Es ist nicht überliefert, ob der Wallach Cöster aus südamerikanischer Zucht stammt und deshalb in seinen Hafer auch Chilischoten gemischt werden. Bestätigt ist allerdings, daß beim Springpferd von Christian Ahlmann die verbotene Substanz Capsaicin festgestellt wurde. Der positive Dopingbefund sorgt für Aufregung im deutschen Olympiateam.
Bei einer Dopingkontrolle am 17. August wurde – wie die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) heute der Deutschen Reiterlichen Vereinigung mitteilte – beim Springpferd von Christian Ahlmann das durchblutungsfördernde Capsaicin nachgewiesen.
Der Europameister von 2003 wurde daraufhin mit sofortiger Wirkung von den Olympischen Spielen ausgeschlossen und darf folglich auch nicht am Finalspringen am heutigen Donnerstag teilnehmen.
Dopingsünder auf vier Hufen: Springpferd Cöster
Diese Nachricht ist natürlich ein Schock für die deutsche Olympiamannschaft, die statt Dopingschlagzeilen viel lieber Medaillennachrichten hören würde. Medaillen gab es für den 33-jährigen Springreiter Christian Ahlmann aus Marl/Westfalen in der Vergangenheit reichlich.
Mit seinem Schimmel Cöster, der sich nun in die Liste der Dopingsünder einreihen muß, hatte er bei den Olympischen Spielen von Athen die Bronzemedaille in der Mannschaft geholt. Und 2003 war er gar im Einzelwettbewerb Europameister geworden. Am vergangenen Montag kam das Duo mit der deutschen Equipe auf den fünften Platz.
Ein erfolgreiches Duo also, weshalb griff man offensichtlich nun nach verbotenen Substanzen? Und welche Effekte hat dieses Capsaicin überhaupt?
Das Geheimnis des Capsaicin
Capsaicin ist, soviel vorweg, der Stoff, der die Chilischoten so teuflisch scharf macht. Es ist das Alkaloid der Paprikagewächse, das antibakteriell und fungizid wirkt und den bekannten Hitze- und Schmerzeffekt hervorruft. Und das keineswegs nur im Mund- und Rachenraum.
Das Capsaicin reizt die Nervenenden der sogenannten Nozizeptoren, egal ob diese auf Schleimhäuten oder auf sensibler Haut sitzen. Und – hier wird es in Sachen Leistungsmanipulation interessant – Capsaicin hat eine ausgeprägt durchblutungsfördernde Wirkung: die eigentlich irreführende Hitze- und Schmerzempfindung durch den Reiz von Capsaicin führt dazu, daß das betroffene Gewebe stärker durchblutet wird, um die Wärme abzuleiten.
Hitze- und Schmerzreaktion führt zur Durchblutungssteigerung
Im Grunde ist diese Reaktion also eine Fehlinterpreation des Organismus. Allerdings nutzt man diesen Effekt auch in Wärmepflastern und anderen durchblutungsfördernden Substanzen. Und die durchblutungsfördernde Wirkung scheint offensichtlich auch der Grund zu sein, weshalb Springpferde (verbotenerweise) mit capsaicinhaltigen Medikamenten behandelt werden.
Zielsetzung dieser Behandlung mit Capsaicin kann also einerseits schlicht die Verbesserung der muskulären Leistungsfähigkeit des Springpferdes sein. Andererseits ist nicht auszuschließen, daß man auf einen anderen Effekt abzielte: nämlich die Steigerung des Schmerzempfindens an den Beinen – denn durch die starke Durchblutung steigt auch die Sensibilität. Wenn das Pferd an die Stangen stößt, ist das noch schmerzhafter…
Ob der gute Cöster das Capsaicin oral aufgenommen hat oder ob der Stoff über großflächige Salbenanwendungen in seinen Körper gelangt ist, wird man möglicherweise noch erfahren. Die Ausrede, daß der Schimmel aus Versehen am Chili-Eintopf genascht habe, wird die Dopingwächter in diesem Fall wohl kaum besänftigen. Und die Erklärung, der Stoff habe über die Zahnpasta den Weg in den Körper des Delinquenten gefunden, ist in diesem Fall auch wenig glaubwürdig…
P.S.: Im ScienceBlogs-Spezial “Olympia” finden sich noch viele weitere Randnotizen zu den Olympischen Spielen von Peking.
Inzwischen sind noch weitere Fälle unerlaubten Capsaicindopings im Reitsport bekannt geworden: auch beim Pferd des Norwegers Tony Andre Hansen wurde Capsaicin gefunden. Hansen muß nun den Verlust der Bronzemedaille für die norwegische Mannschaft befürchten.
Und ganz offenbar erfreut sich das Chili-Extrakt auch bei weiteren Reitern großer Beliebtheit. Denn auch beim Pferd “Lantinus” des Iren Denis Lynch und bei “Chupa Chup” von Bernardo Alves aus Brasilien wurde Capsaicin festgestellt – das grenzt ja schon an eine Epidemie…
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