Setze die “Halbwertszeit” für die Annäherung auf einen Wert zwischen 4 Tagen (Am Äquator und da auch nur in Bodennähe) – und ansonsten auf 40 Tage. Der Wärmeaustausch in den Tropen muss deswegen so hoch gesetzt werden, um wieder der Konvektion Rechnung zu tragen. Die sorgt für eine wesentlich schnellere Wärmeangleichung als nur aufgrund von Wärmeabstrahlung bzw. Wärmeleitung. Da wir die Konvektion nicht dynamisch nachbilden, müssen wir sie wiederum über den Wärmehaushalt einbauen.

10. Tja und ansonsten setze die Erdschwerebeschleunigung (9.81 m/s2 reicht da völlig.) , die spezifische Gaskonstante von trockener Luft 287 J/(kg K) und den Isotropenexponenten auf 7/5 (weil wir auf der Erde vorwiegend zweiatomigen Moleküle in der Luft haben). Das ist der wirklich leichte Teil.

Zubereitung:

Jetzt kommen wir zu den eigentlichen Arbeitsschritten:

Zunächst einmal müssen wir die Erdatmosphäre in handliche Stückchen unterteilen. Am besten wir beginnen mit der Höhe, das ist einfacher.

Unterteile z.B. die Erdatmosphäre in 20 vertikale Schichten von je 500 Pa-Dicke. Zur Not gehen auch 10 Schichten mit je 1000 Pascal “Dicke”, wenn der Computer nicht mehr hergibt. Für das horizontale Gitter benutze ich ein so genanntes C32-cube-sphere-grid, das mir die Erdkugel in halbwegs gleich große Teilstückchen unterteilt. Genauer gesagt besteht dieses Gitter aus sechs Kacheln mit jeweils 32 Kästchen. Davon legen wir vier Kacheln am Äquator zentriert aneinander, so dass sie den  Globus entlang der Breitenkreise umspannen. Dann pappen wir noch jeweils eine Kachel auf den Nord- und eine Kachel auf den Südpol und decken damit den gesamten Globus ab. Die einzelnen Kästchen sind dabei in der Regel quadratisch – AUSSER an einigen Eckpunkten. Denn natürlich können wir eine Kugeloberfläche nicht wirklich komplett quadrieren. Aber mit so einem Gitter kommen wir schon sehr nahe dran, was die Rechnung insbesondere an den Polen erheblich erleichtert. So sieht das übrigens aus (Quelle: MITgcm Handbuch):

Wir haben jetzt also 192*20 Teilstückchen. In jedes dieser Teilstücke kommen nun die Zutaten von oben hinein.

Dann lassen wir das Ganze 200 Tage lang aufkochen (wir lösen also die Differential-Gleichungen numerisch sowohl räumlich als auch zeitlich) und lassen dann das Ganze insgesamt weitere 1000 Tage köcheln.

Serviere das Endresultat entweder frisch und heiß (also nur den Schnappschuss nach 1200 Tagen Simulation) oder als Konzentrat (also über die letzten 1000 Tage gemittelt)

Es ist angerichtet:

Ich serviere hier mal den Zustand nach 1000 Tagen frisch und dampfend also als Schnappschuss. Ich muss zugeben, ich war schockiert wie gut dieses einfache Modell bereits die grundlegende Dynamik der Erde-Troposphaere (also der unteren Erdatmosphäre) widergibt.
Als wir da hätten die grossen Zirkulationszellen der Atmosphäre:

Das kommt dem, was wir auf der Erde beobachten schon sehr nahe.

Bild: Globale Zirkulations-Zellen aus der deutschen Wikipedia (siehe Link).

Obwohl… Ok in meinem Fall sind die Polarzellen ein bisschen zu weit Richtung Äquator verrückt. Das ist aber nur in diesem einen Schnappschuss so, hab ich aber leider etwas zu spät gesehen. Ich hab noch andere Schnappschüsse gemacht, wo die Polarzellen dann wieder schön brav jenseits der 60 Grad Nord/Süd einsetzen, aber ich hab das Bild jetzt gerade rumfliegen und bin zu faul mir gerade ein Schöneres zu suchen. Ich würde gerne mal jemanden fragen, der sich damit auskennt, ob die Polarzellen wirklich so weit südlich kommen können, oder ob mein Modell da einfach zwischendurch ein bisschen zu dynamisch in den polaren Kreisen ist.

Ich krieg natürlich auch die zugehörigen Windsysteme wie den Passatwind (die Farben stellen die Temperatur in Kelvin dar)

Und natürlich den Jet-Stream. Ihr müsst das Bild unten anklicken, um es in groß anzuschauen. Die weißen Pfeile sind der Wind und die Farben sind wieder die Temperatur in Kelvin. Wir befinden uns hier in einer “Höhe” von 500 mbar. Und ja das herum mäandrierende gehört so (Stichwort baroklinische Instabilität) und beobachten wir auch in der freien Natur (siehe das Video darunter, da nicht von mir ist). Also ich find’s ‘tres chic’ 🙂

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Kommentare (18)

  1. #1 MartinB
    Dezember 6, 2012

    Ganz großes Kino – bei den Formelerklärungen habe ich mich gekringelt.

  2. #2 Lars Fischer
    Dezember 6, 2012

    Sehr schöner Artikel, der kommt gleich mal in unseren Newsletter.
    Allerdings meinst du in der Überschrift bestimmt Taufliege, nicht Fruchtfliege. *duck*

  3. #3 Ludmila Carone
    Dezember 6, 2012

    @MartinB Schön, dass es gefällt.
    @Lars: Taufliege? Zumindest bei der Wiki steht, dass ich die Viecher auch Fruchtfliegen nennen darf. Ich geb aber zu, dass ich einfach das englische Wort übersetzt hab, ohne mir groß Gedanken zu machen, ob das Viech auf Deutsch auch so heißt. Das kann natürlich böse in’s Auge gehen und sollte ich für die Zukunft auf jeden Fall abklären.

  4. #4 Quantom
    Dezember 6, 2012

    Super geschrieben.
    Bitte ein weiteres Rezept aus deinem Kochstudio 😀

    Mach weiter so!

  5. #5 rolak
    Dezember 6, 2012

    Zur weiteren Vertiefung werde ich mir diesen post morgen nochmal in aller Ruhe zu Gemüte führen {müssen}, doch nach dem ersten Durchlesen und -klicken kann ich mich MartinBs Meinung nur anschließen:

    Um Dich selber zu zitieren: Tres chic!

  6. #6 wereatheist
    Berlin
    Dezember 6, 2012

    Très chic, en verité 🙂
    Trotzdem bischen nitpicken: es sind nicht 192 x 20, also
    6 x 32 x 20 Zellen, sondern 6 x 32 x 32 x 20 Zellen.

  7. #7 wereatheist
    Dezember 6, 2012

    Und wie geht ´köcheln´? (Link würd allemal reichen)

  8. #8 rolak
    Dezember 6, 2012
  9. #9 Ludmila Carone
    Dezember 7, 2012

    @wereatheist https://mitgcm.org/public/r2_manual/latest/online_documents/node30.html Das ist das entsprechende Kapitel im MITgcm-Handbuch.
    Kurz: Zeitliche Integration mit der Adam-Basforth-Methode
    räumliche Integration mit der finiten Volumen-Methode. Dabei Verwendung des Arakawa-C-Grids, um festzulegen wo zu welchemn Zeitschritt welche Größe berechnet wird.
    Dann gibt es da aber noch einen fiesen nichtlinearen Teil, der – wenn ich das so halbwegs durchschaut habe – durch die Integration der Kontinuitätsgleichung innerhalb der Randbedingungen entsteht, der auf ne Art und Weise gelöst wird, die ich noch gar nicht verstanden habe. Aber das wird sich sicherlich irgendwann ergeben, wenn ich noch tiefer in die Materie einsteige.

  10. #10 wereatheist
    Dezember 7, 2012

    @rolak: haha!
    @Ludmila: mille grazie!

  11. #11 Alderamin
    Dezember 9, 2012

    @Ludmila

    Sehr schön, wie das Modell all die atmosphärischen Effekte hervorbringt, die wir von der Erde kennen.

    Funktioniert Dein Kochrezept eigentlich auch auf dem Jupiter? Evtl. mit der zusätzlichen Zutat eines inneren Wärmeflusses? Die Entstehung der horizontalen, teils gegenläufigen Wolkenbänder ist doch m.W.n. bisher noch nicht völlig geklärt (wobei ich darüber schon lange nichts mehr gelesen habe, vielleicht hänge ich dem aktuellen Wissen da 10 Jahre nach).

  12. #12 Alderamin
    Dezember 9, 2012

    @Ludmila

    Hm, bei Dir hängt meine andere Mail-Adresse wohl auch im Spam-Filter. Was habe ich da bloß böses verbrochen, dass mich Science Blogs überall aussperrt?

    Die Frage war, ob das Modell auch die Jupiter-Atmosphäre modellieren kann, wenn man aufsteigene Wärme und schnelle Rotation mit einbezieht. Ob sich dann die typischen gegenläufigen Streifenzonen ausbilden würden.

  13. #13 Ludmila Carone
    Dezember 9, 2012

    @Alderamin: Bei mir ist das System sowieso noch extra stark eingestellt und schiebt fast jeden in die Moderation. Ich hoffe, das legt sich, wenn ich was aktiver bin.

    Bezüglich Jupiter: Das ist eine gute Frage und wird mich sicherlich auch noch beschäftigen. Aber wenn ich die Rotation hochschraube, zerfällt die Atmosphäre bereits in verschiedene streifenförmige Zellen. Zusätzlicher Wärmefluss dafür gar nicht vonnöten.

  14. #14 Alderamin
    Dezember 9, 2012

    Danke, dann freue ich mich schon auf den zugehörigen Artikel 🙂

  15. #15 fj
    https://blog.effjot.net/
    Februar 16, 2013

    Das ist toll, wie ein relativ einfaches Modell die großskaligen Strömungsmuster erzeugen kann. Wie lange rechnete das Modell (mit welcher Hardware) für die 1200 Tage?

    Das Konvektionsvideo ist auch großartig. Der Prof. erinnert mich irgendwie an Doc Brown. Fehlt nur noch, daß er uns zeigt, was er entdeckt hatte, als er im Klo ausrutschte und sich den Kopf anschlug. Great Scott! 😉

  16. #16 Ludmila Carone
    Februar 17, 2013

    @fj Wenn ich das auf 6CPUs parallel (jeweils 2,4 GHz) rechne, dauert es etwa 12 Stunden.

  17. #17 fj
    https://blog.effjot.net
    Februar 25, 2013

    Oha, das ist doch noch einiges. Ich hatte gehofft, daß wäre was zum „rumspielen“. Aber selbst ohne Wasser scheint das alles noch viel zu rechenaufwendig zu sein. 🙁

  18. #18 Ludmila Carone
    Februar 26, 2013

    @fj Andererseits, laueft das Modell auf einem Dektop-Computer. Halt mit 8-CPU core. Da ist mensch mit 1500 Euro schon dabei 🙂 Will sagen, fuer engagierte Laien oder/ und Schulen ist das bereits durchaus bezahlbar. Die Schule braeuchte im Grunde nur 1-2 solcher Rechner und die Ergebnisse koennen dann wieder auf rechenschwaecheren Rechnern ausgewertet werden.

    In ein paar Jahren koennte das Beispiel auch auf Standard-Rechnern laufen, wenn die Rechenpower weiterhin nach oben geht.