Um die Frage im Titel zu beantworten: Ich denke, die meisten nicht. In einem Interview, das Elisabeth Hewson für die Wiener Zeitung mit mir geführt hat, habe ich das im Kontext der Frage, warum viele Ärzte an Globuli zu glauben scheinen, kurz ausgeführt. Das Interview ist bereits am 2. November erschienen, aber erst seit heute online, nämlich hier.
Die Passage, auf die ich mich hier beziehe ist diese:
EH: Aber wie kann es sein, dass hoch angesehene Mediziner die Homöopathie vertreten, verteidigen, sogar lehren?
UB: Da gibt es mehrere Gründe. Ich finde das ja gar nicht so überraschend. Erstens sind das oft Ärzte, denen in der Praxis klar wird, dass es eine Nachfrage nach Homöopathie gibt. Wenn sie die anbieten, haben sie ein zusätzliches Einkommen. Das ist der rein kommerzielle Aspekt. Der zweite ist folgender: Viele sind keine Betrüger, glauben selbst daran, einfach, weil sie keine wissenschaftliche Ausbildung haben. Es ist ja wenig bekannt, dass das Medizinstudium keine eigenständige wissenschaftliche Arbeit beinhaltet. Der Dr.med.univ. ist, so seltsam das klingt, kein Doktorgrad, sondern ein Diplomgrad. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Mediziner keine nennenswerte wissenschaftliche Ausbildung haben. Insbesondere, wenn es um die Interpretation und Beurteilung von wissenschaftlichen Studien geht – und das geschieht meist über Statistik –, bewegt sich die Ausbildung auf einem sehr niedrigen Niveau. Dieses Thema spielt im Studium fast keine Rolle. Wenn man sich als Mediziner nicht aus eigenem Interesse damit beschäftigt, lernt man es einfach nicht, sich kritisch mit Studien auseinanderzusetzen.
Prof. Anita Rieder, die Curriculumdirektorin Humanmedizin der MedUni Wien hat dieser meiner Kritik in einem Leserbrief heftig widersprochen.
Damit unterstellt Berger, dass das Medizinstudium nicht wissenschaftlich wäre beziehungsweise wissenschaftlich nicht ernst zu nehmen wäre. Und das ist schlichtweg falsch.
Ebenso Prof. Franz Kainberger, Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien, in einer e-mail an mich sowie in einer Begrüßungsrede zu einem Vortragsabend zum Thema “Komplementäre Krebstherapien: Update 2013”.
Ich weiß, dass unter meinen Lesern einige Ärzte und Ärztinnen sowie Medizinstudierende sind. Deren Diskussionsbeiträge würden mich interessieren!
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