Welche Standards gelten für wissenschaftliche Blogposts? Welche Streit- und Diskussionskultur wünschen wir uns für die ScienceBlogs?
Die letzten Tage waren sehr turbulent. Von verschiedener Seite wurde Kritik an einzelnen Blogartikeln auf Scienceblogs.de und den jeweiligen Autoren laut. Und manche Kritiker verstiegen sich gar zur These, das gesamte ScienceBlogs-Portal sei möglicherweise ein Forum der Pseudowissenschaft und Scharlatanerie. Wer sich freilich auch nur fünf Minuten hier auf ScienceBlogs umsieht, der stellt fest, daß diese Vorwürfe Blödsinn sind. Aber der Reihe nach.
Legitime Kritik
Ausgangspunkt für die Diskussionen war dieses Blogposting von Bert Ehgartner. In den Kommentaren wurde – vollkommen zu recht! – reklamiert, daß hier die möglicherweise legitime Kritik an der HPV-Impfung mit der Frage nach den vermeintlich gesundheitsschädigenden Effekten von Aluminiumsalzen als Adjuvans bei Impfstoffen vermengt wurde.
Wie gesagt: die Kritik in den Kommentaren war berechtigt. Was ärgerlich war: Bert Ehgartner blieb (zunächst) die Belege für einen solchen Zusammenhang schuldig. Wir hatten Bert Ehgartner als Blogger auf ScienceBlogs geschätzt, der sich durchaus kritisch mit bestimmten Aspekten des Medizinsystems auseinandergesetzt hatte. Allerdings steht jeder ScienceBlogger – ungeachtet seiner früheren Verdienste – mit jedem neuen Blogartikel in der Pflicht, sorgfältig und redlich zu argumentieren. Diese Anforderung hat Bert leider nicht in allen Punkten erfüllt.
Insofern akzeptieren wir selbstverständlich auch die besorgte Kritik, die von einigen Autoren unserer Partner-Website ScienceBlogs.com formuliert wurde. Wobei manch Vorwurf an die Adresse von ScienceBlogs.de zweifellos meilenweit an der Sache vorbei ging. Aber vermutlich sind im Eifer des Gefechts (zumal wenn Sprachbarrieren hinzukommen) solche argumentativen Schnellschüsse unvermeidlich.
Wir hatten inzwischen das Gespräch mit Bert Ehgartner gesucht, der am Montag auch noch einen rechtfertigenden Artikel nachreichte. Allerdings konnte er unsere Zweifel nicht wirklich ausräumen und wir haben beschlossen, den Blog “Lob der Krankheit” zu schließen.
Sowohl unsere bloggenden Kollegen auf SB.com, als auch unsere deutschen Leser können also beruhigt sein: für Spekulationen oder gar pseudowissenschaftliche Thesen ist auf ScienceBlogs.de auch künftig kein Platz.
Lebendige und faire Diskussionen
Wir selbst haben freilich auch dazugelernt – in der Zukunft werden wir noch gewissenhafter darauf achten, daß alle Blogposts unseren selbstgesetzten Standards genügen. Redlichkeit in der Argumentation und der Verweis auf etwaige Quellen und Belege gehören natürlich dazu. Gleichzeitig werden wir aber auch höhere Maßstäbe an die Diskussionsbeiträge in den Kommentaren anlegen: unsachliche und polemische Statements werden sofort gelöscht.
Sachlichkeit und Fairness sind die leitenden Prinzipien für eine Diskussionskultur, die diesen Namen verdient. Auch Bert Ehgartner, das muß der Vollständigkeit erwähnt sein, wurde zum Teil in unfairer Weise attackiert. Solche Angriffe werden wir nicht mehr tolerieren.
Und, bevor hier der Ruf laut wird, daß weitere (Blogger-)Köpfe rollen müssen: ja, Peter Artmann ist ein streitbarer Blogger, der im medlog teilweise auch strittige Thesen vertritt. Allerdings steht er dafür auch argumentativ ein – Peter ist und bleibt eine Bereicherung unserer Blog-Community.
Nachtrag – 4.12.:
Mein Hinweis, daß wir künftig auch “höhere Maßstäbe an die Diskussionsbeiträge in den Kommentaren” anlegen werden, wurde vereinzelt mißverstanden. Mein Halbsatz, den ich oben nun durchgestrichen habe, war in der Tat nicht ganz glücklich.
Ich möchte an dieser Stelle nochmal klarstellen: auf ScienceBlogs.de wird auch in Zukunft keine Kommentarzensur ausgeübt! Wir leben vom Feedback unserer Leser! Kritik und die Diskussion kontroverser Meinungen sind uns ausdrücklich willkommen!
Allerdings werden wir bei Kommentatoren, die offensichtlich ausschließlich auf destruktiven Krawall aus sind (=Trolle) ab sofort verstärkt moderierend eingreifen. Und bei Beleidigungen oder Kommentarinhalten, die strafrechtliche Relevanz haben, werden wir natürlich ebenfalls eingreifen, was wir aber auch in der Vergangenheit getan haben.
Zu dieser selbstverständlichen Art der Kommentarmoderation (die nichts mit Zensur zu tun hat) verpflichtet uns einerseits die Rechtslage, andererseits sind wir überzeugt, daß auch in Kontroversen, in denen mit harten Bandagen gekämpft wird, der Gegner nicht persönlich diffamiert werden soll.
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