ScienceBlogs.de-LeserIn Fahrwa hat uns die folgende(n) Frage(n) geschickt:

“Expandiert unser Sonnensystem durch den Sonnenwind?

1. Zusatzfrage: Mit welcher Geschwindigkeit, denn der Sonnenwind hat ja eine „Normalgeschwindigkeit“ ?
2. Zusatzfrage: Gibt es eine maximale Expansionsgeschwindigkeit von „explodierenden Sternen“ (Supernova z. B.)? Ich lese z. B. gerade über den planetarischen Nebel Abell 7, daß er vermutlich vor 20.000 Jahren entstanden ist und einen Radius von 4 Lichtjahren hat. Daraus würde eine mittlere Expansionsgeschwindigkeit von nur 60 km/s resultieren. Sie scheint mir ein wenig gering, zumal Sonneneruptionen schon mit über 1000 km/s beobachtet wurden.

Mfg

Fahrwa”

Kommentare (11)

  1. #1 Ingo
    24. Mai 2022

    > “Expandiert unser Sonnensystem durch den Sonnenwind?

    Das gesamte Universum expandiert,- aber das hat nichts mit dem Sonnenwind zu tun.
    Unser kleines Sonnensystem hingegen expandiert nicht. Es ist viel zu klein als das es die Universums-Expansion merken wuerde.

    > 1. Zusatzfrage: Mit welcher Geschwindigkeit, denn
    > der Sonnenwind hat ja eine „Normalgeschwindigkeit ?

    Was ist denn eine “Normalgescchwindigkeit”?
    Der groesste Teil des Sonnenwind hat eine Geschwindigkeit von ca 300km/s.
    Kommt aber drauf an,- weil der Sonnenwind verschiedende Anteile hat die unterschiedlich schnell sind.
    “Weit draussen” wird der Sonnenwind abgebremst (Terminationshock)

  2. #2 Uli Schoppe
    24. Mai 2022

    Ich denke mal es ist eher gemeint ob der Sonnenwind das Sonnensystem auseinander drückt. Bei Raumsonden fällt es ja auf. Was eine Normalgeschwindigkeit sein soll weiß ich auch nicht…

  3. #3 Fahrwa
    24. Mai 2022

    Mit der Normalgeschwindigkeit war gemeint, daß er in unserer Erdumgebung “normalerweise”, also keine Sonneneruption oder so, bei etwa 300km/s -400 km/s “weht”. Das reicht aber dicke aus, um die Fluchtgeschwindigkeit aus unserem Sonnensystem zu überschreiten. Also müßte sich unser Sonnensystem (nicht die Planetenbahnen) seit Milliarden Jahren ausdehnen, wie eben bei einer Supernova. Bremst der Terminalschock den Sonnenwind auf quasi 0 ab? Oder wie?

  4. #4 tohuwabohu
    Berlin
    24. Mai 2022

    An der Expansion des Sonnensystems ist der Sonnenwind nur indirekt beteiligt.  Der Druck des Sonnenwindes auf die Fläche der Planeten ist nur sehr gering und die Abbremsung der Planeten durch den “Fahrtwind”, d.h. die Kollision mit dem Sonnenwind in “Flugrichtung” (ebenfalls sehr gering) dürfte dies wieder ausgleichen.  Das Sonnensystem expandiert hauptsächlich durch den Masseverlust der Sonne (durch den Sonnenwind und die Fusion von Wasserstoff zu Helium – E=mc²).  Dadurch wird die Sonne immer leichter und deshalb nimmt auch die Anziehungskraft der Sonne kontinuierlich ab.  Aber nur sehr, sehr langsam 😉 .  Bis sich die Sonne in 7,1-7,7 Milliarden Jahren zu einem Roten Riesen aufbläht wird sie nur ca. 1 Promille ihrer Masse verlieren.  Doch dies wird dann niemanden mehr interessieren, denn die Oberflächentemperatur der Erde wird in “schon” ca. 2 Milliarden Jahren 100°C überschreiten.  Als Roter Riese verliert die Sonne dann 28% ihrer Masse, so dass die Bahnradien der Planeten um jeweils 38% zunehmen werden.

    Es gibt einen langsamen und einen schnellen Sonnenwind, die auf Höhe der Erdbahn eine Geschwindigkeit von ca. 300 bis 500 km/s bzw. 750 km/s haben.  Der Sonnenwind ist keine homogene Teilchenströmung, sondern sondern hat Dichteschwankungen und -wellen aus der Überlagerung der unterschiedlich schnellen Strömungen.  Der Sonnenwind trifft in 84 bis 94 AE auf das Interstellare Medium und wird dort abrupt von ca. 350 km/s auf ca. 130 km/s abgebremst.

    Dies kann man auch in den verlinkten Wikipedia-Artikeln nachlesen.

  5. #5 Fahrwa
    27. Mai 2022

    Aber die Abbbremsung auf 130 km/s bedeutet jedoch immer noch eine Expansion des Sonnensystems (natürlich sind die Planeten außer Betracht) mit satten 130 km/s. Immerhin in 1000 Jahren knapp ein halbes Lichtjahr der Ausdehnung der Terminalschockgrenze.

  6. #6 Fahrwa
    27. Mai 2022

    Was ist mit der maximalen Expansionsgeschwindigkeit? Bisher dazu keine Kommentare.

  7. #7 tohuwabohu
    Berlin
    28. Mai 2022

    @ Fahrwa
    zu #5:
    Nein.  Das Sonnensystem endet an der Heliopause.  Danach beginnt der interstellare Raum.  Der Sonnenwind (hauptsächlich ein Wasserstoffplasma, dessen Protonen und Elektronen sich im Laufe der Zeit zu neutralem Wasserstoff rekombinieren) der sich schneller als mit der Fluchtgeschwindigkeit der Sonne von dieser entfernt, breitet sich zwar im Sonnensystem aus, vermischt sich letztendlich mit dem interstellaren Medium und ist dann auch nicht mehr von diesem unterscheidbar.  So vergrößert er auch nicht das Sonnensystem, genau so wenig, wie die Voyager-Raumsonden.  Das wäre ja so, als ob ich behaupten würde, dass mein Auto immer größer würde, weil ich ihm die ausgestoßenen Abgase zurechne 😉 .

    zu #6:
    Die höchste Expansionsgeschwindigkeit liegt ganz knapp unter der Lichtgeschwindigkeit.  Die bei den Sternexplosionen freigesetzten Neutrinos sind sogar so schnell, dass sie selbst bei weit entfernten Supernovae noch vor dem Lichtblitz die Erde erreichen (das Licht kommt durch die dichte Sternhülle nur mit einiger Verzögerung an die Sternoberfläche, die Neutrinos werden hier nicht abgebremst).  Die Sternhülle wird dann mit Millionen km/h (keine exaktere Angabe gefunden) ins All geschleudert.

  8. #8 fahrwa
    28. Mai 2022

    Zu tohuwabohu: Genau das meine Ich. Die Sternhülle wird bei einer Supernovaexplosion abgestoßen. Quasi eine riesige “Protuberanz der Sonne”, wird mit hoher Geschwindigkeit in den Raum gestoßen.
    Heute lese ich auf “APOD- Weltraumbild des Tages” über RCW 86, vermutlich die erste überlieferte Nova-Sichtung in China, ist etwa 8000 Lichtjahre entfernt und ungefähr 100 Lichtjahre groß. Wenn ich davon ausgehe, daß hier der Durchmesser gemeint war, so ergibt sich rein rechnerisch eine Expansionsgeschwindigkeit des Nova-Überrestes von 8165 km/s. Das hört sich schon viel wahrscheinlicher an als die mickrigen 60 km/s bei Abell 7 (s. meine Frage).
    Aber klar können quasi masselose “Teilchen” mit Lichtgeschwindigkeit “ausgesendet” werden. Aber was ist mit den Atomen? Wie schnell sind die nach einer Explosion maximal?
    Übrigens sind Angaben wie Millionen km/h wohl nicht wirklich geeignet, Prozesse von Sternexplosionen zu beschreiben.

  9. #9 tohuwabohu
    Berlin
    28. Mai 2022

    Es gibt hier wohl keine genaue Angabe.  Die Geschwindigkeit des Gases wird durch den Zusammenstoß einzelner Partikel mit dem interstellaren Medium verringert.  Außerdem ist die Geschwindigkeit der Partikel in verschiedene Richtungen unterschiedlich.  Die geladenen Atomkerne werden beim Kernkollaps der Supernova auch durch Magnetfelder beschleunigt und können den Stern an den Polen als Jet mit sehr hoher Geschwindigkeit wieder verlassen.
    Somit ist die “Expansionsgeschwindigkeit” stark von der Richtung und geringer vom Zeitpunkt (und damit der Entfernung vom Explosionszentrum) abhängig.
    Entsprechende Beobachtungen der Supernova SN1987A ergaben Geschwindigkeiten von ca. 100 Millionen km/h (ca. 10% Lichtgeschwindigkeit).

  10. #10 tohuwabohu
    Berlin
    10. Juni 2022

    Nachtrag:
    Der Fachartikel (aus dem Jahre 2010) hat den Titel The 3-D structure of SN 1987A’s inner ejecta.

    Außerdem beziffert Prof. Lesch im Beitrag Alpha Centauri Folge 29 – Was ist eine Supernova (aus dem Jahre 1999) bei 07:36 für eine Supernova die Geschwindigkeit der Kontraktion des Kernes auf 70.000 km/s (die er dann in gleichen Satz “fast ⅓ Lichtgeschwindigkeit” nennt – tatsächlich wären dies aber knapp ¼ Lichtgeschwindigkeit) und anschließend (bei 08:02) die Expansionsgeschwindigkeit der Gaswolke auf 20.000 km/s (ca. 6,6% Lichtgeschwindigkeit).  Keine Ahnung woher er diese Zahlen hat.

  11. #11 fahrwa
    14. Juni 2022

    Das sind ja interessante Zahlen, die der Herr Professor da genannt hat.
    Mich interessiert dies ja vor allem deswegen, weil vermutlich bei den natürlich vorkommenden maximalen Expansionsgeschwindigkeiten auch unsere in der näheren Zukunft liegenden technischen Grenzen der Bewegungsgeschwindigkeit im All liegen werden. Aber ein Flug zum Saturn mit 20.000 km/s wäre schon was anderes als unsere heutigen Nuckelpinnen mit 15-18 km/s. Das ist fast so wie der Unterschied zwischen Pferdekutsche und Düsenjet. Hat immerhin, je nach Sichtweise zwischen 15.000 und 300 Jahre Entwicklung der Technik gebraucht. Da die technische Entwicklungsgeschwindigkeit sich auch beschleunigt (das könnt auch eine gute Frage sein), brauchen wir vielleicht nur noch 1000 bzw. 100 Jahre. Erlebe ich leider sicher nicht mehr!