der Smart Geiger Pro mit 15 CPM auf 1,33 µSv/h kommt, während der GMC-300E mit 213 CPM nur 1,07 µSv/h errechnet. Einen Fehler können wir guten Gewissens mit +-Wurzel(COUNTS) ansetzen, was uns beim Smart Geiger Pro auf beeindruckende 40% bringt, während der GMC-300E unter 10% liegt. Ein solcher Fehler schlägt natürlich vor allem bei kurzen Messungen und wenig Ereignissen zu Buche, wird aber bei dem Smart Geiger zumindest teilweise dadurch kompensiert, dass man eben nur “längere” Messzeiten zu Verfügung hat.
Zur Auswertung stellt das (kostenlose) Programm des Smart Geigers Pro nur das Speichern der drei Messwerte (COUNTS, CPM und Dosis) mit Datum und Messdauer zur Verfügung. Von dem ganzen kann man Screenshots speichern und wie üblich über Netzwerke teilen. Dabei ist die Software sehr simpel was mich beim ersten Ausprobieren sehr enttäuscht hat. Da hätte man mit geringstem Aufwand wesentlich mehr machen können und mehr als ein Kollege, der mir beim Ausprobieren über die Schulter geguckt hat, meinte lapidar “komm, lass uns doch mal schnell was vernünftiges programmieren”. Doch wenn ich mir die Kombination mit der Hardware noch mal mit etwas Abstand angucke muss ich eingestehen, dass die Einfachheit durchaus berechtigt ist, denn zu mehr ist die Hardware nicht fähig und eine Realtime Ausgabe (in irgendeiner Weise) würde sich auf zu wenig Ereignisse stützen um irgendeine Aussagekraft zu haben. Etwas nervig finde ich die komige, blinkende, Drehspulinstrument nachahmende Animation, die mein Bruder im Alter von 12 hätte besser programmieren können… aber was solls. Für mich ist diese App auch offensichtlich nicht geschrieben worden.
Die Werbung mit “Defend my family with a portable radiation detector” ist reißerisch und einfach nur dämlich. Aber wenn ich schon nicht jede Bild Zeitung verbrenne, die mir in einem Zeitungskiosk unter die Finger kommt, dann kann ich das wohl auch ertragen.
Als Fazit kann ich nun eine bedingte Empfehlung aussprechen. Der Smart Geiger Pro ist etwas für Leute, die ein einfaches System haben wollen, wo sie einfach nur auf den Knopf drücken und ein Ergebnis herauskommt und das gleichzeitig wenig kostet. Mit 60€ ist es nicht wirklich billig, aber doch noch wesentlich verträglicher, als die >200€ Geräte, die es sonst so gibt. Ich werde aber auf jeden Fall noch einen Artikel schreiben, wie man messen sollte und was man überhaupt alles messen kann. Die meiste Radioaktivität in Nahrung (und ähnlichem) wird mit dem Smart Geiger Pro (und vergleichbaren Anwendungen) nicht messbar sein.
Für Leute, die gerne etwas basteln, sich auch mal in eine Messmethode einlesen und kompliziertere Software installieren würde ich den Smart Geiger Pro allerdings nicht empfehlen. Da ist die Frustration einfach zu groß und für das doppelte Geld gibt es auch schon den oben erwähnten GMC-300E, der wesentlich mehr Fähigkeiten bereithält.
Alle meine Artikel zu Detektoren gibt er hier.
Zu einem Beispiel, wo die Presse den SPG eingesetzt hat um Radiaktivität bei Ergas nachzuweisen und sich mit der entsprechenden Lobby anzulegen geht es hier.
Kommentare (62)