“Du Dunkelheit, aus der ich stamme”. So lautet die erste Zeile eines Gedichts von R.M. Rilke, und tatsächlich wenden sich viele Menschen dieser Dunkelheit gerne zu. In der Astronomie ist oft von “dark matter” die Rede, und die Genetiker entdecken nach der Dunkelmaterie im Genom gerade die “dark side” von Genen (Science Band 346, Ausgabe 6210 vom 7.11.2014, Seite 714). Es geht konkret um Gene, die dafür sorgen, dass die Immunreaktion gegen Würmer intakt ist, die sich in Schleimhäuten wohlfühlen. Es gibt eine Vielzahl solcher Parasiten, die als Helminthen bekannt sind, und bei einer näheren Untersuchung stellte sich nun heraus, dass Menschen, die in Regionen leben, in denen die Zahl der Wurmvarianten besonders groß ist, auch ein hohes Risiko tragen, dadurch unter einer Nierenkrankheit zu leiden, dass in der Niere Antikörperablagerungen auftreten, die da nicht hingehören. So als ob die Gene, die ihre Träger sonst schützen, eine dunkle Seite zeigen und das Risiko einer Nephropathie erhöhen. Der Beitrag lässt vieles im Dunkel, was nicht anders zu erwarten war.

Direkt neben diesem Beitrag fragt ein weiterer Text, ob die Astronomen tatsächlich die Dunkelmaterie verstehen können, wenn sie von WIMPS sprechen, von “weakly interacting massive particles”, die man halt nicht sieht. Es könnte auch sein, dass SIMPS das unsichtbare Zeug erklären, also “strongly interacting massive particles”. Es bleibt dann allerdings im Dunkel, warum man diese stark wechselnden Teilchen auf keinem Detektor findet.

“Ich liebe die Nächte”. So endet das Gedicht von Rilke, dessen ersten Worte eingangs zitiert wurden. Die Wissenschaftler lieben sie auch, die Dunkelheit, aus der sie stammen. Sie stellen sie uns dauernd vor Augen. Aufklärung sieht anders aus.

 

Kommentare (12)

  1. #1 Niels
    November 24, 2014

    Es bleibt dann allerdings im Dunkel, warum man diese stark wechselnden Teilchen auf keinem Detektor findet.

    Weil “strongly interacting” hier “über die starke Kernkraft wechselwirkend” bedeutet.
    (Und “weakly interacting” “über die schwache Kernkraft wechselwirkend”,)

  2. #2 Dr. Webbaer
    November 24, 2014

    Die Dunkelheit ist allgemein und philosophisch betrachtet ein Konzept, das das Nicht-Verstandene und womöglich nie zu Verstehende meint; die Enlightenment wäre hier ein Gegenkonzept.

    Am o.g. Konzept ist selbstverständlich “etwas dran”, vergleiche auch mit dem Known Unknown und dem Unknown Unknown, hier die jeweilige Quelle; es bleibt aber zumindest en dé­tail unklar, wie derartige Postulate die Naturwissenschaft, in diesem Fall die Physiklehre oder die Biologie, genau ergänzen können, korrekt.

    MFG
    Dr. W

  3. #3 Dr. Webbaer
    November 24, 2014
  4. #4 Angelika Wittig
    November 26, 2014

    Als junger Mensch dachte ich, es gäbe nichts traurigeres als Menschen ohne Augen und Menschen ohne Fragen.
    Mit zunehmendem Alter konnte ich begreifen, dass die umgekehrte Variante, d.h. Menschen mit zu vielen Antworten, genauso schrecklich ist.
    Wenn Fragen und Antworten nicht zueinander passen, entstehen nur Monologe, keine Resonanz.
    Die Natur arbeitet mit den denkbar einfachsten Gesetzen, Erzeugung von Resonanz ist ihr Grundbaustein für jeden Entwicklungsprozess.
    Wenn also aus Monologen keine konstruktiven Dialoge werden, entsteht nichts Neues mehr.
    Schlimmer noch: Das Vorhandene kann nicht mehr erfasst werden.
    Deshalb ist das zweite Grundprinzip der Natur die Teilung.
    Das dritte wäre dann der Austausch, gern als Wechselwirkung bezeichnet.
    Diese drei einfachen Gesetze vermisse ich in diesem Blog, was sehr schade ist.
    Dunkle Materie mag für Genetiker und Experimentalwissenschaftler interessant sein.
    Geisteswissenschaftlern empfehle ich die Auseinandersetzung mit dunkler Energie.
    Das Begeifen von epigenetischen Prozessen könnte unter anderem auch die Frage nach dunkler Materie beantworten.

  5. […] Anfang macht heute ein Zitat von Rilke: im Wissenschaftsfeuilleton geht es um Dunkelheit in der Wissenschaft, von dunkler Materie bis zu dunklen […]

  6. #6 Peter Roth
    November 28, 2014

    Kleiner Einwurf: “Dark” hat im englischen eine Nebenbedeutung die “Dunkel” im deutschen nicht hat. Nämlich: “unbekannt”.
    Ersetze ich “Dunkle Materie” im Geiste durch “Unbekannte Materie” so verändert sich mein Blickwinkel und das hilft (mir?) die Problematik besser zu erfassen. Das gleiche gilt natürlich auch für “Dark Energy”.

  7. #7 Name auf Verlangen entfernt
    November 30, 2014

    Kommt im Deutschen, mit dem man bekanntlich tiefer denken kann, von ahd. “tunhal” – bedeutet ursprünglich “eingetaucht” – also mehr und anderes, als “unbekannt”.

    @ Angelika Wittig: es gibt hier auf den SB einen Tiefendialog bislang unüberbrückbarer Gegensätze und sogar Feindschaften, die es als Fortschritt erscheinen lassen, daß überhaupt noch miteinander gepostet wird: früher in einigen SB-Blogs, heute nur noch im Wissenschaftsfeuilleton.

    Sie könnten aber einen neuen Anfang machen, indem Sie den Dialog selbst betreiben, das sehe ich in Ihren Kommentaren auch nicht.

    “Dunkel” ist auch mit “Dünkel” verwandt: von dem die Wissenschaftsgemeinde nicht frei ist.

    Demnach ist “Dunkel” ein Synonym für: “Wir haben keinen blassen Schimmer, dürfen das aber nicht zugeben, sonst dreht uns die Gesellschaft den Geldhahn zu … “

  8. #8 rolak
    November 30, 2014

    [dunkel]
    Kommt im Deutschen .. von ahd. “tunhal” – bedeutet ursprünglich “eingetaucht”
    “Dunkel” ist auch mit “Dünkel” verwandt

    dunkel vs Dünkel

    Erstaunlich (und schade), daß es bei einem derartig fundierten Unwissen überhaupt noch geschafft wird, einen Text einzugeben, der aus der surrealen Eigenwelt in die Realität durchkommt.
    Paßt, wie von Niels bereits treffend aufgespießt, allerdings vorzüglich zum blog.

  9. #9 Name auf Verlangen entfernt
    November 30, 2014

    Da kommen Sie, wie sie sehen, liebe Frau Wittig, aus ihren Löchern – wie immer frei von Argumenten und wenig beleckt durch Allgemeinbildung: ihren Dünkel vor sich hertragend, wie einen Pokal, auf den sie auch noch stolz sind.

    Den hier assoziierten Philosophie-Blog “Arte-Fakten” haben sie schon vor langer Zeit rausgemobbed, und der dazugehörige “radikale Arm” der “Veranstaltung” (Dr. Bär) – “Psiram” genannt, macht dort gewaltsam weiter, wo sie mit dem Denken nicht weiterkommen, all die kleinen Einsteins hier …

  10. #10 Angelika Wittig
    Dezember 1, 2014

    @Name auf Verlangen entfernt
    Ich danke Ihnen für Ihre Antwort.
    Natürlich haben Sie recht, wenn Sie bemängeln, dass meine Kommentare keine Dialoge sind.
    Es ist sehr schwierig, Menschen zu motivieren.
    Meine natürliche Grenze ist das Wollen meines jeweiligen Gegenübers.
    Dialoge funktionieren nicht einseitig, zumindest keine guten.
    Ich möchte Sie im Namen aller Menschen um Entschuldigung bitten, die meinen sie hätten Recht, wenn sie mit der Be- und Abwertung von Personen “argumentieren”.
    Das führt zu nichts.
    Ich kann verstehen, dass Sie sich verletzt fühlen, das wäre ich auch.
    Ich finde es gut, wenn sich die Menschen noch aufregen können, alles ist besser als Ignoranz.
    Noch besser ist es, nach einer wüsten Debatte plötzlich das Gesamtbild zu erkennen und zu merken, dass alle Beteiligten vorangekommen sind, weil sie neue Sichtweisen kennenlernten.
    Diese letzte Steigerung wird leider noch oft unterschätzt.

  11. #11 Name auf Verlangen entfernt
    Dezember 2, 2014

    @Angelika Wittig

    Wie Recht Sie haben – die persönlichen Dinge stehen gar nicht so im Vordergrund; aber sehr nett, wie Sie damit umgehen. Ich freue mich auf eine frische Stimme in den Science-Blogs und werde Sie mit Sympathie kritisieren!? 🙂 Zumal ihr Eintreten für die geistige Freiheit ist alle Unterstützung wert!

    Vor allem Ihre Idee einer Steigerung durch Vermittlung, anstatt Kontroverse – “Gesamtbild” schreiben Sie weise – darum geht es.

  12. #12 Angelika Wittig
    Dezember 2, 2014

    @Name auf Verlangen entfernt
    Ich freue mich auf Ihre Kritik und daüber, dass hier nun ein erster Dialog beginnt.