In der Diskussion um den methodologischen Naturalismus gab es einen Verweis auf das so genannte „God of the Gaps”- Argument („Gott der Lücken”)- dieses möchte ich im Folgenden aus der Sicht des methodologischen Naturalismus betrachten.
Das Argument gibt es in einer schwachen, leicht zu widerlegenden Form und in einer starken Form, die mich hier interessiert, da sie gleichzeitig noch einmal die Unterschiede in der Argumentation des methodologischen und des ontologischen (metaphysischen) Naturalismus deutlich macht.
Die schwache Form des Arguments
Das schwache Argument besagt: Es gibt immer Dinge, die die Wissenschaft nicht weiß, und diese Dinge müssen dann in Gott begründet sein. Ein schönes Beispiel ist aus unserer Zeit ist die Diskussion um den Urknall: Kosmologen entwickeln Theorien über den Beginn unseres Weltalls und möglicherweise findet Planck demnächst die empirischen Belege dafür, dass man die Urknall-Theorie endlich als hinreichend belegt ansehen kann. Auf die Frage, was denn aber vor dem Urknall war, haben heutige Wissenschaftler allerdings keine Antwort. Vertreter des „God-of-the-gaps”-Argumentes schlussfolgern daraus, dass Gott an diese Stelle gesetzt werden müsste: mag alles vom Urknall an wissenschaftlich erklärbar sein, der Urknall selbst wurde „von Gott gemacht” und somit ist Gott der erste Beweger, der, der die Welt geschaffen hat.
Die Geschichte der Wissenschaft spricht gegen die schwache Form des Arguments
In dieser Form taucht das Argument immer wieder auf, und zwar immer dann, wenn es um Fragen geht, die noch nicht erforscht worden sind. Das Argument lässt sich natürlich nicht streng widerlegen, aber es gibt inzwischen eine Menge Beispiele aus der Geschichte der Wissenschaften, die zeigen, dass Auch die Ursachen für vieles was zunächst als gegeben hingenommen wird musste, gefunden wurden, sodass man sagen kann, dass die Erfahrung eher dagegen spricht, dass Gott immer genau an der Grenze der bisher erforschten Welt steht und als Auslöser dessen aufzufassen ist, was bereits erkannt ist.
Die starke Form des Arguments
Das starke Argument beschäftigt sich mit dem, was die Wissenschaft bereits erkannt hat und wofür sie Begründungen bereitstellt. Der Religionsphilosoph Alvin Plantinga z.B. arumentiert („Methodological Naturalism?” in Perspectives on Science and Christian Faith 49 (1997) Seite 149):
God has created the world, and of course has created everything in it directly or indirectly. After a great deal of study, we cannot see how he created some phenomenon P indirectly; thus probably he has created it directly.
Gott hat die Welt erschaffen, und natürlich hat er alles darin direkt oder indirekt erschaffen. Nach aufwändigen Studien können wir nicht sehen, wie er ein Phänomen P indirekt erzeugt haben sollte, also hat er es wahrscheinlich direkt erzeugt.
Es handelt sich hierbei also nicht um Phänomene, die bisher außerhalb der wissenschaftlichen Untersuchungen standen sondern um Dinge, die die Wissenschaft schon lange intensiv untersucht. Jede Wissenschaftler weiß, dass es solche Fälle gibt, in denen die Forscher jahrzehntelang intensiv forschen ohne einen Schritt weiter zu kommen. Sind das nicht Argumente für ein Eingreifen Gottes? Und wenn z.B. ein schwer krebskranker Mensch plötzlich wieder gesund wird, was in Einzelfällen bekanntlich passiert, und die Wissenschaft hat keinerlei Erklärung dafür, ist das dann nicht ein Wunder, das von Gott direkt gewirkt wurde?
Ein Problem für den ontologischen Naturalismus
Interessanterweise hat ein ontologischer Naturalismus, der sich selbst beim Wort nimmt, mit dieser Form des Arguments tatsächlich ein Problem. Denn er meint ja, aufgrund empirischer Belege die Existenz Gottes zurückweisen zu können und fordert, von denen, die die Existenz Gottes annehmen, eben solche empirischen Belege. Wunder, die die Naturwissenschaft trotz eifriger Bemühungen nicht erklären kann, könnten als Belege für das Eingreifen Gotte gewertet werden und der ontologische Naturalist hat dagegen kein stichhaltiges Argument.
„Gott sei Dank, mein Naturalismus ist die richtige Methode”
Der methodologische Naturalist aber bleibt in dieser Diskussion ganz entspannt und sagt: „Mag sein, dass Gott ein Wunder gewirkt hat, aber was hat das für mich für praktische Konsequenzen? Ich forsche über die Entstehung und Behandlung von Krebs, und jeden Tag lerne ich mehr darüber. Und irgendwann, das glaube ich, werde ich auch dieses ‚Wunder’ erklären können.” Und wenn er mag, dann fügt er sogar noch ein „Gott möge mir helfen.” an – und wenn das Wunder seine ganz natürliche Erklärung gefunden hat, dann sagt er vielleicht sogar „Gott sei Dank, mein Naturalismus ist die richtige Methode”.
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