Warum Heilbehandlungen erfolgreich sind oder fehlschlagen und damit die Frage, worin ihre Wirkungsweise besteht, ist oft schwer zu beantworten und stellt eine im Einzelfall komplexe Herausforderung an die medizinische Forschung dar, in der physiologische, biologische, psychologische, biochemische, neurologische Aspekte eine Rolle spielen. Davon zu trennen ist die Frage nach der Wirksamkeit einer Behandlung: diese kann in empirischen Studien nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards festgestellt werden.
Gerade weil die Wirksamkeit einer Behandlung von vielen Faktoren abhängen kann, die vor oder während der Behandlung nicht vollständig medizinisch kontrolliert werden können (z.B. psychologische Faktoren) ist es für die medizinische Wissenschaft unbefriedigend, nur die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode zeigen zu können und nicht auch die Wirkungsweise zu verstehen. Es genügt nicht, zu wissen, dass etwas funktioniert, man will auch wissen warum. Aber das ist auch bei anerkannten Behandlungsmethoden und seit Jahrzehnten verwendeten Medikamenten oft ungewiss, wie das Beispiel des Paracetamol zeigt.
Im vergangenen Jahr erhielten die deutschen Pharmakologen Kay Brune von der Universität Erlangen und Burkhard Hinz von der Universität Rostock den Sertürner-Preis der jährlich für herausragende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Schmerztherapie vergeben wird. Sie wurden für eine Studie ausgezeichnet, die im Februar 2008 im FASEB Journal (Bd. 22, S. 383-390) veröffentlicht worden war. In dieser Studie wurde ein dreißig Jahre altes Dogma widerlegt das besagte, Paracetamol würde nur zentral wirken. Die Forscher konnten zeigen, dass Paracetamol die eine stark hemmende Wirkung auf das Enzym COX-2 hat, welches wiederum die periphere Bildung von schmerz verstärkenden Prostaglandinen verursacht und deshalb eine Schlüsselstellung bei der Entstehung von Entzündungen und Schmerzen hat.
Jahrzehntelang wurde also ein Medikament eingesetzt, dessen Wirkungsweise nicht verstanden war – seine Wirksamkeit aber war natürlich längst nachgewiesen. Solche Fälle sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man über den Einsatz neuer oder sogenannter alternativer Heilmethoden spricht.
Dabei sollte man auch bedenken, dass keine Heilbehandlung ausschließlich in der Einnahme eines Medikamentes, in dem ein Wirkstoff enthalten ist, besteht. Auch bei vielen nicht-alternativen Heilverfahren, z.B. in der Physiotherapie, wird oft ganz ohne Wirkstoff-Einnahme gearbeitet – und auch in diesen Fällen ist die genaue physiologische Wirkung nicht immer klar. Dass Therapeut und Patient gemeinsam die Ursache des Problems finden, dass der Patient die Sicherheit bekommt, dass sein Leiden behandelt wird und dass – basierend auf dieser Gewissheit und unterstützt durch die eigentliche Therapie – die Selbstheilungs-Mechanismen des Körpers unterstützt werden – das alles gehört zu jeder Heilbehandlung dazu und macht das Verstehen des Erfolges einer Behandlungsform gleichzeitig schwierig.
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