Wen zur Zeit in der Münchener Fußgängerzone ein Herzinfarkt ereilt, hat Glück: 25.000 Herzspezialisten sind momentan zum Kongress der Europäischen Kardiologengesellschaft (ESC) in der Stadt unterwegs. Und präsentieren dabei allerlei spannende Ergebnisse der Herzforschung:
Eine neue Generation Echokardiographen: Präziser, kleiner, perfekter
Bisher ist meist eine Ultraschalluntersuchung des Herzens, eine Echokardiographie, das bildgebende Verfahren der Wahl: Es ist billig, kann direkt am Krankenbett durchgeführt werden und kommt ohne Ionisierungsstrahlung aus. Doch weil auch die scheinbar perfekteste Methode sich immer noch einen Hauch verbessern lässt, wurden beim ESC zwei neue Trends vorgestellt:
In Zukunft soll es Echokardiographen geben, die so klein sind, dass die Geräte in einer Hand geführt werden können – ohne sperrigen Kasten, ohne zusätzliche Kabel. Damit könnten die Ultraschallgeräte so selbstverständlich wie ein Stethoskop mitgeführt werden und dementsprechend öfter zum Einsatz kommen.
Außerdem sollen die gewonnenen Bilder vom Herzen zukünftig mehr Aussagekraft bekommen: Während bisher fast nur Vergleichsbilder möglich waren, über die Mediziner Veränderungen über einen längeren Zeitraum beobachten können, sollen die neuen Echokardiographen direkt Aussagen über den Zustand der Herzgesundheit machen können. Dies ist möglich, da die Geräte in Zukunft auch Aussagen über die Struktur der Herzwände machen können.
Screenings für Sportlerherzen – nicht das Training, die Gene sind Schuld!
Ein gut trainiertes Herz kann mit der Zeit das doppelte seiner ursprünglichen Größe annehmen – dann spricht man von einem Sportler- oder Athletenherz. Bekannt ist, dass auch junge Extremsportler ein höheres Herzinfarktrisiko haben, insbesondere wenige Stunden nach einem Wettkampf. In der Gruppe der Unter-35-Jährigen haben Athleten sogar ein 2,5-fach höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden als Nicht-Sportler!
In einer nun beim Kardiologenkongress vorgestellten Studie wurden zwei neue Erkenntnisse zu Sportlerherzen präsentiert:
Das erhöhte Herzinfarktrisiko der Sportler hängt hauptsächlich nicht vom großen Herzen ab, sondern von einer genetischen Veranlagung. Ein Drittel der untersuchten Athleten hatten das erhöhte Risiko geerbt – der Schluss liegt nahe, dass gefährdete Herzen für exzellente Sportler verantwortlich sind.
Über einen Zeitraum von 26 Jahren wurden dazu Herzscreenings an Sportlern der italienischen Region Veneto durchgeführt. Der Studienleiter Alessandro Biffi vermutet, dass Hochleistungssport für die Herzen junger Athleten als eine Art Trigger funktioniert, der dem Organ zu viel abverlangt, ohne dass es dabei rechtzeitige Warnsignale zu sendet.
Täglicher Sportunterricht für herzgesunde, diabetesfreie Schüler
Elf Leipziger Schulklassen waren der Untersuchungsgegenstand einer Studie des Herzzentrums der Universität Leipzig. Dort untersuchte Dr. Claudia Walther die Auswirkungen des Sportunterrichts auf die Herzgesundheit der Kinder im Alter von 11-14.
Fünf Klassen erhielten über einen Zeitraum von einem Schuljahr den regulären Sportunterricht von zwei Stunden pro Woche, sechs Klassen wurden für je eine Stunde am Tag in die Turnhalle gebeten. Zu Beginn und am Ende des Jahres wurden die Schüler untersucht. Bei der zweiten Untersuchung kurz vor den Sommerferien stellte Dr. Walther fest, dass die körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder, die täglich eine Extraportion Bewegung hatten, um 20 Prozent gestiegen ist.
Momentan wird ein Viertel aller europäischer Schulkinder als übergewichtig eingestuft – Folgeerkrankungen wie etwa Diabetes begleiten die jungen Patienten ein Leben lang. Mit mehr Sportunterricht an Schulen möchte Dr. Walther sowohl vorhandenes Übergewicht bei Kindern reduzieren, als auch einen gesundheitsbewussten Lebensstil vermitteln.
Sex erhöht das Herzinfarktrisiko
Na was denn nun? Hält Sex jung oder beschleunigt er frühzeitiges Ableben? Eher letzteres, wenn man einer Studie der Universität Leeds Glauben schenkt. Denn die Sexualhormone Estradiol, Estron, Testosteron und Androstenedion stehen demnach in direktem Zusammenhang mit den drei größten Herzinfarktrisiken: Bluthochdruck, Übergewicht und einem hohen Cholesterinspiegel.
Für die Studie wurden 933 Männer untersucht – dabei wurde festgestellt, dass ein hoher Spiegel an Sexualhormonen ursächlich für einen hohen Cholesterinspiegel sein kann. Paradox ist jedoch, dass gerade Estrol als Schutz vor Herzinfarkt bei Frauen bekannt ist; eine Tatsache die der Studienleiter Dr. Maciej Tomaszewski nun näher untersuchen möchte.
Studienteilnehmer, die neben ihrer sexuellen Aktivität jedoch Sport trieben, minimierten ihr Herzinfarktrisiko erneut auf das Level von Männern, die ohnehin einen geringeren Sexualhormonspiegel hatten.
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