Wie weit reicht unser Selbstbestimmungsrecht? Wer entscheidet, welche medizinische Maßnahmen ergriffen werden, wenn schwerkranke Patienten nicht mehr selbst entscheiden können?
Kann eine Patientenverfügung verbindlich vorschreiben, was in solchen Situationen geschehen soll? Muß diese Frage gesetzlich geregelt werden? Die poltische Debatte ist noch lange nicht entschieden.
Die derzeitige Situation ist mehr als unbefriedigend: nach Auskünften von Justizministerin Brigitte Zypries haben zwischen 8 und 10 Millionen Menschen eine Patientenverfügung unterzeichnet. Jedoch weiß keiner, ob sich Ärzte und Pflegepersonal im Ernstfall daran halten.
Unbefriedigende Rechtslage
Denn rechtlich verbindlich sind solche Patientenverfügungen bislang nicht.
Ein Zustand, den ein parteiübergreifender Gesetzentwurf, der unter Federführung des SPD-Rechtsexperten Joachim Stünker erarbeitet wurde, beenden will. Gestern fand im Bundestag die erste Lesung des Antrags statt, der bisher von 115 SPD-Abgeordnete, 43 Mitgliedern der FDP-Fraktion, 25 Mitgliedern der Linksfraktion und 24 Grünen-Abgeordneten unterstützt wird. Und auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries steht dahinter.
Die heftigen Debatten im Anschluß machten deutlich, daß hier eine sensible Frage berührt ist, die jeden betrifft und für die es keine einfache Lösung gibt. Denn natürlich wiegt der Patientenwille, also das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, sehr schwer.
Jedoch ist es auch legitim zu fragen, ob hier Mißbrauchspotential gegeben ist. Und auch darf man fragen, unter welchen Bedingungen und mit welchem Kenntnisstand die Verfügung erstellt wurde. Oft werden lediglich Standardvorlagen ausgefüllt oder angekreuzt – wer will sicherstellen, daß die einzelnen Punkte auch verstanden wurden?
Die Union spielt nicht mit
Der stärkste Widerstand gegen den Antrag kommt aus der Unionsfraktion. Man will die Reichweite von Verfügungen eng begrenzen und sie bestenfalls auf Fälle begrenzt wissen, die sich durch einen “unumkehrbar tödlichen Verlauf” kennzeichnen.
Die Frage ist: wer befindet darüber, wann dieser “unumkehrbar tödliche Verlauf” gegeben ist?
Der aktuelle Schwebezustand wird freilich noch ein Weilchen anhalten. Mit einer Einigung der Parlamentarier ist so schnell nicht zu rechnen. Solange müssen Patienten wohl darauf hoffen, daß – sollte die Situation der entswcheidungsunfähigkeit eintreten – die verantwortlichen Personen die Verfügung zumindest in ihre Entscheidung miteinfließen lassen. Einem Patienten, der eine anhaltende Zwangsernährung durch eine Magensonde ausgeschlossen hat, sollte man dies auch ersparen…
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