Egal, ob Ostermarsch oder Open-Air-Festival, der Satz in den Nachrichten ist immer der gleiche: “Die Veranstalter sprechen von über XYZ Teilnehmern, die Behörden gehen von einer deutlich niedrigeren Zahl aus.” Es gibt scheinbar zwei Methoden, nach denen Teilnehmerzahlen geschätzt werden: Die eine ist die der Veranstalter: sie schlagen, je nach Konjunkturlage ihres Themas, auf die Schätzung des Vorjahres einen gerade noch vertretbaren Prozentsatz auf und scheren sich nicht um die Wahrheit. Die andere ist die der Behörden, und die ist offenbar geheim.
Ich habe ein wenig recherchiert, aber ich habe keinerlei Hinweise gefunden, wie man eine Teilnehmerzahl seriös schätzt. Wir können alles mögliche messen, aber wir wissen offenbar nie, wie viele Menschen zu einer Veranstaltung kommen, für die keine Tickets verkauft werden. Jede Zahl, die in solchen Fällen von irgendwem genannt wird ist offenbar von eigenen Interssen bestimmt und möglichst wenig von Plausibilitäten getrübt (und es werden im Brustton der Überzeugung ja immer sehr genaue Zahlen genannt, niemals Von-Bis-Spannen, immer mit einer Nachkommastelle).
Das fällt nur dann auf, wenn die Interessen sich plötzlich ändern. Dann wird darüber spekuliert, wie viel Platz ein Mensch bei einer Großveranstaltung eigentlich braucht. Reicht ein Quadratmeter Demo-Fläche für 4 Menschen? Wie oft kommen und gehen Besucher? Wie reisen sie eigentlich an? Wieviele Würstchen werden von jedem Teilnehmer gegessen, wie viele Liter Flüssigkeit in den Dixi-Hütten gesammelt?
Es gibt Zahlen, die kennen wir einfach nicht. Die Zahl der Menschen, die bei den Montags-Demos in Leipzig waren, die gegen den Nato-Doppelbeschluss marschiert sind, die am 04.11.1989 auf dem Alexanderplatz standen. Trotzdem stehen diese Zahlen in Geschichtsbüchern. Da sie keiner ändern will, sind sie sicher.
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