Einer der treuesten klimaskeptischen Anhänger von Primaklima behauptete in einem seiner zahlreichen Beiträge folgendes:
Vor allem dass 2008 global ein eher kaltes Jahr war, nach einer Periode sehr warmer Jahre, deutet auf den direkten und sehr schnellen Einfluss der Sonnenaktivität hin. Und wie wir eben gerade dieses Jahr sehen, vor allem AUCH GLOBAL.
(gross geschrieben vom Skeptiker)
Grafik 1: Sunspots (von der NASA)) und HadCRU Daten .
Na und da dachte ich mir, da schaun wir doch mal nach. Die Physikverweigerer in Sachen Klimawandel sind ja normalerweise eher Freunde blumiger Sprache und versuchen, ähnlich wie die Anhänger der Parapsychologie, sich durch Schwammigkeit jeder Überprüfbarkeit zu entziehen. Hier aber liegt doch mal eine relativ klare Aussage vor. Sonnenaktivität soll, so unser Skeptikerfreund, global und direkt und schnell EInfluss nehmen.
Zuerst besorgen wir uns also mal die beiden Zeitserien (Ich habe mal die NASA Sonnenflecken und die britischen Temperaturen von der Universität East Anglia genommen), dann machen wir erstmal das einfachste, schliesslich ist die Kontrolle der Sonnenaktivitaet “gross und direkt”. Wir plotten beide Groessen zusammen und sind etwas entäuscht (Grafik 1). So richtig sieht man mit blossem Auge nicht, wie die beiden Kurven wohl zusammen passen sollen. Na vielleicht ist das die Darstellung.
Grafik 2: Sunspots vs Monatliche Temperatur Anomalien. Die Sonnenflecken erklären ca. 5% der beobachteten Variabilität.
Also plotten wir einfach mal alle Sonnenflecken gegen die entsprechende monatliche Temperatur (Graphik 2). Für die Spitzenmonate mit hohen Sonnenfleckenzahlen scheinen alle Temperaturanomalien gleich um die Nulllinie verteilt zu sein, aber für die Minimumswerte (also null Sonnenflecken) gibt es tatsählich eine leichte Anhäufung negativer Temperaturanomlien. Der Trend ist significant und erklärt ca 5% der Variabilität der Temperaturen (R=0.12).
Grafik 3: Cross-Correlation zwischen den Sonnenflecken und den Temperaturen. Bei einer Verschiebung von ca. 2 Jahren ergibt sich eine leicht grössere Korrelation (r=0.25). Es ist allerdings kein gutes Zeichen, dass es nicht ein wirkliches Optimum gibt, sondern man immer ein bisschen Korrelation findet, egal mit welchem Shift zwischen Sonnenflecken und Temperatur.
Das soll der “direkte und sehr schnelle Einfluss” sein? Bisschen mager. Aber vielleicht liegt es daran, dass ich nur im selben Monat nach einer Korrelation suche. Schliesslich weiss man, dass die unterschiedlichen Komponenten des Klimasystems unterschiedliche Reaktionszeiten haben. Der Ozean mit einigen Dekaden bekommt so gut wie nichts vom 11 Jahreszyklus mit, aber auch die “schnelle” Atmosphäre reagiert nicht instantan (Monate bis Jahre). Also fischen wir mal nach Korrelationen wobei wir die Sonnenflecken zeitlich gegen die Temperaturen verschieben. Das Resultat nennt man die Cross-Korrelation (Graphik 3), welches in der Tat zeigt, dass das Optimum des Links zwischen Sonnenflecken und globaler Temperatur ca. bei einem Phasenshift von 2 Jahren liegt. Dann erreicht die Korrelation nämlich immerhin R~0.25 und erklärt somit nicht ganz 7% der Variabilität. Etwas verdächtig ist allerdings, dass die Korrelation nie ganz verschwindet, was für mich darauf hindeutet, dass beide Zeitserien stark von dekadischer Variabilität geprägt sind, dass aber der Zusammenhang zwischen beiden, also zwischen dem 11 Jahreszyklus der Sonnenflecken und der dekadischen Variabilität der globalen Temperaturen eher lose ist, jedenfalls weder “schnell”, noch “direkt”, noch “gross”.
Grafik 4: Globale Temperaturanomalien und der niedrigfrequente Anteil einer Wavelet Zerlegung.
Das mit der dekadischen Variabilität schaun wir uns nochmal etwas genauer an. Ich berechne eine Wavelet Zerlegung beider Datenreihen und lege den niederfrequente Teil mal durch die Daten (Graphik 4 und 5). Man erkennt jetzt natürlich viel deutlicher den bekannten 11 Jahreszyklus der Sonne, aber auch, dass die globalen Temperaturen eine starke dekadische Komponente haben. Ferner sieht man, dass ab den 1960er Jahren ein Langzeittrend begonnen hat, eben global warming.
Grafik 5: Sunspots und der niedrigfrequente Anteil einer Wavelet Zerlegung.
Wie verhalten sich jetzt diese beiden niederfrequenten Anteile zu einander? Antwort: Mal schön in Phase, mal ausser Phase (Graphik 6). Während er letzten drei/vier Zyklen gehen Sonnenzyklus und Erdtemperaturen recht gut zusammen, davor entweder überhaupt nicht oder gar in Anti-Phase. Schwer zu sagen, was man davon halten soll. Auch bei anderen Klimaphänomenen spricht man von “zeitweise” auftretenden Korrelationen und Zusammenhängen (bei der PDO z.B.), ich bin aber eher geneigt, einen Zusammenhang, der mal existiert und mal nicht und mal das ganze Gegenteil, als Ganzes anzuzweifeln. Leider sind die direkten Beobachtungen zu kurz um eine Entscheidung dieser Frage rein auf der Basis der Statistik zu fällen. Die meisten Klimaforscher vermuten/spekulieren/glauben, dass von der Klimaentwicklung in der vorindustriellen Zeit während des Holozäns zwischen 30% (etwa beim Monsoon) bis vielleicht die Hälfte von der Sonnenaktivität kontrolliert wird.
Grafik 6: Niederfrequenter Anteil der Sunspots und der Globalen Temperatur. Mal in Phase, Mal ausser Phase. Kein Trend in den Sonnenflecken über die letzten 50 Jahre.
Zusammenfassung: Es lässt sich kein klarer (einfacher, schneller, direkter etc) statistischer Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Erdtemperaturen finden. Sonnenminima sind meist 0.1-0.2°C global kälter als der Rest der Daten, die Maxima hingegen fallen weniger klar auf. Es ist kein Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und der globalen Erwärmung der letzten 50 Jahre zu erkennen.
Ferner: Selbst dieser relativ schwache Zusammenhang zwischen 11 jähriger Sonnenaktivität und Klima ist nicht gut verstanden. Modelle haben jedenfalls Probleme den Einfluss dieses relativ kleinen Forcings korrekt zu beschreiben. Wichtige Verstärkungsmechanismen sind nicht ausreichend in den Modellen beschrieben (etwa den Einfluss des UV Lichtes, welches deutlich grösseren Schwankungen unterliegt als der Rest des solaren Spektrums, auf die Ozonchemie) oder unbekannt.
Grafik 7: Sonne, CO2 und globale Temperaturen über die letzten 150 Jahre. Entnommen Wikipedia.
Zum Schluss dachte ich mir, ich plotte nochmal Sonne, CO2 und Klima gegeneinander, aber, ach, Wikipedia hat es schon längst getan (Graphik 7). Quizfrage: Welcher der beiden Faktoren, CO2 oder Sonnenaktivität, trägt wohl mehr zur Temperaturentwicklung der letzten 50 Jahre bei?
PS: Mehr zum Thema hier und hier.
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