ScienceBlogs-Leser Jürgen Starek wüsste gerne: Wo sind die fundierten Zusammenfassungen zum Klimawandel und anderen Fragen unserer Zeit?

Was ihn zu dieser Frage inspiriert, erklärt er hier genauer:

Bei vielen Themen zwischen aktueller Forschung und Alltagsrelevanz — z.B. Klimawandel, Gentechnik, Umweltverschmutzung — fehlt mir wirklich sauber recherchierte, aber trotzdem lesbare Übersichtsliteratur.

Wenn ich etwa mit jemandem diskutiere, der den Klimawandel anzweifelt, ist es völlig unrealistisch, ihm die Primärquellen direkt zu empfehlen. Dafür gibt es einfach viel zu viele Paper; die Klimaforschung zerfällt in dutzende komplexe Untergebiete und das Einordnen von Qualität und Glaubwürdigkeit der einzelnen Veröffentlichungen ist ein enormer Aufwand. Und würde ich ein einzelnes Paper zitieren, wäre natürlich „du suchst dir ja nur raus, was deiner Meinung zuspielt“ ein valides Gegenargument.

Gleichzeitig taugen die üblichen populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen nicht als Referenz, da sie in aller Regel einen oder beide der folgenden argumentativen Fehler machen: Sie behaupten ihre Aussagen einfach, ohne sie zu belegen („Niemand, der bei klarem Verstand ist, wird den Klimawandel bezweifeln“ ist argumentativ ebenso dünn und unhaltbar wie die Aussagen der Flat-Earth-Leute), oder wenden sich nur einem einzelnen Paper zu und nehmen das dazugehörige Framework als gegeben hin („australische Forscher haben herausgefunden, dass Methan in der niedrigen Atmosphäre wenig klimaschädlich ist“).

Was ich vermisse, sind Sammelbände, die die Entwicklung dieser Forschungszweige zusammenfassen (gern auch mit Rückschlägen und falschen Ansätzen), dabei jeden neu angesprochenen Gedanken sauber mit Verweisen auf die relevanten Paper belegen und am Besten auch konkurrierende Forschungsansätze vergleichen. So etwas darf gern teuer, langatmig und anstrengend zu lesen sein. Gibt es das überhaupt, und wenn ja, wo will man danach suchen?

Viele Grüße

Jürgen Starek

Kommentare (12)

  1. #1 Michael
    10. September 2018

    Tipp 1: Stefan Rahmstorf ist einer der führenden Klimawissenschaftler in D. und schreibt hier:

    https://scilogs.spektrum.de/klimalounge

    Tipp 2: Umfassende Quelle über sämtliche Klimabelange:

    https://www.realclimate.org/

    Tipp 3: Die CO2-Werte der NOOA, um festzustellen, dass nichts aber auch gar nichts die Katastrophe aufhalten wird.

    https://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/

  2. #2 roel
    10. September 2018

    @Jürgen Starek

    Eine gute Übersicht gibt es hier: https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Aktuelle_Klima%C3%A4nderungen

    Auf wissen.de gibt es ein Special: https://www.wissen.de/der-klimawandel

    und zusätzlich vom Deutschen Wetterdienst https://www.deutschesklimaportal.de/DE/Home/home_node.html

  3. #3 Wizzy
    10. September 2018

    Im Klimaforschungsbereich übernimmt doch international genau das IPCC diese Aufgabe des Überblick-Schaffens. Dass die IPCC-Berichte wiederum von “Klimaskeptikern” nicht akzeptiert werden, ist nicht Schuld des IPCC.

  4. #4 Wizzy
    10. September 2018

    “Was ich vermisse, sind Sammelbände, die die Entwicklung dieser Forschungszweige zusammenfassen (gern auch mit Rückschlägen und falschen Ansätzen), dabei jeden neu angesprochenen Gedanken sauber mit Verweisen auf die relevanten Paper belegen und am Besten auch konkurrierende Forschungsansätze vergleichen. So etwas darf gern teuer, langatmig und anstrengend zu lesen sein. Gibt es das überhaupt, und wenn ja, wo will man danach suchen?” All diese Kriterien erfüllen die IPCC-Berichte exakt. Sie sind kostenlos einsehbar.

  5. #5 UMa
    10. September 2018

    @Jürgen Starek: Wenn englischsprachige Texte ausreichen, möchte ich auf folgende zwei verweisen:

    Eine Zusammenfassung der Geschichte findet sich hier:
    Spencer Weart: The Discovery of Global Warming
    https://history.aip.org/climate/index.htm

    Eine Zusammenfassung des aktuellen (vor 2013) Standes gibt der letzte IPCC-Bericht, primär der ersten Arbeitsgruppe.
    https://www.ipcc.ch/report/ar5/wg1/

  6. #6 Karl Mistelberger
    11. September 2018

    > Wenn ich etwa mit jemandem diskutiere, der den Klimawandel anzweifelt, ist es völlig unrealistisch, ihm die Primärquellen direkt zu empfehlen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Forschungsgeschichte_des_Klimawandels

  7. #7 noch'n Stephan
    11. September 2018

    @Jürgen Starek
    Früher wurden zu diesem Zweck genau die (Konversations-)Lexika ins Leben gerufen…also der Brockhaus, Encyclopedia Britannica usw. In Zeiten des Internets ist das “Überblickwissen” zu einem Thema wesentlich umfangreicher, aber auch fragmentierter.

    Zum Klimawandel hast du ja schon viele Tips bekommen. Was “Umweltverschmutzng” betrifft: Wenn du nach einem bestimmten Stoff sucht, empfehle ich dir mal in die großen Chemie Fachbücher (z.B. Riedel: Anorganische Chemie) zu schauen. Große Stadtbibliotheken haben die meist.
    Zu einzelnen Stoffen wird darin meist sehr gut auf evtl. Umweltprobleme eingegangen.
    Mehr kann ich gerne auf nachfrage nennen..

  8. #8 Jürgen Starek
    11. September 2018

    Na das ging ja schnell, vielen Dank für alle Hinweise so weit! Ich hatte leider bisher keine Zeit, alle im Detail anzuschauen. Hoffentlich komme ich in den nächsten Tagen dazu, dann werde ich die einzelnen Quellen ggf. hier auch noch mal kommentieren.

    Besonders den Kommentar des „zweiten Stephans“ fand ich passend: ich glaube, dass wir zu manchen Dingen wieder umfangreichere Texte brauchen.

    Es würde mich freuen, wenn wir auch zu anderen Fachgebieten noch Hinweise sammeln könnten. Vielleicht möchte da ja noch jemand etwas empfehlen.

  9. #9 Wizzy
    12. September 2018

    Ich denke eigentlich, dass Wikipedia das leistet, was früher die Enzyklopädien leisteten – nur umfrangreicher. Artikel wie https://de.wikipedia.org/wiki/Umweltverschmutzung oder https://de.wikipedia.org/wiki/Gentechnik geben nicht nur einen guten Überblick; auch wenn man ihren Verweisen auf immer speziellere Unterthemen folgt, landet man bei Belegen aus der Fachliteratur.
    Wobei ich die englische Wikipedia nochmal besser finde – kein Wunder, daran arbeiten ja weltweit Menschen mit.

    Auch die inhaltliche Fehlerquote Wikipedias wurde schon mehrmals professionell und unabhängig untersucht. Fazit: Es gibt inhaltliche Fehler, aber zumindest bei frequentierteren Artikeln und der englischen Wikipedia sind diese nicht häufiger als in den renommiertesten Enzyklopädien. https://www.cnet.com/news/study-wikipedia-as-accurate-as-britannica/

  10. #10 noch'n Stephan
    12. September 2018

    ich glaube, dass wir zu manchen Dingen wieder umfangreichere Texte brauchen.

    Ich denke, dass es die meisten dieser Texte auch gibt…frustrierend ist es nur, sie zu finden.

    Ich kann ja einfach mal ein paar Sachen aus eigener Erfahrung nennen. Wikipedia ist eigentlich immer ein guter Ausgangspunkt. Gute Artikel (von denen durchaus viele gibt) haben auch gute Quellenverweise. Und die kriterien, die du genannt hast, wünschen sich auch oft die “Wikipedianer”. Bei umfangreichen Themen lohnt auch immer ein Blick in die Diskussionsseite des jeweiligen Artikels.

    Für juristische Themen aller Art empfehle ich immer den Verfassungsblog. Nicht alle Artikel dort sind für den Laien gut lesbar, aber mit der Zeit bekam ich darüber ein gutes Gefühl dafür, wie Juristen so “ticken”. In letzter Zeit kamen sehr viele Artikel über Themen wie “Grenzöffnung”, Asylrecht, Streit zwischen EU und Polen, EU- Recht uvm. Wie gesagt, alles aus der juristischen Perspektive und sehr erhellend für aktuelle Diskussionen, wie ich finde.

    Dann gibt es im Internet ganz tief vergraben noch richtige Perlen, die zwar aussehen, als hätte klein Stephan in den 90ern etwas mit html rumgespielt, die aber voll gepackt mit Infos sind. Ich kenne da 2, die sich um die Themen Reichsbürger und Holocaustleugnung drehen (ein Thema, dass man wohl nie los wird…)

  11. #11 noch'n Stephan
    12. September 2018

    @wizzy
    da waren wir gleichzeitig.
    Wobei man bei Wikipedia auch wirklich auf die Artikel achten muss. “Bei Wikipedia steht…” zieht ja leider nicht immer, aber über die angegebenen Quellen kommt oft schon sehr tief in die Materie rein.

    Und die englische Wikipedia ist wirklich oft um längen besser (wenn es nicht gerade um spezifisch deutsche Themen geht)

  12. #12 noch'n Stephan
    12. September 2018

    Irgendwie hat das mit den Links nicht hingenauen…ich geb die nochmal so:

    Verfassungsblog:
    https://verfassungsblog.de/

    h-ref:
    https://www.h-ref.de/

    Reichbürgerkram:
    https://www.krr-faq.net/index.php