Als Italien bereits in der Vorrunde der Fußball-WM ausschied, war die Schadenfreude in Deutschland groß. Das Spiel Deutschland -England wurde im Vorfeld mit historischen Bezügen fast zu einer Entscheidungs-Schlacht hochstilisiert und die Kommentatoren mussten sich hörbar bremsen, um den Begriff “Lieblingsfeind” oder gar “Erzfeind” aus den großbuchstabigen Druckerzeugnissen zu übernehmen. Und auch als Portugal gegen Spanien spielte, wurde ein jahrhundertelanger Konflikt gedanklich heraufbeschworen.
Ist die Fußball-WM die Fortsetzung der europäischen Kriege vergangener Jahrhunderte mit anderen Mitteln?
Wenn es noch Nationalismus gibt, dann beim Fußball. Fans in Nationalfarben geschminkt, Fahnen als Standarten an Autos (in Münster auch an Fahrrädern) innig gesungene alte und neue National-Hymnen bestimmen den Alltag, wenn Fußball-WM ist.
Die WM zeigt aber auch, wie der Nationalismus sein Gesicht verändert hat. Er ist nicht mehr vernichtend. Er ist nicht mehr herrisch.
Er kennt noch Verzweiflung und Trauer, Jubel und Stolz, aber nicht mehr die Rache und die Unterwerfung. Er ist sympathisch geworden. Und man weiß, die Schadenfreude hindert uns nicht am Kauf von italienischem Eis und englischem (keine Ahnung, was kann man aus England kaufen?).
Gestern feuten wir uns über den Sieg über Ghana, heute freuen wir uns über Ghanas Sieg über die USA. Heute sind wir stolz auf die Leistung deutscher Sportler (knapp die Hälfte mit nicht-deutschen Vorfahren) – und morgen sind wir wieder Freunde der ganzen Welt.
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