Jeder von uns hat schon Dummheiten gemacht. Wir haben in einer Weise gehandelt, ohne zuvor vernünftig und in Ruhe nachzudenken. Ohne abzuwägen und die Handlungsoptionen zu prüfen. Gut, Fehler passieren – aber im Allgemeinen handeln wir vernünftig, so dürfte jedenfalls die Selbsteinschätzung der meisten Menschen sein.
Der Mensch begreift sich – spätestens seit Aristoteles Zeiten – als animal rationale. Und unterliegt damit einer riesengroßen Selbsttäuschung. Dieser Meinung ist zumindest Dan Ariely.
Ariely, der als Professor an der Duke-University in den USA lehrt, ist ein Grenzgänger zwischen der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften. Und Ariely hat in den letzten Jahren in vielen kleinen Detailstudien und vielgelesenen Sachbuchbestsellern illustriert: die Idee des logisch handelnden, rationalen Menschen ist kaum mehr als eine Illusion.
Die Selektivität unserer Wahrnehmung
Arielys gestriger Vortrag war einer der Höhepunkt der diesjährigen DLD-Konferenz. Ariely führte den interessierten Zuhörern vor Augen, wie täuschungsanfällig wir alle sind. Wie leicht wir die offensichtlichsten Dinge übersehen und wie selektiv unser Wahrnehmungsapparat arbeitet.
Das sind für sich genommen alles keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse, aber Ariely bündelt die Erkenntnisse verschiedener Disziplinen auf plausible Weise zu seiner Spielart einer Verhaltensökonomie und sorgte bei seinem Vortrag immer wieder für ungläubiges Kopfschütteln beim Publikum.
Für die größte Verblüffung sorgte er mit dem bekannten Gorilla-Video. Ariely stellte dem Publikum eine kleine Aufgabe: bei einem Basketballspiel sollen alle Pässe eines bestimmten Teams gezählt werden. Nach 50 Sekunden endet das Video, Ariely fragt das Ergebnis ab. Wie oft wurde der Ball gepasst? 16, 17 oder 18 mal? Und wie oft wechselte der Ball bis zu dem Zeitpunkt als der Gorilla durchs Bild lief? – Ein erstaunt-ungläubiges “Oh!” ist zu hören – denn tatsächlich: nach etwa 20 Sekunden spaziert ein Mann im Gorillakostüm mitten durchs Spiel- und Blickfeld.
Hoffnungslos irrational
Viele DLD-Besucher zählten aber ganz offensichtlich so konzentriert die Ballwechsel, so daß sie diesen zusätzlichen Akteur im Video komplett übersehen hatten. Wie passiert es also – so eine der Kernfragen von Ariely – daß wir die offensichtlichsten Sachverhalte nicht (richtig) sehen. Wie passiert es nur, daß wir immer wieder hoffnungslos irrational entscheiden?
Ariely hat selbst keine Patentrezepte, wie wir uns gegen die Tendenz zur Irrationalität wappnen können, die – das war Ariely wichtig – Experten (ungeachtet ihrer Erfahrung) genauso betrifft, wie Laien. Eines sollte aber den Zuhörern klargeworden sein: wir sind unverbesserlich irrational. Und es schadet nicht, sich dessen bewußt zu sein.
Links und Literaturtipps:
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