“Publish or perish”, so sagt man, was nicht bedeutet, daß man gleich erschossen wird, wenn man nichts publiziert. Es bedeutet aber, daß sich dort, wo über das Publizieren entschieden wird, merkwürdige Dinge ereignen können, die Konsequenzen bis zum Nobelpreis haben können. Wer als (unbekannter) Autor etwas in einem renommierten Journal veröffentlichen möchte, bekommt zuerst anonyme Kommentare von (meist berühmten) Reviewern und wundert sich manchmal, daß kurz darauf andere Laboratorien (mit berühmten Leitern) seine Ergebnisse auch gefunden haben. Wann schafft man die Unsittte des anonymen Gutachters ab und führt dafür den anonymen Autor ein, was zur gleichen Bewertung aller eigereichten Beiträge führt und nicht die (meist amerikanischen) Promis bevorzugt, die dann nicht wegen ihrer Ideen, sondern wegen ihres Namens publizieren dürfen? Reviewer mit Namen dürfen dann in der Publikation erwähnt werden, wenn ihre Bewertung gültige Hinweise und nützliche Vorschläge liefern. Das lohnt sich für alle und macht Wissenschaft ehrlicher. Vielleicht gibt es ja Leute, die das nicht wollen und die Anonymität schätzen.

Kommentare (9)

  1. #1 Biologe
    Juli 3, 2010

    Mit Sicherheit wäre die sinnvollste Vorgehensweise. Neben dem “Ideenklau” ist es auch an der Tagesordnung dass Reviewer die Veröffentlichung solange mit unsinnigen “Major/Minor Comments” hinhalten bis andere Gruppen (oder die eigene, die auf dem ähnlichen/gleichen Gebiet arbeitet) die Nase wieder vorn haben und zuerst veröffentlichen.
    Gutachter dürften nicht mehr anonym sein, sehe ich auch so.

  2. #2 Sven Türpe
    Juli 3, 2010

    Muss die Wissenschaft ehrlich sein? Kommt es darauf an, wer am Ende den Ruhm einstreicht? Genügt es ncht, dass wichtige Ergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit wahrgenommen werden, wozu Ideenklau im Review-Prozess zweifellos beiträgt? Und ist die vage Aussicht auf ferne Ehren nicht ein viel effektiverer Motivator als ein dressierendes Schulterklopfen?

  3. #3 Jörg
    Juli 4, 2010

    Autoren anonymisieren ist absolut nutzlos. Da man seine früheren Arbeiten ja zitiert, ist leicht erkennbar von wem ein Artikel stammt.

  4. #4 peterpan
    Juli 4, 2010

    Wozu muß man eigentlich publizieren? Wenn ein Wissenschaftler für eine Firma arbeitet und neue Erkenntnisse sich erarbeitet hat, wird die Fa. ihn wohl kaum publizieren lassen. Sie wird das selbst auswerten und ihm seine Leistung entsprechend vergüten.

    Publiziert wird daher höchstens von drittklassigen Möchtegernwissenschaftlern, welche in der Industrie nicht untergekommen sind und daher nach “Ruhm” gieren müssen. Weil die staatliche Stelle ihm dafür nichts bezahlt. Hahaha.

  5. #5 Sven Türpe
    Juli 4, 2010

    Wenn ein Wissenschaftler für eine Firma arbeitet und neue Erkenntnisse sich erarbeitet hat, wird die Fa. ihn wohl kaum publizieren lassen.

    Im Gegenteil. Wenn diese Firma nicht von allen guten Geistern verlassen ist, wird sie alle möglichen Anwendungen dieser Erkenntnisse zur Patentierung anmelden und damit öffentlich machen.

  6. #6 peterpan
    Juli 4, 2010

    Manchmal wird man patentierbare Verfahren natürlich schützen lassen. Aber wissenschaftliche Erkenntnisse sind grundsätzlich nicht patentierbar. Manchmal wird man sogar eigentlich patentierbare Verfahren nicht patentieren. Gerade deshalb nicht, damit keine schlafenden Hunde geweckt werden. Dann wird das Verfahren betriebsintern “leise” angewendet und der Erfinder bekommt dennoch seine Gebühren. Das sind dann Geheimpatente. Von einem solchen profitierte ich auch viele Jahre.
    Der beste Schutz ist immer einfach die Schnauze halten, wenn das möglich ist.

    Aber hier ging es eigentlich um “Papers”, welche sowieso nicht geschützt sind. Und solche Erkenntnisse von Wissenschaftlern wird eine Firma eben schon gar nicht herausgeben!

  7. #7 peterpan
    Juli 4, 2010

    Außerdem, wenn wirklich Erkenntnisse zu einer patentierbaren Anwendung führen können, wird alleine aus Prioritätsgründen keine Veröffentlichung erfolgen. Weil man sich damit selbst ein Bein stellt. Ein Patentgedanke kann spätestens ein halbes Jahr nach einer Erstveröffentlichung nachgereicht werden. Nur wenn eine Firma von “allen guten Geistern verlassen ist”, wird sie daher eine Veröffentlichung eines wesentlichen Textes erlauben.

    Im werteschaffenden Gewerbe kommt es nämlich nicht auf die Gier nach “Ruhm und Ehre” von drittklassigen Wissenschaftlern an.

  8. #8 schlappohr
    Juli 4, 2010

    Echte Anonymität wird kaum erreichbar sein. Viele Konferenzen machen eine “blind review”, d.h. die “actual reviewers” sehen den Namen des Autors nicht. Dazu muss man natürlich seine Selbstreferenzen aus der Liste nehmen, wodurch das Paper ziemlich löchrig werden kann. Wenn zudem nicht allzuviele auf dem Gebiet arbeiten, können die Reviewer leicht herausfinden, von wem das Werk stammt.

  9. #9 Sven Türpe
    Juli 4, 2010

    Aber hier ging es eigentlich um “Papers”, welche sowieso nicht geschützt sind. Und solche Erkenntnisse von Wissenschaftlern wird eine Firma eben schon gar nicht herausgeben!

    Was bewegt dann zum Beispiel Firmen wie Microsoft, IBM und Google dazu, mit solchen “Papers” deutliche Fußabdrücke in der Informatik zu hinterlassen? Wissen die, dass sie Geld an drittklassige Nichtsnutze verschwenden?