In den ersten Teilen dieser Serie habe ich die Geschichte eines 75 Jahre alten Gedankenexperimentes nachgezeichnet, das zeigen sollte, dass mit der Quantenmechanik, wie sie von Bohr, Heisenberg und anderen formuliert worden war irgend etwas nicht stimmen konnte. Es musste nach diesem Gedankenexperiment “Elemente der Realität” geben, die die Quantenmechanik nicht beschrieb, obwohl sie Vorhersagen machte, die aus diesen „Elementen” folgten.

Zur Wiederholung: Beim Gedankenexperiment von Einstein, Podolsky und Rosen ging es um zwei Teilchen, die miteinander quantenmechanisch verschränkt sind. Trennt man diese soweit voneinander, dass sie nicht mehr miteinander wechselwirken können, und misst dann eine Eigenschaft bei dem einen Teilchen, von dem die Quantenmechanik eigentlich sagt, dass sie unbestimmt ist und erst durch die Messung festgelegt wird, so weiß man damit genau, wie die entsprechende Eigenschaft beim anderen Teilchen ist. Es ist, als ob man zwei Würfel auf zauberhafte Weise miteinander verbindet: Wirft man bei dem einen eine „Sechs” dann weiß man damit, dass auch der andere beim Würfeln eine „Sechs” zeigen wird.

Jedem ist klar: Entweder die Würfel sind miteinander verbunden und der eine sendet das Ergebnis des Wurfes an den anderen, oder das Ergebnis ist schon vorher festgelegt, ist im Würfel in einer verborgenen Eigenschaft schon gespeichert und der Wurf ist gar kein Zufall. So argumentierten auch Einstein, Podolsky und Rosen.

Bohm, der das Paradoxon umformulierte, damit man es besser testen konnte, und Bell, der sich den Test ausdachte, der durch seine Ungleichung definiert wurde, waren eigentlich auf der Seite der drei. So kann man sagen, dass die drei Zweifler schließlich von Aspect, der Bells Test nach Bohms Idee endlich ausführte, widerlegt worden sind, und dass Bohm und Bell sich selbst sozusagen des Irrtums überführt haben. So könnte die Geschichte von den Kopenhagenern erzählt werden: Letztlich war alles umsonst, es war richtig, sich um das EPR-Papier nicht zu kümmern, wir haben es schon immer gewusst, nicht der Rede wert.

Aber die Geschichte so enden zu lassen, und unsere fünf Helden als tragisch-komische Figuren am Rande der Quantenmechanik erscheinen zu lassen, wäre falsch, und das aus zwei Gründen.

Der eine ist ganz einfach: Ohne das EPR-Paradoxon hätte Bell seine Ungleichung nicht aufgestellt, und Aspect hätte ohne Bell und Bohm seine Experimente nicht gemacht. Das Besondere an dem, was in der Quantenmechanik Zufall genannt wird und was anders ist als bei allem Anderen was wir Zufall nennen, wäre vielleicht bis heute nicht ans Licht gekommen.

Diese neue, ganz andere Art von Zufall – auch wenn sie noch nicht verstanden ist – findet gerade in unseren Tagen erste technische Anwendungen: Beim Entwerfen und Testen von Verschlüsselungs-Algorithmen, die den Zufall ja benötigen, weil ein geheimer, privater Schlüssel auf gute Zufallszahlen angewiesen ist [1]. Wenn wir also in nicht allzu ferner Zukunft sichere Verschlüsselungsverfahren im Internet benutzen können, haben wir das letztlich den Zweiflern der Quantenmechanik zu verdanken.

Wie gesagt: Wir können diesen Zufall zwar bald technisch nutzen, verstanden ist er aber bis heute nicht. Es gibt jedoch Versuche, auch diesem Zufall auf die Schliche zu kommen, und der erste Versuch dieser Art kam von Bohm (eigentlich schon von deBroglie, der die gleiche Idee schon 20 Jahre vor Bohm hatte, der aber in der eindrucksvoll-lauten Debatte zwischen Einstein und Bohr nicht wahrgenommen wurde – aber das wäre eine neue Geschichte). Und das ist der zweite Grund, warum der Zweifel Einsteins und seiner Freunde nicht vergeblich war: Das EPR-Paradox ist der Stachel im Fleisch der Kopenhagener Version der Quantenmechanik und darüber hinaus jeder Physik, die damit zufrieden ist, über eine Mathematik zu verfügen, mit der Messergebnisse richtig vorhergesagt werden können. Einstein, Podolsky und Rosen verlangten mehr von einer Theorie, deshalb brachten sie das Wort „Realität” ins Spiel. Sie verlangten, dass eine Theorie nicht nur Messungen vorhersagen soll, sondern dass sie diese erklären soll, indem sie sie auf Naturgesetze zurückführt, die verstanden sind. Erst dann ist eine Theorie vollständig.

Warum ist das eigentlich so wichtig, warum machen sich einige Physiker Sorgen um den Realismus? Ich denke, das hat zwei Gründe: Zum einen ist es auch das Ziel der Physiker, den Laien die Phänomene zu erklären, gerade dann, wenn die Ergebnisse der Physik technisch genutzt werden. Ein bisschen erinnern die Kopenhagener ja an jene Schüler, die in den Mathematik- und Physikarbeiten zwar immer die Ergebnisse richtig ausrechnen können, aber das Prinzip, das dahintersteckt, nicht verstanden haben. man weiß: so was kann auch schief gehen: Sieht die Aufgabe mal ein bisschen anders aus oder kommt man beim Rechnen irgendwo durcheinander, dann wird das Ergebnis falsch und man merkt es vielleicht erst, wenn die rote Sechs unter der Klausur steht. Da ist das Vertrauen, neuen Herausforderungen gewachsen zu sein, dann nicht besonders groß.

Der andere Grund ist, dass man, wenn man nur noch auf die Mathematik vertraut, irgendwann den Überblick verliert: Hier noch eine Konstante dazu, dort noch einen Term in die Gleichung eingebaut – Hauptsache, die Rechenergebnisse stimmen mit den experimentellen Daten überein. Da darf man sich dann nicht wundern, wenn das Proton plötzlich kleiner ist als bisher gedacht und wenn das Weltall schneller expandiert, als es nach der Theorie eigentlich „dürfte”. Wer kann da noch sicher sein, ob es sich um Messfehler oder Rechenfehler handelt oder ob man einfach noch eine Gleichung mehr oder weniger geschickt anpassen muss?

Das sind, meine ich, die Gründe, warum Physiker sich wieder an Einstein, Podolsky und Rosen erinnern, die vor 75 Jahren die Frage stellten „Kann die Quantenmechanik als vollständig angesehen werden?” Auch wenn die drei sich im Konkreten irrten, so waren sie wohl doch im recht, als sie diese Frage mit „Nein” beantworteten.

[1] Pironio S, Acín A, Massar S, de la Giroday AB, Matsukevich DN, Maunz P, Olmschenk S, Hayes D, Luo L, Manning TA, & Monroe C (2010). Random numbers certified by Bell’s theorem. Nature, 464 (7291), 1021-4 PMID: 20393558

Kommentare (45)

  1. #1 Der Webbaer
    Juli 23, 2010

    Mal eine Frage an den Informatiker, den der geschätzte Blogautor und Multitalent ebenfalls darstellt: Wenn Geschäftslogik in IT nachgegossen wird und so Geschäftsmodelle entstehen, die als “realistisch” kommuniziert werden, dann weiß doch die o.g. Person, dass es letztlich immer eine Spur komplizierter ist, dass Paradigmen beizeiten umgestoßen werden müssen und im Extremfall die SW in den Müll wandert?!

    Wäre die im Einsatz befindliche SW “realistisch”?

    MFG
    Wb

  2. #2 kommentarabo
    Juli 23, 2010

  3. #3 anonymous
    Juli 24, 2010

    “Wir können diesen Zufall zwar bald technisch nutzen, verstanden ist er aber bis heute nicht.”

    “Ich verstehe nicht, die Erde ist rund”, also darum: Wir können das zwar technisch nutzen, verstanden ist er aber bis heute nicht. ?

  4. #4 antiangst
    Juli 24, 2010

    Wieso ein Stachel, wenn es nicht unverstandene geheimnisvolle Phänomene gäbe, wäre das Leben doch langweilig.

  5. #5 cubefox
    Juli 25, 2010

    @antiangst: Das Feiern von Geheimnissen bei gleichzeitig fehlendem Interesse, sie zu enträtseln, ist Mystizismus. Religionen verfahren so, aber die Wissenschaft sollte es nicht. Obwohl es bei den Interpretationen der QM in der Praxis bisher gar keinen Unterschied macht, welche man bevorzugt. Momentan ist es also eher eine Frage der Ästhetik, und überprüfen kann man die einzelnen Interpretationen offenbar auch nicht oder nur schwer. Diesbezüglich kenne ich mich aber nicht aus.

    @JF:

    Da darf man sich dann nicht wundern, wenn das Proton plötzlich kleiner ist als bisher gedacht und wenn das Weltall schneller expandiert, als es nach der Theorie eigentlich „dürfte”. Wer kann da noch sicher sein, ob es sich um Messfehler oder Rechenfehler handelt oder ob man einfach noch eine Gleichung mehr oder weniger geschickt anpassen muss?

    IMHO vermischen sie hier Dinge die überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Denn was soll denn die Größe des Protons oder die Dunkle Energie damit zu tun haben, welcher Interpretation der QM die Wissenschaftler anhängen? Zumal ja sehr viele offensichtlich gar nicht die von Ihnen so kritisierte Kopenhagener Interpretation favorisieren, sondern die Viele-Welten-Interpretation.
    https://www.hedweb.com/everett/everett.htm#believes
    Aber wie gesagt, ich weiß nicht wo hier überhaupt schädliche Einflüsse der Kopenhagener Sichtweise auf gegenwärtige ungelöste Probleme des Physik sein sollten. Der Seitenhieb war im Zusammenhang des Artikels vielleicht fehl am Platz.

  6. #6 Jörg Friedrich
    Juli 25, 2010

    @cubefox: Die Kopenhagener haben die Mentalität des “shut up and calculate!” in der Physik etabliert – und diese Mentalität macht nun der ganzen Physik zu schaffen. Ich bin aber sicher, dass die Physik sich davon erholt – ein Bewusstsein für das Problem entsteht ganz allmählich.

  7. #7 perk
    Juli 26, 2010

    und diese Mentalität macht nun der ganzen Physik zu schaffen

    stimmt.. ist ja in den letzten 80 jahren nichts mehr erreicht worden.. diese last drückt einfach zu stark..

    ein Bewusstsein für das Problem entsteht ganz allmählich.

    welches problem denn?
    die physik produziert doch an allen enden ihres wissensbereichs ständig neue spannende erkenntnisse

  8. #8 georg
    Juli 26, 2010

    @Jörg Friedrich

    Ich bin aber sicher, dass die Physik sich davon erholt

    Im Fred Das Naturbild der heutigen Physik schrieben Sie:

    Die Physikerin und Philosophin Brigitte Falkenburg konstatiert gleich zu Beginn ihres Buches Teilchenmetaphysik

    Die meisten Physiker haben eine realistische Auffassung bezüglich der Existenz der von ihnen untersuchten physikalischen Objekte: sie nehmen an, dass es Kräfte, elektromagnetische Felder und mikroskopische Teilchen wie Elektronen, Protonen und Neutronen innerhalb und außerhalb ihrer Laboratorien gibt und dass sie wirkliche, wenn auch in der theoretischen Beschreibung idealisierte Ursachen experimenteller Phänomene und Bestandteile der Natur sind.

    Brigitte Falkenburg hat sowohl in Teilchenphysik als auch in Philosophie promoviert, sie ist heute Vorsitzende der Arbeitsgruppe Philosophie der Physik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Ihre Einschätzung stützt sich also auf eine intime Kenntnis des “Naturbildes der heutigen Physik”.

    Was ist in den vergangenen Jahrzehnten geschehen?

    Offenbar ist in den letzten Jahrzehnten genau dies geschehen: Die Physik hat sich vom Positivismus erholt.

    Aber mit dieser realistischen Sichtweise wollten Sie sich ja in dem zitierten und anderen Freds aber auch nicht anfreunden.

  9. #9 Jörg Friedrich
    Juli 26, 2010

    @georg: Wenn Sie das Buch von Frau Falkenburg, aus dem Sie so oft zitieren, gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass die Physik sich nicht vom Positivismus erholt hat. Vielmehr haben die Physiker, die der Kopenhagener Tradition gefolgt sind, nach und nach aufgehört, über diese Frage überhaupt nachzudenken. Darin unterscheiden sie sich von den Vätern dieser Deutung.

  10. #10 Andrea N.D.
    Juli 26, 2010

    Tja – bleibt die Frage, wie groß der Unterschied zwischen “Nachdenken” und “Erholen”” ist. Diese Wortklauberein von JF ändern doch nichts am Inhalt? Außerdem geht nachdenken und erholen ja bekanntermaßen auf dem Fahrrad sehr gut, kann also auch gleichzeitig durchgeführt werden!

  11. #11 Jörg Friedrich
    Juli 26, 2010

    @Andrea N.D. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie überhaupt ein Interesse daran haben, meine Worte zu verstehen oder ob Sie nur ein Interesse daran haben, diese misszuverstehen. Trotzdem: Die Frage, über die man nach und nach aufgehört hat, nachzudenken, ist die danach, was wirklich existiert. Das habe ich schon in meinem Text, aus dem georg so gern diese eine Stelle zitiert, deutlich gemacht. Eine mögliche Antwort auf diese Frage ist der Positivismus. Von dieser Antwort haben die Physiker sich nicht erholt, die meisten von ihnen haben aufgehört, die Frage zu stellen. Aber heute wird die Frage zunehmend wieder gestellt. Das ist es, was mich optimistisch stimmt.

  12. #12 perk
    Juli 26, 2010

    @ jörg friedrich

    wären sie so gütig auf meine fragen einzugehen?

  13. #13 Jörg Friedrich
    Juli 26, 2010

    @perk: Nein. Ihr Kommentar enthält nur genau einen Satz mit einem Fragezeichen, und der darauffolgende Satz liest sich so, als gäben Sie Ihre eigene Antwort selbst. Ich habe nicht den Eindruck dass Sie an meiner Antwort interessiert sind – wenn doch, Sie finden Sie u.a. im vorletzten Absatz meines Textes und in anderen Texten, zu denen Sie bereits Kommentare abgegeben haben.

  14. #14 perk
    Juli 26, 2010

    Der andere Grund ist, dass man, wenn man nur noch auf die Mathematik vertraut, irgendwann den Überblick verliert: Hier noch eine Konstante dazu, dort noch einen Term in die Gleichung eingebaut – Hauptsache, die Rechenergebnisse stimmen mit den experimentellen Daten überein.

    phänomenologische theorien stehen schon seit jahrhunderten im dienst der wissenschaft und haben sich immer als nützlich erwiesen, warum ist das für sie erst ab der kopenhagener interpretation ein problem?
    würden sie coulomb sagen dass seine beschreibungen von kräften zwischen ladungen käse ist weil er einfach nur die nötige mathematik zusammengesetzt hat die die ergebnisse beschreibt?

    Da darf man sich dann nicht wundern, wenn das Proton plötzlich kleiner ist als bisher gedacht

    so ein schwammiges objekt wie das proton kann doch je nach messmethode ne ganz unterschiedliche größe haben
    wenn sie einen holzklotz mit nem messschieber ausmessen kommen sie auf nen definitiven wert.. wenn sie dann mit 3-4 größenordnung mehr kraft auf die enden drücken wird sich der holzklotz verformen die schieber eindringen und sie messen nen niedrigeren wert.. das macht weder den messvorgang ablehnenswert noch den holzklotz unreal
    es ist alles nur eine frage der größenordnungen für die eine theorie getestet und gültig ist.. dass bei einem neuen messtyp neue ergebnisse erzeugt werden ist doch genau der sinn von experimenten

    und an keiner stelle kann ich herleiten wie aus der kopenhagener deutung folgt dass man das proton habe falsch einschätzen müssen

    (und sie haben es im beitrag auch nicht getan)

    und wenn das Weltall schneller expandiert, als es nach der Theorie eigentlich „dürfte”.

    ich erkenn auch hier nicht wie das im geringsten aus der akzeptanz der kopenhagener deutung folgt

    Wer kann da noch sicher sein, ob es sich um Messfehler oder Rechenfehler handelt

    messfehler kann man durch häufiges reproduzieren von messungen herausfinden
    rechenfehler durch nachrechnen und überprüfen des rigors.. ist beides mit endlichem aufwand lösbar, also ist das problem was sie hier erkennen gar keins

    oder ob man einfach noch eine Gleichung mehr oder weniger geschickt anpassen muss?

    wenn messfehler und rechenfehler hinreichend gut ausgeschlossen wurden geht man dazu über die theorie zu modifizieren: warum soll das falsch sein?

  15. #15 Ralph Ulrich
    Juli 27, 2010

    Ich könnte mir vorstellen, dass den Physikern zur Erklärung der Phänomen einfach nur eine richtige Vorstellung der Zeit fehlt um die Dinge zu Erklären: Nie wird erwähnt, dass ein Photon, dass im nächsten Moment aus 14 Milliarden Lichtjahren Entfernung eintrifft, genau jetzt erst losfliegt, aus seiner Sichtweise. Nie wird den Theologen vemittelt, dass, wenn es Gott gibt, er zeitunabhängig auch jetzt noch in den Urknall eingreifen kann, dass also die besonders islamisch betonte Allwissenheit aus seiner Allgleichezeitigkeit herkommt. Ich bin Atheist, aber ich weiß von vielen gläubigen Physikern. Ich kann mir nur vorstellen, dass vor lauter mathematischen Formeln vor den Augen das Gespür für die Dinge, wie sie physikalisch sein müssen, nicht trainiert wird.

  16. #16 georg
    Juli 27, 2010

    @Jörg Friedrich· 26.07.10 · 15:46 Uhr

    @georg: Wenn Sie das Buch von Frau Falkenburg, aus dem Sie so oft zitieren, gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass die Physik sich nicht vom Positivismus erholt hat.

    Ich zitiere einfach nur das, was Sie geschrieben bzw. zitiert haben. Und da steht unmissverständlich:

    Die meisten Physiker haben eine realistische Auffassung bezüglich der Existenz der von ihnen untersuchten physikalischen Objekte

    Und eine “realistische Auffassung” ist nun mal eine gegensätzliche Auffassung zu Positivismus/Instrumentalismus/logischer Empirismus und natürlich auch zur Kopenhagener Deutung, wenn sie nicht-realistisch verstanden wird.

    Und genau diese realistische Auffassung hat sich doch nach Ihrer eigenen Aussage “in den vergangenen Jahrzehnten” herausgebildet.

    Trotzdem: Die Frage, über die man nach und nach aufgehört hat, nachzudenken, ist die danach, was wirklich existiert.

    Die Mehrheit der Physiker hat lediglich aufgehört, in einer realistischen Auffassung ein Problem zu sehen. Und damit hat sie sich doch von der Kopenhagener Mentalität “erholt”.

    Das folgt doch aus dem von Ihne zitierten Text von Frau Falkenburg und Ihrer sich daran anschließenden Frage: “Was ist in den vergangenen Jahrzehnten geschehen? ”

    Realistische Auffassung heisst doch schließlich realistische Auffassung, was denn sonst?
    Offenbar ist in den letzten Jahrzehnten genau dies geschehen: Die Physik hat sich vom Positivismus erholt.

    Wenn Sie das so interpretieren, die Physiker hätten nach und nach aufgehört darüber nachzudenken, dann sprechen Sie für sich und nicht für die Physiker.

    Hätte Frau Falkenburg im Gegenteil geschrieben, die meisten Physiker hätten eine “nicht-realistische” Auffassung, würden Sie das dann auch so interpretieren?

  17. #17 Jörg Friedrich
    Juli 27, 2010

    @georg: Wie gesagt, eine erste Antwort steht bereits in dem von Ihnen verlinkten Text, weitere Aspekte habe ich seit dem in vielen weiteren texten dargestellt, bei denen Sie auch eifrig kommentiert haben, und ich habe immer wieder versucht, Ihnen die Sache zu erläutern. Inzwischen ist mir klar geworden dass Sie – entschuldigen Sie bitte die klaren Worte – am Realismus-Problem gar nicht interessiert sind. Sie haben offenbar gar keine Lust, sich auf die vielschichtige Materie einzulassen, über Argumente nachzudenken, abzuwägen, das eigene Urteil zu überdenken. Ich denke, Sie wollen nur mit mir streiten. Irgendwas an mir passt Ihnen nicht. Das ist für mich Zeitverschwendung. Halten Sie mich von mir aus für einen selbstgewissen, überheblichen Idioten, das ist mir wirklich gleichgültig. Sie sind ein anonymer “georg” im weiten Internet, der nach Belieben herumstänkern kann, ich kann Sie daran nicht hindern und ärgere mich nur darüber, dass ich immer wieder kostbare Zeit darauf verwende, Ihnen irgendetwas verständlich zu machen, worüber Sie offenbar gar nicht nachzudenken gewillt sind.

  18. #18 georg
    Juli 27, 2010

    @Jörg Friedrich

    ich habe immer wieder versucht, Ihnen die Sache zu erläutern

    Ich versuche schon über Ihre unterschiedlichen Aussagen nachzudenken.
    Vermutlich bich ich für Ihre Philosophie und Ihre Art der Erläuterung einfach nur zu doof.
    Offensichtlich bin ich aber nicht der einzige mit Verständnisproblemen.

  19. #19 Jörg Friedrich
    Juli 27, 2010

    @georg: Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Sie “zu doof” sind. Ich denke allerdings dass Sie nicht bereit sein, die einzelnen Texte hier bei Arte-Fakten, die sich mit dem Realismus-Problem beschäftigen, als langfristigen Versuch zu sehen, einen komplexen Gegenstand aus verschiedenen Perspektiven und “unter wechselndem Licht” zu beleuchten. Ein solcher Versuch fordert natürlich vom Leser, das konsistente Bild dieses Gegenstandes selbst zusammenzusetzen statt immer wieder darauf zu verweisen, dass man ja jedesmal was anderes sieht und es sich deshalb wohl nicht immer um den gleichen Gegenstand handeln kann.

  20. #20 Jörg Friedrich
    Juli 27, 2010

    @Webbär: Es ist mir übrigens klar, dass die Antwort auf die Frage nach dem Realismus einer Software noch fehlt. Ich denke noch darüber nach und fürchte irgendwie, dass ich die Problemstellung noch nicht verstanden habe.

  21. #21 georg
    Juli 27, 2010

    @Jörg Friedrich
    Zum Thema Realismus habe ich auch schon etwas von anderen Autoren gelesen (z. B. Bernulf Kanitscheider). Dabei hatte ich deutlich weniger Probleme ein konsistentes Bild zu erkennen. Da machte der Gegenstand “Realismus” auf mich einen vergleichsweise klaren Eindruck.

  22. #22 Andrea N.D.
    Juli 27, 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Sie haben offenbar gar keine Lust, sich auf die vielschichtige Materie einzulassen, über Argumente nachzudenken, abzuwägen, das eigene Urteil zu überdenken. Ich denke, Sie wollen nur mit mir streiten. Irgendwas an mir passt Ihnen nicht. ”

    Der Kommentar an georg ist aber dem an mich in dem anderen Fred sehr ähnlich.
    Ich stelle hiermit fest dass ich nicht georg bin und georg und ich nicht die einzigen sind, die Probleme mit Ihrer Wankelmütigkeit bezüglich Ihrer Aussagen haben.

    “einen komplexen Gegenstand aus verschiedenen Perspektiven und “unter wechselndem Licht” zu beleuchten.” Das scheint mir etwas ganz anderes zu sein als Sie tun.

    Vielleicht deshalb: “dass man ja jedesmal was anderes sieht und es sich deshalb wohl nicht immer um den gleichen Gegenstand handeln kann.”
    Klar, wenn man immer wieder behauptet, dass man ja von y redet, wenn alle von x reden und dass man eigentlich z gemeint hat, wird es problematisch.

    Und vielleicht auch deshalb: “Ein solcher Versuch fordert natürlich vom Leser, das konsistente Bild dieses Gegenstandes selbst zusammenzusetzen”
    Das ist wirklich zum Lachen. Was halten Sie denn davon, wenn Sie erst einmal klein klein anfangen und anstatt eines supergroßen Gesamtbildes einen kleinen Ausschnitt konsistent beschreiben? Da fangen die Probleme bei Ihnen ja schon an. Wenn man in müheloser Kleinarbeit dann viele kleine Artikel konsistent geschrieben hat, lassen sich diese bestimmt zu einem schönen konsistenten Gesamtbild zusammensetzen. Machen Sie sich doch einmal die Mühe! Es lohnt sich bestimmt. Dann sparen Sie sich auch die ganze Zeitverschwendung.

    Ich finde Ihr Verhalten desalb so unverschämt, weil, wenn Sie anfängliche Kommentare von georg lesen, dieser Sie ständig geduldig auf Ihre Fehler hingewiesen und mit Engelsgeduld nachgefragt hat, während Sie Ihr typisches Taktieren mit Hinhalten, nicht antworten, nur auf einen Satz antworten, den Zusammenhang extra außer Acht lassen, bis jetzt hin zur persönlichen Beleidigung ausgepackt haben. Es steht doch alles zum Nachlesen in Ihren Artikeln und im Kommentarbereich. Ich komme langsam zu der Ansicht, ein Blog ist das falsche Medium für Sie. Für wie bescheuert halten Sie Ihre Leser eigentlich?

  23. #23 schnablo
    Juli 27, 2010

    Wenn wir also in nicht allzu ferner Zukunft sichere Verschlüsselungsverfahren im Internet benutzen können, haben wir das letztlich den Zweiflern der Quantenmechanik zu verdanken.

    Ich glaub’ ja, dass da frueher oder spaeter eifrige Bastler und findige Unternehmer auch ohne theoretische Vorarbeit drauf gekommen waeren.

    Aber im Ernst, wirklich neu ist dieser Zufall doch nur in der Kopenhagener Interpretation. Nach Bohm ist es doch (nach meinem Verstaendnis) ganz normale Wahrscheinlichkeitsrechnung von Ensemblen (in diesem Fall von moeglichen Teilchenbahnen).

  24. #24 Jörg Friedrich
    Juli 27, 2010

    @schnablo: Das ist nicht richtig. Die Bohmsche Theorie erzeugt die gleichen merkwürdigen Zufallsverteilungen wie die Kopenhagener Interpretation. Das Verdienst von deBroglie/Bohm ist es gezeigt zu haben, dass das auch mit einer deterministischen Theorie möglich ist- allerdings unter Preisgabe der Lokalität, d.h. bei Bohm gibt es ebenfalls die “spukhaften Fernwirkungen”

  25. #25 Jörg Friedrich
    Juli 27, 2010

    @georg: Auch über Bernulf Kanitscheider hatten wir schon einmal diskutiert. Natürlich gibt es klar verständliche realistische Standpunkte. Die sind aber deshalb nicht unproblematisch. Und das, was Kanitscheider über nicht-realistische Standpunkte schreibt, ist leider oft eine Karikatur des tatsächlichen Standpunktes.

    Es ist in Ordnung, wenn Ihnen Kanitscheiders Standpunkt einleuchtet und zusagt. Wenn Sie einmal Zeit haben, stellen Sie doch mal dar, wie man auf der Basis dieses Standpunktes die verschiedenen Interpretationen der Quantenmechanik verstehen kann. Ich wäre gern bereit, das als Gastbeitrag zu veröffentlichen und darüber zu diskutieren.

  26. #26 schnablo
    Juli 27, 2010

    bei Bohm gibt es ebenfalls die “spukhaften Fernwirkungen”

    Ok, ich habe es vielleicht nicht verstanden, aber wie ist das moeglich? Wenn sich einzelne Teilchen auf einer Fuehrungswelle komplett deterministisch bewegen, wie kommt dann diese Fernwirkung zustande? Ist es nicht so, dass bei Bohm bei jeder Messung nur ein Bahnparameter gemessen wird und die komplementaere Groesse in diesem Moment unbekannt (nicht unbestimmt) ist und also mehrere Teilchenbahnen in Frage kommen? Eine Messung des einen Teilchens schraenkt dann die Menge der moeglichen Bahnen fuer beide Teilchen ein und daher erhaelt man auch Informationen ueber das zweite Ensemble. Die “Fernwirkung” waere dann eben nicht physikalisch.

    Das ist wirklich ein interessanter Punkt und ich lasse mich natuerlich gern belehren, wenn diese Sichtweise falsch ist.

  27. #27 schnablo
    Juli 27, 2010

    Ich hab’ nachgeschaut. Die Wahrscheinlichkeiten sind bei De Broglie–Bohm in der Tat nur epistemisch und kein neuer Zufall, aber der Spin ist keine Eigenschaft des Teilchens mehr, sondern eine Wechselwirkung von Messinstrument und Wellenfunktion. Demnach keine Ensemble von Teilchenbahnen.

  28. #28 cubefox
    Juli 28, 2010

    Diese neue, ganz andere Art von Zufall – auch wenn sie noch nicht verstanden ist – findet gerade in unseren Tagen erste technische Anwendungen: Beim Entwerfen und Testen von Verschlüsselungs-Algorithmen, die den Zufall ja benötigen, weil ein geheimer, privater Schlüssel auf gute Zufallszahlen angewiesen ist [1]. Wenn wir also in nicht allzu ferner Zukunft sichere Verschlüsselungsverfahren im Internet benutzen können, haben wir das letztlich den Zweiflern der Quantenmechanik zu verdanken.

    Anton Zeilinger, der für seine Arbeiten über Quantenteleportation und Quantenkryptografie berühmt wurde, ist ironischerweise einer de bekanntesten erklärten Verfechter der Kopenhagener Interpretation weltweit.

  29. #29 Ockham
    Juli 29, 2010

    Ich finde das mit dem “Schluss” ein wenig voreilig. Einige der Ideen zum Thema EPR wurden nicht vom Autor aufgegriffen und die Frage nach Realismus verweilt im Orbit, weil sich scheinbar niemand an den Begriff “real” heran traut, ohne den der zugehörige “-ismus” bedeutungsfrei bleiben muss.

    Aber auch unabhängig von alternativen Physikkonzepten, bleibt die Geschichte aus vielen Gründen suspekt. Hier einer davon: https://arxiv.org/abs/quant-ph/9903066

  30. #30 georg
    Juli 29, 2010

    @Jörg Friedrich

    Es ist in Ordnung, wenn Ihnen Kanitscheiders Standpunkt einleuchtet und zusagt. Wenn Sie einmal Zeit haben, stellen Sie doch mal dar, wie man auf der Basis dieses Standpunktes die verschiedenen Interpretationen der Quantenmechanik verstehen kann.

    Danke für das Angebot. Mit einer Besprechnung der unterschiedlichen Interpretationen der Quantentheorie kann ich leider nicht dienen. Das ist für die grundsätzliche Frage, ob die Quantentheorie realistisch gedeutet werden kann, auch nicht erforderlich.

    Entscheident ist hierbei natürlich was man denn unter “realistisch deutbar” verstanden haben möchte. Ein wesentlicher Aspekt einer realistisch (deutbaren) Theorie besteht M. E. darin, dass die von der Theorie beschriebene Welt unabhängig von mit Bewusstsein ausgestatteten Beobachtern ist.
    Realität ist das was bleibt, wenn man nicht daran denkt.

    Das Paradebeispiel für diese Problematik ist Schrödingers Katze (Eine Katze in einer Kiste mit einem Tötungsmechanismus, der durch radioaktiven Zerfall ausgelöst wird). Wenn tatsächlich ein mit Bewusstsein ausgestatteter Beobachter erforderlich wäre, um die Katze aus dem undefinierten Zustand zu erlösen, wäre dies schwerlich realistisch zu nennen.

    Tatsächlich wird sie aber bis zum Zeitpunkt des radioaktiven Zerfalls lebendig sein und danach eben nicht mehr.

    Meines Wissens sind auch in den Formeln der Quantentheorie mit Bewusstsein versehene Beobachter nicht explizit vorgesehen.
    Und, wenn dem so ist, ist die Quantentheorie realistisch deutbar.

    Für Einstein hat sich auch nicht die Frage gestellt, ob die Quantentheorie “realistisch gedeutet” werden kann. Er ging ganz selbstverständlich davon aus, dass jede physikalische Theorie den Anspruch erhebt, eine (zumindest näherungsweise) wahre Beschreibung der Realität zu sein.
    Er war nur eben der Meinung, dass die Quantentheorie nicht vollständig wahr ist, in etwa in dem Sinne, in dem sich die Newtonsche Mechanik als nicht vollständig wahr herausgestellt hat.

    Und das, was Kanitscheider über nicht-realistische Standpunkte schreibt, ist leider oft eine Karikatur des tatsächlichen Standpunktes.

    Wenn man einen philosophischen Standpunkt charakterisiert, wird man schwerlich allen Personen gerecht, die sich diesem Standpunkt zurechnen lassen.

    Das ändert aber nichts daran, dass der Realismus, im Gegensatz zu seinen Konkurrenten eine echte Erklärung dafür liefert, warum

    Theorien erfolgreich sind

    Theorien scheitern

    unterschiedliche Messverfahren annähernd gleiche Werte für physikalische Größen liefern

    diese Messwerte im Laufe der Zeit konvergieren

    u. a. m.

    mfg georg

  31. #31 Dr.Webbaer
    Juli 29, 2010

    @georg
    Es darf sicherlich festgestellt werden, dass Sie im Laufe der Zeit zurückrudern. Das findet der Webbaer sehr gut, ein paar Anmerkungen sollen deshalb die Adaption unterstützen:

    Entscheident ist hierbei natürlich was man denn unter “realistisch deutbar” verstanden haben möchte. Ein wesentlicher Aspekt einer realistisch (deutbaren) Theorie besteht M. E. darin, dass die von der Theorie beschriebene Welt unabhängig von mit Bewusstsein ausgestatteten Beobachtern ist.

    Der Webbaer weiß was Sie meinen, aber eine Aussage zu einem realen Sachverhalt ist aus Sicht des Systematikers immer eine Aussage einer Person oder Personengruppe zu einer Aussage, Beispiel: “Korrekt wäre ENTSCHEIDEND gewesen”.

    Realität ist das was bleibt, wenn man nicht daran denkt.

    In der Theorie ja, vgl. auch das Originalzitat: “Realität ist das was übrigbleibt, wenn man aufhört daran zu glauben!” (P.K.Dick)
    Erfreuen Sie sich hier am Verb “Glauben”.

    Das Paradebeispiel für diese Problematik ist Schrödingers Katze (Eine Katze in einer Kiste mit einem Tötungsmechanismus, der durch radioaktiven Zerfall ausgelöst wird). Wenn tatsächlich ein mit Bewusstsein ausgestatteter Beobachter erforderlich wäre, um die Katze aus dem undefinierten Zustand zu erlösen, wäre dies schwerlich realistisch zu nennen.

    Der Zustand der Katze ist nicht undefiniert, aber – aus bestimmter Sicht – unrealistisch.

    Er ging ganz selbstverständlich davon aus, dass jede physikalische Theorie den Anspruch erhebt, eine (zumindest näherungsweise) wahre Beschreibung der Realität zu sein.

    Der Webbaer würde sich nicht erlauben zu beschreiben, wovon A.Einstein “ganz selbstverständlich ausging”, der alte Bursche hatte ja eine beträchtliche Phantasie, vermutet aber, dass es hierzu Zitate und klare Aussagen A.Einsteins gibt.

    Er war nur eben der Meinung, dass die Quantentheorie nicht vollständig wahr ist, in etwa in dem Sinne, in dem sich die Newtonsche Mechanik als nicht vollständig wahr herausgestellt hat.

    Er lag wohl i.p. QM schlichtweg falsch.

    MFG
    Wb

  32. #32 Ockham
    Juli 29, 2010

    @ georg

    Ein wesentlicher Aspekt einer realistisch (deutbaren) Theorie besteht M. E. darin, dass die von der Theorie beschriebene Welt unabhängig von mit Bewusstsein ausgestatteten Beobachtern ist.

    Wie sollte das überprüfbar sein, wenn der Prüfer jedesmal und ausschließlich ein mit Bewußtsein ausgestatteter Beobachter ist?

  33. #33 Der Webbaer
    Juli 29, 2010

    @JF
    Halbwegs gut an die Anforderungslage angepasste Software ist sozusagen in höchstem Maße realistisch, angefangen beim Datendesign, aufhörend beim ergonomischen GUI, und zeigt recht gut wozu der Mensch fähig ist i.p. Theoretisierung.

    Sich jetzt hinzustellen und darüber zu philosophieren inwieweit diese Software realistisch (oder “realistisch”) ist, also diese Fragen zu stellen und prozessartig zu bearbeiten, würde der Softwareingenieur vermutlich nicht gerne tun.
    Insofern schaltet der eine oder andere möglicherweise ein wenig ab, es liegt ja nicht einmal eine genaue Spezifikation des “Realismus” vor, diese wäre quasi die Antwort auf all diese Fragen. Hier spielt vermutlich stark eine religiös-spirituelle Anspruchslage hinein, gell?

    MFG
    Wb

  34. #34 georg
    Juli 29, 2010

    @Ockham
    Die Prüfer dürfen schon da sein und prüfen und messen dürfen sie auch. Es sollte z. B. auch möglich sein den Todeszeitpunkt der Katze mit objektiven Methoden im Nachhinein zu ermitteln.

    Es sollte nur nicht so sein, dass Quantensysteme (im Beispiel einschließlich der Katze) generell nur und erst dann einen defnierten Zustand einnehmen, wenn sie bewusst wahrgenommen werden.

    Genau das ist ja der Gag bei Schrödingers Katze.

  35. #35 Der Webbaer
    Juli 29, 2010

    @georg
    Sie stellen sinnlose Fragen, nehmen wir einmal “Realität ist das was bleibt, wenn man nicht daran denkt.”, was Sie hier bemühen ist das Etwas, das da ist oder da sein soll, wenn man es nicht misst oder nicht messen kann.

    Hier würde der Systematiker sich erst einmal das gesuchte Etwas genau anschauen, er würde zu dem Schluss kommen, dass dieses Etwas unspezifiziert ist. Und so nahe liegend die Frage auch ist nach diesem Etwas, so klar ist, dass es sich um eine Scheinfrage handelt.
    Es wird sich kein Wissenschaftler fragen, ob etwas ist, wenn er dieses Etwas nicht vorher spezifiziert hat.

    Welches Etwas suchen Sie also?

    Zur dem, “was nicht sein soll”, also logisch gibt es da keine Probleme. Das Weltsystem stellt Objekte eben erst auf Anforderung bereit. Das kann schon so sein. Da ist keine Widersprüchlichkeit.

    MFG
    Wb

  36. #36 Ockham
    Juli 29, 2010

    Wir haben keine Möglichkeit zu überprüfen, ob die Welt oder ein Versuchsergebnis ohne uns existiert oder einen bestimmten Wert annimmt. Früher oder später muß jemand hinsehen, darum führt kein Weg herum. Wenn Sie dieses Problem lösen, widerlegen Sie den Solipzismus – Preise winken…

  37. #37 georg
    Juli 29, 2010

    @Ockham
    Bezüglich solcher philosophischer Standpunkte wie Realismus, Solipsismus, Positivismus usw. gibt es sowieso keine “Beweise” und “Widerlegungen”. Das ist eh alles “metaphysisch”, da gibt es allenfalls mehr oder weniger gute Begründungen.

    Außerdem habe ich nicht gesagt, dass da keiner früher oder später hinsehen darf.

    Es geht um die Behauptung in Schrödingers Katzenbeispiel, dass die Katze erst dann und genau dann einen definierten Zustand einnimmt, wenn eine bewusste Wahrnehmung stattfindet.

    Dass (nur) die bewusste Wahrnehmung des Beobachters den Katzenzustand ändert, von undefiniert bzw einer Überlagerung von Zuständen zu einem fest definierten Zustand (tod oder lebendig), das genau ist nicht realistisch.

    Jetzt habe ich diese Aussage dreimal formuliert. Das sollte reichen.

  38. #38 Jörg Friedrich
    Juli 29, 2010

    Ich hatte schon oft darauf hingewiesen dass weder das Problem des erkenntnistheoretischen noch das des wissenschaftlichen Realismus etwas mit dem Solipsismus zu tun hat. Auch erkenntnistheoretische und wissenschsftliche Anti-Realisten setzen die Existenz einer unabhängigen Außenwelt voraus.

  39. #39 Ockham
    Juli 29, 2010

    Vielen Dank. Bedauerlicherweise “ändert” die Beobachtung den Zustand nicht, sie legt ihn fest. Bis zur Beobachtung ist die Katze beides: lebendig und tot.

    Sie können jede Definition nur unter den Einschränkungen festlegen, die sich nun mal aus dem Solipzismus bzw. dem Bewußtseinsdilemma ergeben – ganz gleich ob Sie Philosophie schätzen oder nicht. Alles was Sie tun können ist, zu deklarieren, daß diese Relativierung für Sie irrelevant ist. Jedem das Seine…

  40. #40 Ockham
    Juli 29, 2010

    @ JF

    Auch erkenntnistheoretische und wissenschsftliche Anti-Realisten setzen die Existenz einer unabhängigen Außenwelt voraus.

    Natürlich tun sie daß, nur ändert die Definition eines Bezugsrahmens nichts daran, daß alle Schlußfolgerungen nur in eben diesem relevant sind. Man kann und muß sich zu Zeiten damit begnügen nicht über den Sandkasten hinauszuschauen, daß ändert jedoch nichts daran, daß es jenseits des Sandkastens noch nicht endet….

  41. #41 georg
    Juli 30, 2010

    @Ockham

    Bedauerlicherweise “ändert” die Beobachtung den Zustand nicht, sie legt ihn fest. Bis zur Beobachtung ist die Katze beides: lebendig und tot.

    Wenn die Katze bis zur Beobachtung in beiden Zuständen ist (bzw. in keinem der beiden) und aufgrund der Beobachtung genau in einem Zustand, dann ändert die Beobachtung den Zustand der Katze.
    Der Zustand “Lebendig und tot” ist doch klar ein anderer als der Zustand “lebendig bzw. nicht tot” oder “nicht lebendig bzw. tot”.

    Wenn man das als “festlegen” bezeichnen möchte, bitte.

    Das ändert nichts daran, dass eine Interpretation, die bewusst wahrnehmende Beobachter fordert, um die Zustände von Katzen “festzulegen”, wie das in Schrödingers Katzenbeispiel der Fall ist, aus genau diesem Grund eben nicht-realistisch ist.

    Den zweiten Absatz habe ich nicht verstanden.

  42. #42 georg
    Juli 30, 2010

    @Jörg Friedrich

    Auch erkenntnistheoretische und wissenschsftliche Anti-Realisten setzen die Existenz einer unabhängigen Außenwelt voraus.

    Das ändert doch nichts daran, dass der Realismus, im Gegensatz zu seinen Konkurrenten, eine echte und plausible Erklärung dafür liefert, warum

    Theorien erfolgreich sind

    Theorien scheitern

    unterschiedliche Messverfahren annähernd gleiche Werte für physikalische Größen liefern

    diese Messwerte im Laufe der Zeit konvergieren

    u. a. m.

    Und diese Erklärung fusst eben darauf, dass eine Theorie eine näherungsweise gute Beschreibung der Realität ist oder manchmal eben auch nicht.

    Und auf diese Erklärung verzichtet jede Form von Anti-Realismus. Und es bleibt nur das wundersame Faktum, dass eine Theorie “empirisch adäquat” ist oder auch nicht.

    Selbstverständlich kann man sich damit zufriedengeben und das vielleich sogar gut finden. Muss man aber nicht.

    mfg georg

  43. #43 Ockham
    Juli 30, 2010

    @ georg
    Das ist ein fundamentaler Unterschied, denn wir können nicht entscheiden WAS genau dort festgelegt wird. Wenn die Katzen in allen möglichen Zuständen ist, kann diese Festlegung auch genausogut als “Entscheidung” des Beobachters interpretiert werden, welchen Zustand er wahrnehmen “möchte”, ohne daß die Katze deswegen aufhört in allen möglichen Zuständen zu sein, die Beobachtung muß also nicht zwingend eine Änderung des beobachteten Objekts zur Folge haben, sie kann auch als Selektion der Wahrnehmung verstanden werden.

    Ob diese Sichtweise realistisch ist oder nicht, hängt von der Definition des Begriffes “real” ab.

  44. #44 georg
    Juli 30, 2010

    @Ockham
    Also, vorausgesetzt Schrödingers Tötungsmechanismus funktioniert, gehe ich davon aus, dass bis zu dem Zeitpunkt, an dem der radioaktive Zerfall stattfindet, sich die Katze objektiv in dem Zustand “lebend” befindet und kurze Zeit danach im Zustand “tot”.

    Und, dass das ganze auch passiert, ohne dass dafür ein bewusst wahrnehmender Beobachter erforderlich ist, um die Zustände “festzulegen”.

    Und diese, meine Sichtweise ist, da sie nicht auf bewusst wahrnehmende Beobachter angewiesen ist, zumindest nach meiner Definition realistisch.

  45. #45 cubefox
    Juli 30, 2010

    Ich dachte die Kopenhagener Interpretation geht davon aus, dass ein _Messprozess_ (eine Wechselwirkung) den Kollaps der Wellenfunktion auslöst, aber _nicht_ eine “Beobachtung”. Eine Beobachtung impliziert einen Beobachter, ein bewusstes Wesen. Da aber die Kopenhagener Interpretation von Messungen ausgeht, sind Beobachter irrelevant. Dass Messungen für den Kollaps reichen sieht man ja schon allein daran, dass es beim Doppelspalt keine Interferenz mehr gibt, wenn die Teilchen beim Durchflug durch den jeweiligen Spalt gemessen werden.

    Ohnehin ist doch längst widerlegt dass sich Schrödingers Katze in einem Überlagerungszustand aus Tod und Leben befinden würde. Denn die Dekohärenz sorgt dafür, dass die makroskopische Katze ständig mit den Luftmolekülen und ihrer Kiste wechselwirkt und der Zustand der Katze somit eindeutig ist (tot ODER lebendig, nicht beides Zugleich).