Wer seine Aufmerksamkeit auch nur für einen kurzen Augenblick der Geschichte der Wissenschaft zuwendet, wird erkennen, daß große Fortschritte nicht gelingen, wenn eine Disziplin Erfolg hat, sondern wenn sich viele Disziplinen einer Frage zuwenden. Die Doppelhelix aus DNA ist nicht von einem Chemiker ersonnen worden, sondern von einem Duo, das auch über Kristallographie und Bakteriologie Bescheid wusste und mit Röntgenstrahlen umgehen konnte. So fordert man seit langem Interdisziplinarität, um mit Problemen fertig zu werden. Aber man vergisst, sie zu fördern. In der Ausgabe von NATURE mit dem Datum 18.02.2010 beklagen sich die Mitglieder eines interdisziplinär angelegten Instituts namens Para Limes, das in Holland gegründet worden ist, über mangelndes Interesse der Bürokratie und fehlende Mittel. Sie weisen darauf hin, daß etwa Klimaforschung und Gesundheitsfürsorge nicht einem Fachbereich überlassen werden können, und wer sinnvoll über Energie- und Wasserversorgung nachdenken, muss mehr als Physik und Chemie können. Vielleicht brauchen wir in der Wissenschaft einen Westerwelle, der als Außenminister über den inneren Zustanb seines Landes tobt. Auf jeden Fall sollte jemand einmal laut sagen, dass uns die Spezialisten nichts mehr zu sagen haben. Wir vergessen sie selbst dann sofort, wenn sie den Nobelpreis bekommen.

Kommentare (7)

  1. #1 YeRainbow
    Februar 25, 2010

    irgendwo las ich mal nebenbei, daß Watson und Co die Doppelhelix gar nicht selbst ersonnen haben, sondern die Idee einer kleinen Assistentin verwendet haben…

    Kann sein, – war es so, dann zeigt es wiedermal, daß der Parasit ein echtes lebensrecht auf dieser Welt hat.

    Was osterwelle betrifft, so darf man getrost abwarten, wie er sich selbst demontiert….
    Nur die Ruhe…

  2. #2 MartinB
    Februar 25, 2010

    Zur Geschichte der DNA:
    Die Röntgenanalysen hat Rosalind Franklin gemacht. Es ist richtig, dass sie auch eine Helix-Struktur vermutet hat, aber sie hatte kein fertiges Modell der Anordnung. Den Nobelpreis haben sie zusammen mit Wilkins bekommen, in dessen Labor die Röntgenanalysen gemacht wurden, Franklin war zu dieser Zeit (laut Wikipedia) bereits verstorben.

    “Auf jeden Fall sollte jemand einmal laut sagen, dass uns die Spezialisten nichts mehr zu sagen haben. ”
    Das halte ich für eine unzulässige Pauschalisierung, die Sie vielleicht durch irgendwas (außer einer Anekdote von 1953) belegen sollten.

  3. #3 Susan Calvin
    Februar 25, 2010

    > Vielleicht brauchen wir in der Wissenschaft einen Westerwelle

    Plonk.

  4. #4 RSS-Leser
    Februar 25, 2010

    Ich lese den RSS-Feed Naturwissenschaften. Ich vergesse immer wieder, nicht die Wissenschaftsfeuilleton-Artikel zu lesen. Aber ich weiß es immer wieder schnell, warum ich sie nicht lesen will: Im besten Fall sie nichtssagend, aber das kommt leider zu selten vor.

  5. #5 danker
    Februar 25, 2010

    Nun in anderen Bereichen kennt man den Begriff des “Fachidioten”, also jemanden der sein Handwerk zwar beherscht aber eben nur dieses. Seit Leibniz soll es aber keine Universalgenies mehr geben, wobei Personen mit mehr als einer Kompetenz sicherlich auch schon hilfreich wären.
    😉

  6. #6 Webbaer
    Februar 25, 2010

    Sie weisen darauf hin, daß etwa Klimaforschung und Gesundheitsfürsorge nicht einem Fachbereich überlassen werden können, und wer sinnvoll über Energie- und Wasserversorgung nachdenken, muss mehr als Physik und Chemie können.

    Wie wahr.

    Allerdings ist die Interdisziplinarität ein schwieriger Bereich. Es könnte hier schnell zu politischen Aussagen kommen und da fühlt sich dann möglicherweise die Politik in ihren Kompetenzen beschnitten.

    Wir wissen ja: Generalisten gibt es nur in der Politik, das Zeitalter der Universalgelehrten ist vorbei. 😉

    Beste Grüße!
    WB

    PS: Der mit Westerwelle war gu-ut.

  7. #7 Microfilosof
    Februar 26, 2010

    So sieht interdisziplinäre Arbeit, auf höchster Ebene, in Deutschland aus:
    https://www.helmholtz.de/ueber_uns/organisation/governancestruktur/.
    Auf untersten Ebenen geht es meistens nur um bilaterale Zusammenarbeit.