Im Zusammenhang mit der Kritik am IPCC wir in den letzten Wochen von Diaxs Rake bis nature darauf verwiesen, dass die beteiligten Wissenschaftler ihre Arbeit für die Berichte kostenlos und neben ihrer eigentlichen Arbeit als Wissenschaftler erbringen. Die Frage, ob diese Tatsache in irgendeiner Weise als Entschuldigung für Fehler und arroganten Umgang mit Kritikern herangezogen werden kann, soll hier außenvor bleiben. Mich interessiert, ob es nicht bereits ein entscheidender Konstruktionsfehler einer Politikberatungs-Institution ist, wenn die Arbeit der Berater kostenlos erbracht wird.
Nicht erst seit Marx und Engels wissen wir, dass “die Menschen vor allem essen, trinken, wohnen und sich kleiden, also arbeiten müssen, ehe sie um die Herrschaft streiten, Politik, Religion, Philosophie usw. treiben können”. Übertragen auf Wissenschaftler können wir sicher sagen, dass auch diese zunächst bezahlter Arbeit nachgehen müssen, bevor sie sich um kostenlose Politikberatung kümmern können. Unter diesem Licht müssen die Gründe betrachtet werden, die jemanden dazu bringen, seine Kompetenzen in erheblichem Umfang kostenlos für eine Tätigkeit zur Verfügung zu stellen, die ihn nicht ernährt.
Klimaforscher sind nicht die einzigen, die so etwas tun. das Ehrenamt in Vereinen und Organisationen lebt davon. Kaum ein Blogger kann von seinem Blog leben, trotzdem investieren viele eine Menge Zeit ins öffentliche Schreiben und Kommentieren. Welche Gründe gibt es dafür? Ich sehe drei Motive:
1. Man hat einfach Spaß an der Sache, es bringt einem Entspannung von der sonstigen Arbeit, Freude und vielleicht ein bisschen persönliche Anerkennung.
2. Man hat eine Botschaft, eine Misson. Man fühlt sich aus moralischen Erwägungen heraus gefordert, etwas zu tun.
3. Man erhofft sich aus seinen kostenlosen Tätigkeiten einen Zuwachs an Reputation und Kontakten, die als Investition für angestrebte bezahlte Tätigkeiten dienen können.
Können diese drei Motive als ausreichende Basis für kostenlose Politikberatung dienen? Offensichtlich nicht.
Jeder weiß, dass der Spaß an einer Sache einem schnell vergehen kann, wenn diese anstrengend wird. Anstrengend heißt hier nicht, dass die Lösung von Problemen kompliziert wird oder alle Kräfte, die man hat, herausfordert. Anstrengung, die einem den Spaß verdirbt, kommt vor allem daher, dass man auf Gegner stößt, die die Sache behindern oder zurückdrängen wollen. Das ist bei jeglicher Politikberatung aber alltäglich, da Politik im Wesentlichen der Machtkampf verschiedener Interessensgruppen ist.
Wer eine Botschaft hat ist immer der Gefahr ausgesetzt, seine Objektivität zu verlieren. Genau genommen schließen moralische Motive und wissenschaftliches Arbeiten sich aus. Wissenschaft sucht nach der Wahrheit, während Moral bereits über ein vor-wissenschaftliches Urteil verfügt. Wer wissenschaftlich nach der Wahrheit sucht, muss während dieser Arbeit seine moralischen Hoffnungen und Ziele vergessen können – sonst kann es passieren, dass nicht die Empirie sonder die Moral zur Beurteilung der Fakten herangezogen wird.
Ähnlich ist es mit dem Motiv, Reputation für späteres Arbeiten aus der kostenlosen Beratung zu ziehen. Diese Reputation bezieht sich ja immer auf einen bestimmten Adressaten und die Gefahr kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erwartungen dieses Adressaten in die Beratungsergebnisse einfließen.
Wissenschaftliche Politikberatung muss objektiv sein, nur den Erkenntnissen der Wissenschaft verpflichtet. Da aber eine kostenlose Beratung, wenigstens dann, wenn sie dem Berater nennenswerte Zeit kostet, niemals interesselos sein kann, kann sie kaum objektiv sein. Deshalb muss dieser Konstruktionsfehler des IPCC zuerst beseitigt werden. Beratung muss ganz normale, bezahlte Arbeit sein und darf nicht davon abhängen, dass der Berater jederzeit Spaß an der Sache hat, dass er eine moralische Verantwortung fühlt oder dass er seine Reputation verbessern will.
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