Die deutsche Gesellschaft befindet sich mitten in einem Umbruch. Das ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass sich ein solcher sozialer Wandel abzeichnet. Immer wieder wurde er in der Vergangenheit durch neue Technologien oder neue Denkweisen angestoßen. Die Industrialisierung ist dafür das prominenteste Beispiel. Nun findet erneut eine solche Phase statt, die vor allem durch die Digitalisierung hervorgerufen wird. Zwar spielen noch weitere Faktoren wie der demografische Wandel oder die Globalisierung eine Rolle. Doch es sind in erster Linie die digitalen Medien, welche die jungen Generationen prägen und dafür sorgen, dass diese in einer gänzlich anderen Welt aufwachsen als noch ihre Eltern und Großeltern. Dass dieser Wandel seine Spuren hinterlässt, ist daher wenig verwunderlich. Doch es drängt sich die Frage auf, wie diese Veränderungen aussehen und was das in den kommenden Jahren für die Gesellschaft bedeutet.
Der soziale Wandel lässt sich nicht aufhalten
Fakt ist, dass der soziale Wandel, wie er derzeit stattfindet, ganz neue Ausmaße angenommen hat und alles übertrifft, was in der Vergangenheit passiert ist. Experten sehen im sozialen Wandel sogar die Grundkonstante der Moderne. Wir leben also in einem Zeitalter der Veränderung, sprich es gibt nur wenige Konstanten, aber viele Provisorien in der Gesellschaft. Das gilt für Weltansichten, das gilt für Technologien und das gilt in quasi allen Lebensbereichen. Kurz gesagt: Es findet ein sozialer und kultureller Umbruch statt – auch aufgrund der Digitalisierung. Sie hat die Art und Weise verändert, wie Menschen kommunizieren, sich informieren oder gewisse Tätigkeiten ausführen. Das Online-Shopping ist dafür ein typisches Beispiel, aber auch viele Freizeitbeschäftigungen finden heutzutage digital statt und sogar die große Liebe wird immer häufiger über Apps, Social Media & Co gesucht. Eine Welt ohne Internet oder Smartphones wäre also kaum mehr vorstellbar und diese wird es vermutlich auch niemals wieder geben, zumindest nicht ohne digitale Vernetzung auf die eine oder andere Weise. Es handelt sich daher nicht um einen kurzfristigen Trend, sondern um einen grundlegenden Wandel, der die Gesellschaft nachhaltig verändern wird.
Social Media verändert die jungen Generationen
Mit Social Media ist ein wichtiges Stichwort gefallen, denn die sozialen Netzwerke haben einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft, vor allem auf die jüngeren Generationen, die sogenannten „Digital Natives“. Das betrifft sowohl ihre Denk- als auch ihre Handlungsweisen, was wiederum Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. So müssen beispielsweise neue Marketing-Strategien gefunden werden, damit Unternehmen diese Zielgruppen noch erreichen sowie begeistern können. Die sozialen Medien sind eine Entwicklung, die sowohl positive als auch negative Aspekte mit sich bringt. Kritisiert wird immer wieder, dass die Kommunikation durch sie oberflächlicher und anonymer wird, wohingegen soziale Kompetenzen zunehmend in den Hintergrund rücken. Auch kann sich die scheinbare Perfektion negativ auf die Psyche von Kindern, Jugendlichen und sogar Erwachsenen auswirken, indem diese falsche Erwartungen an sich selbst und ihre Umwelt entwickeln. Das kann bis hin zu Depressionen oder Suchtmustern führen, wie die Wissenschaft mittlerweile weiß. Dennoch bringt der Community-Gedanke durchaus auch Vorzüge mit sich, die nicht vernachlässigt werden dürfen.
Der Einfluss sozialer Gemeinschaften im Internet
Solche Communities, wie sie sich beispielsweise in sozialen Medien bilden, werden immer beliebter. Schon wer auf Instagram demselben Influencer folgt, fühlt sich oft unwillkürlich mit den anderen Abonnenten verbunden. Noch ausgeprägter ist das „Wir-Gefühl“ in offenen oder geschlossenen Facebook-Gruppen, in speziellen Foren oder Online-Communities, die in Verbindung mit einem Hobby stehen. Das Internet bietet also viele Möglichkeiten, um sich mit Gleichgesinnten zusammenzufinden und auszutauschen, quasi jederzeit und überall. Auch dieser Community-Gedanke treibt den sozialen Wandel voran, denn er macht die Gesellschaft mündig. Das bedeutet: Menschen sind heutzutage nicht mehr nur Empfänger von Botschaften, beispielsweise von Werbung im Radio, Fernsehen oder Internet. Sie können stattdessen eigene Botschaften senden. Es gibt einen sogenannten Rückkanal, sprich die Verbraucher können mit den Unternehmen, mit den Werbetreibenden, mit den Filmproduzenten oder auch mit anderen Verbrauchern in Kontakt treten. Sie können Informationen gezielt suchen oder selbst bereitstellen. Sie können von der Schwarmintelligenz der anderen User profitieren. Dadurch haben sie eine ganz neue Machtposition erlangt und genau diese mündigen Bürger sind ein wichtiger Faktor im sozialen Wandel.
Vorteile der Online-Communities im Alltag
Im Alltag bringt dieser Community-Gedanke für die Verbraucher zahlreiche Vorteile mit sich. Sie können sich beispielsweise besser über ein Produkt oder eine Marke informieren und dadurch auch bessere Kaufentscheidungen treffen. Es herrscht also mehr Transparenz durch Online-Bewertungen, Erfahrungsberichte in Foren und ähnliche Kanäle. Mehr Transparenz geht damit aber nicht nur beim Online-Shopping, sondern auch in vielen anderen Lebensbereichen einher. Das gilt beispielsweise bei Hobbys, wo sich Gleichgesinnte gerne online austauschen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Das ist vor allem in Branchen üblich, in denen viele (rechtliche) Besonderheiten zu beachten sind wie beim Online-Glücksspiel, um noch offene Fragen zu klären. Bei anderen Hobbys wie Teamsportarten verabreden sich manche Leute sogar per Community mit anderen Personen, um Mitspieler zu finden. Die Kommunikation bleibt also nicht zwingend auf einer digitalen Ebene. Sogar Wissen wird auf diesem Weg für jeden verfügbar, denn dieses kann im Internet recherchiert oder per Community ausgetauscht werden. Ein Stück weit wird die moderne Gesellschaft durch den sozialen Wandel demnach gebildeter sowie unabhängiger – von Werbung, von Informationsquellen, von Bildungseinrichtungen, von Arbeitgebern.
Der soziale Wandel bringt neue Herausforderungen
Diese veränderten Verhaltensweisen bringen jedoch für viele Akteure neue Herausforderungen mit sich. Unternehmen brauchen innovative Werbestrategien und werden kritischer hinterfragt, wenn es beispielsweise um Themen wie Nachhaltigkeit oder soziales Engagement geht. Die Zielgruppen können Aussagen besser auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen und wer einen Fehler macht, dem droht ein „Shitstorm“ in sozialen Communities, der das Image und damit den Geschäftserfolg nachhaltig schädigen kann. Universitäten oder andere Bildungseinrichtungen müssen derweil zunehmend digitale Inhalte integrieren, um mit der Konkurrenz mithalten zu können, beispielsweise in Form von E-Learning-Angeboten oder Fernstudiengängen. Arbeitgeber brauchen hingegen neue Strategien im Employer Branding sowie Recruiting, um noch qualifizierte Nachwuchskräfte anlocken zu können, denn die „Digital Natives“ haben eine grundlegend andere Arbeitseinstellung als ältere Generationen. Arbeitsmodelle wie das Homeoffice oder holistische Unternehmensstrukturen werden daher in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Und damit ist die Liste an Beispielen noch lange nicht zu Ende.
Die Schattenseite der Online-Communities
Es sind aber auch die eigentlichen Profiteure der Online-Commuities, die ebenfalls von der Schattenseite dieser Entwicklung betroffen sein können. Denn im Internet lauern neue Gefahren wie die gezielte Verbreitung von Falschinformationen oder Datenrisiken. Denn diese neue Mündigkeit der Bürger führt leider auch dazu, dass sie zunehmend missbraucht wird. So ist beispielsweise bei Rezensionen heutzutage schwer nachvollziehbar, ob es sich um eine echte oder gekaufte Bewertung handelt. Auch haben Online-Freundschaften nicht denselben emotionalen Wert wie persönliche Freundschaften, sprich immer mehr Menschen fühlen sich in dieser neuen Gesellschaft einsam, obwohl sie eigentlich mehr soziale Kontakte haben als jemals zuvor. Es gibt daher auch immer mehr Personen in sämtlichen Generationen, die sich bewusst von Social Media und Online-Communites abwenden, um die negativen Effekte wie oberflächliche Kontakte oder sogar Depressionen präventiv zu verhindern.
Ausblick in die Zukunft
Es ist daher durchaus eine bewusste Gegenbewegung zu erwarten, wie sie bei quasi allen Veränderungsprozessen zu beobachten ist. Allerdings wird diese vermutlich eher die Ausnahme als die Regel bleiben, sprich die derzeitige Entwicklung hin zum Community-Gedanken mit all seinen Vor- und Nachteilen wird mit großer Wahrscheinlichkeit noch die kommenden Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte prägen. Im Zusammenspiel mit all den anderen Einflussfaktoren auf den sozialen Wandel, wie sie bereits erwähnt wurden, bleibt es daher spannend, in welche Richtung sich die Gesellschaft schlussendlich entwickeln wird. Sicher ist aber, dass wir uns inmitten eines grundlegenden und unumkehrbaren sozialen Wandels befinden. Wie weit jeder Einzelne diesen Wandel mitgehen und mitgestalten möchte, bleibt eine individuelle Entscheidung. In vielen Lebensbereichen wird ein gewisses Maß an Anpassung aber schon bald unumgänglich sein, sei es für Unternehmen, für Bildungseinrichtungen, für Werbetreibende oder eben für die ganz normalen Bürger.
Autor: Christina Schenk