Gedankenlosigkeit regt mich auf, und zwar vor allem dann, wenn es nur um Gedanken geht. Wenn ein Schriftsteller – Viktor Jerofejew – seine Gedanken über eine Reise in den Iran aufschreibt und mit dem Hinweis beginnt, “In jedem Perser steckt ein Stückchen Kyros und Dareios, die Erinnerung an das Imperium sitzt in den Genen”, dann ist das zwar dichterische Freiheit, bleibt aber modischer Schnickschnack, mit dem ich nichts anfangen kann. So ein Satz besagt nichts, gar nichts.
Und dasselbe gilt, wenn Doktor Richard Goeffroy sein Bemühen um guten Champagner mit der genetischen Verbundenheit zu seinem mönchischen Vorgänger Dom Pérignon erklärt, in dem er sagt: “Das steckt wohl in der DNA.”
Warum schieben die Redaktionen solch einem Stuss keinen Riegel vor? Halten sie das genetische Geschwätz für souveränes Feuilleton? Sollen wir Leser an die Macht der Gene und das große Wissen der Autoren glauben? Was meine Gene hervorgebracht haben,wehrt sich dagegen.

Kommentare (3)

  1. #1 Nele
    Dezember 12, 2010

    Genau, einfach ungeheuerlich diese Metaphern, bei denen völlig gedankenlos frei fabulierend mit Sprache gespielt wird. Fast so ungeheuerlich, wie wenn jemand einem Abstraktum “einen Riegel vorschieben” will – als ob es da etwa um Mechanik ginge! So ein Stuss, sollen wir jetzt etwa glauben, dass Ideen ins Gefängnis gesperrt werden, oder was? Gedankenlosigkeit. Regt mich einfach auf. Zum Glück weiß ich, wo mein Türschloss herkommt.

  2. #2 rix
    Dezember 13, 2010

    Kennen Sie Nele auch den Weg zum Haus wo das Türschloss steckt? Natürlich brauchen Sie noch den passenden Schlüssel, sonst kommen Sie nicht rein. Man wundert sich dann ganz schnell, wenn es dann da plötzlich heißt: “Du kommst hier nicht rein!”.

  3. #3 Dr. Weihnachtswebbaer
    Dezember 19, 2010

    HO, HO, HO!

    Tja, lieber Herr Fischer, aber wo die Grenze ziehen? – Dürfen ethnische Mentalitäten nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf Historisches zurückgeführt werden?

    Ginge die Erinnerung an das Empire noch, wenn der Engländer gemeint ist, ginge noch die Erinnerung an Preußen, wenn es einen bestimmten deutschen Menschentyp zu adressieren gibt?

    Ziehen Sie diese Grenze, lieber Herr Fischer, aber ziehen Sie diese bitte nicht für andere.

    Weihnachtsgrüße!
    Ganz am Rande: Es geht bald los, Wwb schon in den Startlöchern, Rudolph auch schon spitz.
    Dr. Weihnachtswebbaer

    PS: Weihnachtsgrüße auch an die freundliche Historikerin!