Wenn sich US-Präsidentschaftskandidaten im Wahlkampf anmaßen, wissenschaftliche Studien zu erklären, ist Vorsicht geboten…
Senator McCains Positionierung als Experte in Sachen Autismus (Frei übersetzt: “Es gibt starke Anzeichen dafür, dass quecksilberhaltige Impfstoffe für die Zunahme der Autismus-Fälle verantwortlich sind”) war nicht nur aus politischer, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht fahrlässig. Und gleich in doppelter Hinsicht irreführend:
A) Das Prävalenz-Problem
McCain setzt in seinem Argument voraus, dass die Zahl der Autismus-Fälle tatsächlich zunimmt. Doch die steigende Prävalenz autistischer Erkrankungen ist alles andere als eindeutig geklärt.
Zwar überbieten sich Hilfsorganisationen gegenseitig mit Heilsversprechungen, doch Autismus bleibt eine Krankheit, für die es keine “Patentlösung” gibt. Sicher können Symptome behoben, erleichtert, beseitigt werden.
Doch Eltern, die zu allem bereit sind, mit kostenpflichtigen Telefon-Hotlines zur “Ferndiagnose” das Geld aus der Tasche zu ziehen, ist kein Heilverfahren, sondern bestenfalls Augenwischerei. Ansagen wie Defeat Autism sind problematische Versprechen.
B) Das Sündenbock-Problem
Autismus ist eine Entwicklungsstörung, die genetische und/oder hirnphysiologische Ursachen hat. Vermutlich. Das ändert nichts daran, dass unzählige Studien unzählige “Ursachen” benannt haben — lieblose Mütter, Fernsehen, Masern-Impfungen, Hefepilze, sogar Regenwetter.
MMR-Impfstoffe sind mittlerweile halbwegs rehabilitiert.
Und gegen die Vorstellung, dass Thiomersal – der Stoff, auf den sich McCain bezieht – Autismus auslöst, sprechen u.a.
* Statements und Fallstudien der WHO zu dem Mittel
* eine von der FDA (US-Arzneimittel-Kontrollbehörde) abgelehnte Petition
* zahlreiche Studien, die eine Verbindung zwischen Impfstoff-Zusätzen und Autismus-Prävalenz nicht bestätigt sehen
Hätte die Frage Senator McCain nicht unvorbereitet (sprich ungebrieft) getroffen, hätte er sich wohl eher nicht an diese schon seit längerem “gescheiterte Hypothese” geheftet. Doch selbst Nicht-Wissenschaftlern könnte sich der Unterschied zwischen Korrelationsstudien und kausalen Zusammenhängen mit etwas gesundem Menschenverstand zumindest in Ansätzen erschließen…
Von derartigem öffentlichen Ignoranz-Popanz ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Pseudo-Propaganda eines Bobby Henderson, der die rückläufige Anzahl Piraten für den Klimawandel verantwortlich macht…
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