“So wenig wie ein Leser heute die einzigen Worte (oder gar Silben) einer Seite sämtlich abliest – … – ebenso wenig sehen wird einen Baum genau und vollständig, in Hinsicht auf Blätter, Zweige, Farbe, Gestalt; es fällt uns so sehr viel leichter, ein Ungefähr von Baum hinein zu phantasieren. Selbst inmitten der seltsamsten Erlebnisse machen wir es noch ebenso: wir erdichten uns den größten Teil der Erlebnisse und sind kaum dazu zu zwingen, nicht als ´Erfinder´ irgendeinem Vorgang zuzuschauen. Dies alles will sagen: wir sind von Grund aus, von alters her – ans Lügen gewöhnt. Oder, um es tugendhafter und heuchlerischer, kurz angenehmer auszudrücken: man ist viel mehr Künstler, als man weiß.”
Friedrich Nietzsche, “Jenseits von Gut und Böse”, also da, wo die meisten Europäer schon länger stehen.
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