ScienceBlogs.de-LeserIn Fluffy hat eine Frage, die vielleicht nur auf den ersten Blick einfach zu beantworten scheint:

Wissensaneignung begleitet uns ein Leben lang, zumindest sollte es das. Wissen spielt in unserer modernen Gesellschaft eine immer größere Rolle, vor allem angesichts der digitalen Veränderungen. Wissen erwerben wir in Schule, Studium, Weiterbildung.Wir erwerben es am Arbeitsplatz, in der praktischen Anwendung. Es gibt viele Leute, die über sehr umfangreiches Wissen und Kenntnisse verfügen, und diese auch erfolgreich anwenden.

Hier meine Frage:

Was macht einen Wissenden zum Experten?

Mit freundlichen Grüßen
Fluffy

Kommentare (18)

  1. #1 Dampier
    27. April 2020

    Erfahrung? Praktische Erfahrung. Man sollte sich schon ein paar Jahre lang mit der Materie beschäftigt und sie voll verinnerlicht haben. Man sagt, es brauche zehntausend Stunden, um ein Meister zu werden (in was auch immer). Das wären bei einem Vollzeitjob ca. 5 Jahre.

    Ich frage mich gerade, ob nicht ein unabdingbares Kriterium auch die Wissensvermittlung ist. Erst die Expertise macht den Experten – und die ist ja immer für andere gemacht. Kann man als Experte gelten, wenn man sein Wissen nicht weitergibt?

    Der kurze Weg: Man kann sich natürlich auch einfach im Fernsehen interviewen lassen, das ist dann die quasi-amtliche Bestätigung, spätestens wenn das Wörtchen unter deiner Person eingeblendet wird; das ist dann auch unabhängig vom tatsächlichen Fachwissen.

    Soweit meine ungeordneten Gedanken. Ich selbst würde mich nur in meinem eigenen Beruf als Experten sehen. Ansonsten bin ich fröhlicher Dilettant (im besten Sinne des Wortes) auf allen möglichen Gebieten.

  2. #2 rolak
    28. April 2020

    Was?

    Daß er/sie in der betrachteten Situation die Fragen, Probleme, Aufgaben effektiv und effizient lösen, erklären, kommunizieren, bearbeiten, umsetzen kann.

    Wahscheinlich eine unzufriedenstellende Antwort, ist allerdings auch eine ziemlich allgemeine Frage. Von Essen zubereiten bis Quantenfeldtheorie und darüber hinaus…

  3. #3 Michael
    28. April 2020

    Wer macht Wissende zu Experten? Die Medien.

  4. #4 ZappSaxony
    28. April 2020

    Wissen haben ist das eine, ein Experte ist man damit m.M.n. aber nicht. Denn prinzipiell wird dabei erstmal nicht unterschieden, ob das Wissen “richtig oder falsch” ist.

    Das bedeutet ein Experte ist man doch eigentlich erst dann, wenn man sein Wissen gegenüber fachspezifischen “Normen” auch nachgewiesen, bzw. verifiziert hat – als Grundvorraussetzung.

    Es gehören für mich also zwei Dinge mindestens dazu:
    – Wissen aneignen
    – Wissen verifizieren

    Damit ist der Begriff “Experte” auch untrennbar mit der zugehrigen Thematik verbunden, die von sehr einfach bis hochkomplex alles sein kann.
    Damit aber nun jemand wirklich ein Experte und kein “Fachwissender” ist, gehört natürlich noch Erfahrung in der Anwendung dazu, quiasi ein fortaufendes “Wissen verifizieren”. An der Stelle wird es auch schwammig, da man den Umfang an Erfahrung auch nicht quantifizieren kann.

  5. #5 Folke Kelm
    Schweden, die ruhige Stunde im Büro
    28. April 2020

    Ein Expert bist du erst, wenn irgendeine Regierungskomission dich einlädt irgendwelche komischen Gestezesvorschläge mit auszuarbeiten……..
    Scherz beiseite, Du kannst jede Menge Wissen haben, Auch welches das als verifiziert gelten kann. Es gibt allerdings jede Menge Menschen mit einem Haufen Wissen, die dieses Wissen aber nicht in ihren Kontext setzen können. Solche Menschen sind keine Experten. Erst wenn man wirklich beurteilen kann, wie Fakten in ihrem grösseren Zusammenhang einzuordnen sind, und dieses auch verständlich erklären kann wird man zu einem Experten, ja, und dann wird man auch irgendwann eingeladen diese komischen Gesetzesentwürfe vorzubereiten.
    Also, was brauchts um ein Experte zu sein?
    erstens, Eine Menge Fachwissen, zweitens Eine Menge Allgemeinbildung, drittens und das ist meiner Meinung nach der wichtigste Punkt, das Vermögen komplex zu denken, Sachverhalte von unterschiedlichen Blickwinkeln aus zu betrachten. Weiterhin musst Du kommunikative Fähigkeiten besitzen, diese Sachverhalte alls verständlich erklären können. Letzlich noch ein wichtiger Punkt, Du musst es selber sein wollen und das lustig finden dass ständig irgendeiner aus Berlin anruft oder irgendein Reporter dich mal wieder fotografieren will.

  6. #6 Experte i.R.
    28. April 2020

    Auf dem Dorf gab es drei Experten, den Apotheker, den Lehrer und den Pfarrer. Gemeint ist damit nicht nur ihr Fachwissen , sondern auch ihre Authorität.
    Der “Rufer in der Wüste” ist dagegen der Experte, auf den nicht gehört wird.

  7. #7 Kryorig
    28. April 2020

    In Zeiten von sozialen Medien ist auch bei Experten eine Instagramisierung festzustellen. IMHO zeichnen sich Experten durch eine notwendige und eine hinreichende Bedingung aus, die allerdings disjunkt sind.

    1) Fachexpertise + Erfahrung in einem definierten Gebiet
    2) Externe Attribution

    Disjunkt daher, weil beide Merkmale auch allein “Experten” manifestieren können: echte Experten gem. 1) unabhängig von ihrer externen Attribution (“Rufer in der Wüste”) und 2) Scharlatane (die nichtsdestotrotz häufig als Experten durchgehen, mindestens eine zeitlang).

    Für mich persönlich ist nur bei vorliegen von 1) Expertenstatus gegeben, unabhängig von 2). Für die Mehrheit ist es genau andersherum.

  8. #8 Kryorig
    28. April 2020

    Nachtrag: Es gibt eine Menge Literatur zu diesem interessanten Thema, aber am Ende läuft es immer auf eine Informationshierarchie hinaus.

    https://en.wikipedia.org/wiki/DIKW_pyramid

    Für mich sitzt ein Experte ganz oben in der Pyramide bzw. muss da sitzen können.

  9. #9 tomtoo
    28. April 2020

    Ich würde mal die Germanisten um eine Definition und scharfe Abgrenzung der Worte bitten.

  10. #10 tomtoo
    28. April 2020

    Witzig könnte man natürlich sagen:
    Streiten sich zwei Experten verbissen zu einem Thema und kommen zu dem Schluss, verdammt wir brauchen einen Wissenden.

  11. #11 Experte i.R.
    28. April 2020

    “Staatlich anerkannte Sachverständige (saSV) sind Experten in bestimmten Fachbereichen, die meist durch eine umfangreiche Prüfung nachgewiesen haben, dass sie neben langjähriger Berufserfahrung über eine besondere Sachkunde in ihren Fachbereichen verfügen. Sie sind berechtigt, je nach Fachbereich gesetzlich vorgeschriebene Nachweise aufzustellen, Prüfungen vorzunehmen und Bescheinigungen auszustellen. ”
    Rechtlich betrachtet ist der staatlich anerkannte Sachverständige der Experte, nach dem hier gefragt wird.
    Wichtig sind solche Leute bei Gerichtsverfahren, wenn der Richter nicht genug Sachkenntnis hat und auf das Urteil des staatlich anerkannten Sachverständigen angewiesen ist.
    Der Begriff ” Sachverständiger ” allein, ist rechtlich nicht geschützt. Jeder kann sich Sachverständiger nennen.

  12. #12 tomtoo
    28. April 2020

    @Experte i.R.
    Ach Robert , bei dir ist einfach. Weder Experte noch Wissender. Aber das ist ja nicht die Frage hier.

  13. #13 Experte i.R.
    28. April 2020

    tomtoo
    So ein Virus weiß nicht viel ist aber Experte für Infektionen. Da kannst du nicht mithalten.
    Die Idee vom “Experten des Nichtwissens”, die ist genial, kann nur von Dir kommen.
    Damit kannst du jetzt bei Kommentaren zu DT glänzen.

  14. #14 2xhinschauen
    28. April 2020

    Wenn ein “Wissender” (ich ergänze gedanklich: oder ein “Könnender”) die Ausgangsbasis ist, wäre die Annahme nächstliegend, dass ein “Experte” einer ist, der es besser weiß (oder kann) als die anderen. Wie schon angedeutet, gehört womöglich dazu, dass der oder die Betreffende sich auch hervortut und nicht nur im Stillen mehr weiß oder kann.

    In dieser Theorie stehen also Expertinnen und Experten über den Fachpersonen, dies ein Titel, den jede/r Wissende für sich beanspruchen könnte.

    In der Praxis wird der Begriff “Experte” aber so sehr missbraucht für alle möglichen “Vertriebsexperten für Produkt X” oder “[Partei]-Experten für Wirtschaftspolitik”, dass ich mich selber nicht gerne als Experte bezeichnen lassen würde, wäre ich einer.

    Auch gibt es so etwas wie “relative Expertise” – im Freundeskreis mag man als Weinexerte gelten, unter Winzern wäre man damit trotzdem nur ein Schlaumeier, der mal ein Buch gelesen hat.

    Vielleicht helfen die Definitionen des österreichischen Skeptikers Eduard Berndt, sinngemäß zitiert:

    Experte – wer etwas weiß oder kann
    Imperte – wer das nur behauptet
    Deperte – wer nichts weiß und alles falsch macht

    Offen bleibt, wie der oder die “Spezialist/in” hier hineinpasst, etwa der Freistoßspezialist beim Fußball oder der Alt-/Neutestamentler unter den Theologen.

  15. #15 2xhinschauen
    28. April 2020

    Ups, fast vergessen: In der Wissenschaft gibt es ja noch die Stufenmodelle der Kompetenz, unter denen das Dreyfus’sche[1] ein populäres ist, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Kompetenzstufen.

    Dessen fünf Stufen sind
    1. Neuling (Novice)
    2. fortgeschrittene/r Anfänger/in (Advanced Beginner)
    3. Kompetente/r (Competence)
    4. Gewandte/r (Proficiency)
    5. Experte/Expertin (Expertise)

    Anders als in der Frage geht es hier aber wohl mehr ums Können als ums reine Wissen:

    Dreyfus und Dreyfus beschreiben den Experten als engagierten, geübten Menschen, der durch seine Erfahrungen ein Verständnis entwickelt hat, welches ihm ermöglicht, Probleme zu lösen. Diese Art des Problemlösens wird verglichen mit dem Sprechen und Gehen des Menschen, das so sehr Teil einer Person werde, dass dafür keine überlegten Entscheidungen notwendig seien. Der Handelnde weist also aufgrund seiner Erfahrungen eine eindrucksvolle Anzahl unterscheidbarer Situationen auf, welche es ihm ermöglichen, flüssig und schnell zu handeln.

    Zitiert nach dem Preview in
    https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-658-19708-7_4.

    —–
    [1] DREYFUS, H. L.; DREYFUS, S. L.: Künstliche Intelligenz. Von den Grenzen der Denkmaschine und dem Wert der Intuition. Reinbek bei Hamburg 1987, ISBN 3-499-18144-4

  16. #16 Experte i.R.
    28. April 2020

    2xhinschauen,
    das war ein detaillierter Überblick.
    Der Spezialist ist einer, der auf einem eng begrenzten Sachgebiet Überragendes leistet.
    Auf jeden Fall, wird der Begriff Expertin/Experte positiv verwendet.
    Bemängelt werden muss, dass man bei Frauen die 7 Kinder großgezogen haben nicht von einer Expertin in Erziehungsfragen gesprochen wird. Ein Mann, der 7 Oldtimer restauriert hat, der nennt sich Experte für Oldtimer. (oder er betrachtet sich als solcher)

  17. #17 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    29. April 2020

    Na ja, der Dilettant weiß alles ganz genau, ist furchtbar kritisch, ist er Deutscher noch dazu, will er die Welt oder zumindest das Klima retten.

    Der Experte sagt eher: Schaun mer mal, dann sehn mer scho.

    z.B.:

  18. #18 Fluffy
    4. Mai 2020

    Es gab ja doch eine Reihe von Antworten. Auch wenn sie mich nicht zu 100% vorangebracht haben, konnten mich einige doch zum weiteren Nachdenken anregen.

    So dass ich für mich vorläufig zu dem Schluß komme, großes und tiefes Wissen in einem speziellen Fachgebiet macht jemanden erst mal zum Spezialisten.

    Hat dann jemand Spezialwissen auf sehr unterschiedlichen Fachgebieten, z.B. Biologie, Mathematik, physikalische Modellierung und evtl sogar Psychologie/Soziologie, und ist er in der Lage dieses Wissen effizient zusammenzuführen, so würde ich das als Experten bezeichnen.
    In früheren Zeiten gab es dafür auch die Bezeichnung Universalgelehrter.