Wenn die Falcon Heavy nächstes Jahr (hoffentlich) abhebt, wird sie die größte und schwerste Rakete der Welt sein. Sie ist nicht die größte und schwerste Rakete aller Zeiten, aber beim heutigen Zustand der Raumfahrt gibt man sich auch mit der Hälfte davon zufrieden. Nach den letzten Angaben sollte die Falcon Heavy bis zu 53t in einen niedrigen Erdorbit bringen können, wenn kein Teil der Rakete wiederverwendet wird.

Diese Angaben haben sich in der Vergangenheit immer geändert. Denn die Entwicklung der Falcon Heavy ist vollständig von der Entwicklung der Falcon 9 Rakete abhängig, schließlich verwendet sie die gleichen Teile. Die Falcon Heavy hat bei SpaceX eine lange Geschichte. Schon bevor die erste Falcon 1 geflogen ist, gab es erste Konzepte die später geplante Falcon 9 nicht nur allein fliegen zu lassen, sondern ihr noch zwei weitere Raketenstufen als Booster zur Seite zu stellen. Das gleiche Prinzip gibt es heute auch bei der Angara 5 Rakete und der Delta IV Heavy, es war auch für die Atlas V geplant.

Dabei hat sich das Konzept immer zusammen mit der aktuellen Technik bei SpaceX weiter entwickelt. So hieß das erste Konzept noch Falcon 9-S9. Damals hatte SpaceX noch den Bau einer Falcon 5 Rakete geplant und folglich gab es auch einen Zwischenschritt in Form der Falcon 9-S5, bei der die Booster aus der ersten Stufe der Falcon 5 bestanden.

Weil sich der Markt für kleine und mittlere Satelliten nie so entwickelt hat, wie man es Ende der 90er Jahre erwartete, wurde das Konzept der Falcon 5 zusammen mit der Falcon 1 schließlich aufgegeben. Damit fiel auch die mittlere Falcon 9-S5. Überhaupt konzentrierte sich SpaceX nun hauptsächlich auf den Bau und die Verbesserung der Falcon 9. Die Merlin Triebwerke wurden immer leistungsfähiger und die Falcon 9 immer größer. Wenn man sich die Daten in der alten Wikipedia-Seite von Ende 2006 anschaut, dann hatte die Falcon 9-S5 in etwa die gleiche Nutzlast wie die heutige Falcon 9 Rakete ganz ohne Booster. Leider hat SpaceX nie eine offizielle Seite über die Geschichte der Entwicklung ihrer Raketen erstellt, so dass das Wikipedia Archiv hier als (suboptimaler) Ersatz dienen muss.

Der Grund dafür ist die ständige Weiterentwicklung des Merlin Triebwerks. 2006 ging man noch davon aus, dass das Merlin 1C Triebwerk beim Start einen Schub von etwa 380 kN haben würde. Neun Jahre später erreicht das Merlin 1D Triebwerk 756kN fast den doppelten Schub. Dazu kommt auch noch eine leichte Verbesserung des spezifischen Impuls des Triebwerks. Das ist wohl auch der wichtigste Grund für das ständige Aufschieben der Falcon Heavy. Lange Zeit konnte man durch Verbesserung der Triebwerke fast den gleichen Effekt erreichen, wie mit zusätzlichen Boostern.

Mit den immer leistungsfähigeren Triebwerken stieg aber auch das Leistungspotential einer Falcon Heavy mit zwei ersten Stufen als Booster. Während man 2006 bei der Falcon 9-S9 noch von etwa 25t Nutzlast in den niedrigen Erdorbit ausging, waren es bei der Falcon Heavy zuletzt 53t. Die basierte aber noch auf der “alten” Falcon 9 v1.1 Rakete mit reduziertem Schub und ohne unterkühlten Sauerstoff. Inzwischen ist diese Rakete aber veraltet und wird nicht mehr hergestellt. Die inoffiziell als Falcon 9 v1.2 bekannte “neue” Rakete wird durch den dichteren Treibstoff nicht nur einen höheren Schub haben, sondern auch ein höheres Startgewicht. Dazu kommt noch eine vergrößerte Oberstufe. Zusammen verbessert das die mögliche Nutzlast um etwa 20-30% im Vergleich zur Falcon 9 v1.1.

Diese Verbesserungen werden sich auch auf die neue Falcon Heavy übertragen. Allerdings ist noch nicht klar, wie genau die Nutzlast ausfallen wird. Denn das Konzept der Falcon Heavy mit 53t Nutzlast sah vor, dass die Treibstofftanks zwischen den Boostern an den Seiten und der mittleren Stufe verbunden werden (“Cross feed”). Der Treibstoff in den Tanks der Booster würde nicht nur dazu benutzt werden die Triebwerke der Booster anzutreiben, sondern auch die Triebwerke der mittleren Stufe. Im Ergebnis hätte man bei der Abtrennung der Booster immernoch eine vollständig gefüllte Raketenstufe, so als wären ihre Triebwerke nie gelaufen. Aus der zweistufigen Rakete mit Boostern wäre dann eine vollwertige dreistufige Rakete geworden, bei der die Triebwerke der zweiten Stufen die Triebwerke der ersten Stufe unterstützen.

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Kommentare (5)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    30. September 2015

    Die Saturn V hatte ja 133 t Nutzlast. Das wurde seitdem anscheinend nicht wieder erreicht. War sie einfach zu teuer?

  2. #2 dgbrt
    30. September 2015

    Nette Zusammenfassung zur Entwicklung der Falcon Heavy. Man sollte vielleicht noch erwähnen, dass der erste ernst gemeinte Starttermin bei 2014 lag.

    Ich bin mir aber auch sicher, dass der erste Start 2016 dann wohl stattfinden wird. Der Umbau am Startplatz (LC-39A) am KSC ist ja wohl fertig. Dann wird man wohl auch etwas besser abschätzen können, was die Rakete kann.

    Generell denke ich aber, dass die SLS keine Konkurrenz ist. Die wird ja nur zweimal in den nächsten zehn Jahren starten.

    Die Falcon Heavy ist eine kommerzielle Rakete und steht in Konkurrenz zu den noch zu entwickelnden Vulcan und Ariane 6 Raketen. Bis die aber fliegen wird die Falcon im Bereich der Wiederverwendbarkeit Fortschritte gemacht haben.

  3. #3 dgbrt
    30. September 2015

    @BreitSide:
    Die Saturn V war etwa so teuer wie die letzten Starts des Space Shuttle. Und dabei war das Shuttle sogar wiederverwendbar. Anfang der 1970er glaubte man aber, die Kosten mit dem Shuttle auf ein Hundertstel reduzieren zu können. Und der damalige US-Präsident Richard Nixon wollte um jeden Preis das von John F. Kennedy gestartete Apollo-Programm beenden.

    Jeder, der sich etwas mit der Geschichte der Raumfahrt auskennt, sagt, dass damals die großen Ambitionen der US-Raumfahrt beerdigt wurden.

    • #4 wasgeht
      30. September 2015

      Naja, man stand sich mit seinen Ambitionen selbst im Weg. Hätte man mit einem kleinen Shuttle angefangen um das Konzept auszuprobieren, wäre man inzwischen viel weiter.

      Man hätte nur vorhandene Hardware benutzen müssen – ein J-2 Triebwerk statt drei RS-25 und vier H-1 Triebwerke von der Saturn 1B als Booster. Das hätte für ein kleines Shuttle gereicht und dann hätte man gesehen, ob das eine gute Idee ist oder nicht.

  4. #5 dgbrt
    1. Oktober 2015

    @wasgeht
    Die Saturn IB hatte acht H-1 Tribwerke, und um den Orbit erreichen zu können durfte das Apollo-Raumschiff nicht voll betankt werden (war im LEO auch nicht nötig – weil völlig überdimensioniert). Und das J-2 hatte gerade mal die Hälfte des Schubs der RS-25 Triebwerke.

    Fakt ist, dass die Saturn-Raketen für das Konzept der Wiederverwendbarkeit nicht geeignet waren. Die Technik der Erststufe der Saturn I/IB kam aus den 1950ern und die Saturn V war strukturell dazu überhaupt nicht in der Lage.

    Dieses kleine Shuttle haben die Europäer (war eigentlich nur die französische CNES) mit HERMES auch mal versucht.