In Nordrhein-Westfalen ist bald Kommunalwahl und diejenigen, die in den Städten an die Macht wollen, es aber im Moment nicht sind, haben schon die ersten Plakate an den Straßenbäumen befestigt. Im bürgerlichen Münster, das von einem kurzen, von vielen Münsteranern wohl als peinlich empfundenen Ausrutscher abgesehen, seit Jahrzehnten schwarz oder schwarz-gelb regiert wird, können bereits seit ein paar Wochen die Plakate von SPD und Grünen besichtigt werden.
Die SPD, die nur im Kleingedruckten zugibt, dass die ganz in Schwarz gehaltenen Plakate von ihr sind, weiß, was Münster will: „Münster will den Wechsel.” Im groß Geschriebenen ziehen die Genossen eine Art Bilanz der CDU-FDP-Zeit: Drei Schwimmbäder wurden geschlossen. Die Schulen sind sanierungsbedürftig. Die Kindergärtnerinnen bekommen zu weinig Gehalt. Und die Schulden der Stadt haben sich verdoppelt.
Über die Botschaften von Wahlplakaten sollte man lieber nicht nachdenken
Versucht man, aus diesen Aussagen eine mögliche SPD-Kommunalpolitik abzuleiten, heißt das wohl: Die SPD würde Schwimmbäder nicht schließen sondern weiter subventionieren, würde Schulen sanieren und den Kindergärtnerinnen mehr Gehalt zahlen. Alles sehr löblich. Aber was würde dann mit den Schulden passieren? Man merkt beim Lesen von Wahlplakaten schnell, dass man nicht über alle gleichzeitig nachdenken soll, schon gar nicht mit Logik.
Wenn man beabsichtigt, die Grünen zu wählen, dann sollte man Plakate mit grüner Grundfarbe besser ignorieren. Auf einem sieht man einen Fahrradfahrer-Pulk vor dem Münsteraner Schloss. Für Münster, der Fahrradfahr-Hauptstadt Deutschlands (in der selbst der Autor dieser Zeilen täglich im Anzug auf dem Rad unterwegs ist) ist das ein typischer Anblick. Auf dem Plakat ist zu lesen, es sei Zeit für „die Verkehrswende”. Soll das heißen, die Grünen fordern den Rückbau der Fahrradwege und den Ausbau der Fahrspuren für Autos?
Auf einem anderen Plakat sieht man ebenfalls ein für Münster typisches Bild: Rauchende Holzkohle-Grills auf den Aasee-Wiesen. Der Text lautet: „Kohle nur noch zum Grillen”. Wie bitte? „Licht nur noch mit Petroleumlampen”? „Benzin nur noch für Autos ohne Katalysator”? „Kernkraft nur noch in Russland”? Ich weiß zwar nicht, wie viel Ruß und CO2 so ein Holzkohlegrill in die Luft entlässt, aber es gibt sicher keine Fleischgarungsmethode, die eine schlechtere Öko-Bilanz hat. Und die Grünen waren doch die, die die romantischen Glühlampen verbieten wollten, und die nicht müde werden, uns auf das Umweltverbrechen der Fernseher-Standby-Anzeigen hinzuweisen? Nein, das Gehirn muss man wirklich ausschalten, wenn man Wahlplakate liest – das spart auch Energie.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Plakate von CDU und FDP, die inzwischen ebenfalls im Stadtbild auftauchen, sich vor allem durch den Verzicht auf jede konkrete Aussage auszeichnen – auf diese Weise können sie natürlich auch nicht die Gesetze der Logik verletzen.
Vielleicht sollte man seine Stimme ohnehin einer Partei geben, die auf das anachronistische Verfahren der Verschandelung des Stadtbildes mit hässlichen Pappschildern verzichten. Die Listen sind ja lang genug.
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