Der Dichter Günther Eich hat im Jahr 1955 ein Gedicht mit dem Titel “Im Sonnenlicht” veröffentlicht. 1955 – das war die Zeit des Wirtschaftswunders, die ist lange vorbei. Heute verknüpfen wir das Wort Wirtschaft nicht mit Wunder, sondern mit Krise.
Aber heute wie damals wird Geld verteilt, um die Wirtschaft auf Trab zu bringen. Und auch heute kann man sich wieder Sorgen machen, ob das Geld, was die Politik so freizügig zum Retten von Banken, Opel, Karstadt und Milchbauern ausgibt, nicht irgendwann irgendjemand zurück verlangen will. Deshalb heute hier mal ein Gedicht:
Günther Eich: Im Sonnenlicht (1955)
Die Sonne, wie sie mir zufällt,
kupfern und golden,
dem blinzelnden Schläfer,-
ich habe sie nicht verlangt.
Ich will sie nicht, wie sie die Haut mir bräunt
und mir Gutes tut,
ich fürchte ihr Glück,-
ich habe es nicht verlangt.
Die ihr sie hinnehmt,
kupfern und golden,
daß sie das Weizenkorn härtet,
daß sie die Traube kocht,-
wer seid ihr, daß ihr nicht bangt?
Was üppig sie gab,
was wir genommen ohne Besinnen,
das unverlangte Geschenk,-
eines bestürzendes Tages
wird es zurückverlangt.
Was zu verschwenden erlaubt war,
die kupferne Scheidemünze,
die Haufen Goldes,
die vertanen Reichtümer, – genau
wird es zurückverlangt.
Aber wir werden leere Taschen haben
und der Gläubiger ist unbarmherzig.
Womit werden wir zahlen?
O Brüder, daß ihr nicht bangt!
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