Armin Nassehi, Soziologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, hat einen naiven Vorschlag zur Rettung der Welt gemacht (FAZ vom 17.06.2009, Seite N3, auch online): “eine ästhetische Schulung des Blicks” soll uns dabei helfen, z.B. die Probleme der Finanzwelt zu lösen. Es geht aber nicht nur um die Wirtschaft, es geht auch um Politik, um Wissenschaft, und um Kunst.
Nassehi geht davon aus, dass überall eine “Verdopplung der Welten” stattfindet. Nicht nur in der Kunst, auch in der Politik, der Ökonomie und der Wissenschaft. “Die Verdoppelung der Welt in der Kunst spielt mit der Unvermeidlichkeit der Verdoppelung, die man dann für Welt halten könnte … Doch ist das Verdoppeln kein alleiniges Merkmal der Kunst; an ihr lässt sich das Verdoppeln nur deutlicher beobachten. Verdoppelt nicht auch die Politik die Welt oder die Wissenschaft und die Ökonomie?”
In einem aber unterscheiden sich die drei letztgenannten Bereiche von der Kunst: „In Politik, Ökonomie oder Wissenschaft dagegen steht das Bemühen im Vordergrund, die Verdoppelung unsichtbar zu machen.” Das aber führt dazu, dass die Akteure jeweils gefangen sind in den selbsterzeugten Welten: „Wir leben in selbsterzeugten Welten, in denen es nicht einmal mehr etwas hilft, alles richtig zu machen.”
In der Kunst ist die Verdoppelung offensichtlich, und man kann von ihr die „Begrenztheit und Unhintergehbarkeit von Perspektiven … ohne die Chance, hinter die Verdoppelung selbst blicken zu können” lernen.
Nassehi plädiert dafür, Studenten „in den wohlklingenden neuen Studiengängen nicht nur jene skills beizubringen, mit denen man sich in den selbsterzeugten Welten so geschmeidig bewegt, dass das Fragile und die Verdoppelung nicht mehr auffällt. Vielleicht sollte man sie nicht sicherer machen, sondern unsicherer.” Den Besuch von Museen und Galerien empfiehlt er, von Opernhäusern und Konzertsälen. Dort kann man „sehen, wie sich Dinge dadurch formen, dass sie gemacht werden müssen, und dass nichts notwendig so ist, wie es ist.”
Natürlich ist dieser Vorschlag naiv, aber seine Stärke, meint Nassehi, liegt vielleicht darin, dass er um seine Naivität weiß.
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