Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, dann kann das auch der Kopf gewesen sein. Wenn ein Habermas und die Öffentlichkeit zusammenstoßen, und es klingt hohl, dann kann das auch der Habermas gewesen sein. Der erwähnte Philosoph ist 90 Jahre alt geworden und das Feuilleton kann das Wasser nicht halten, um zu gratulieren. Man verneigt sich unkritisch vor dem kritischen Denker, von dem zu erfahren ist, “dass radikale Erkenntniskritik nur als Gesellschaftskritk möglich ist”, was ich in dem Absolutheitsanspruch einfach nicht verstehe. Erkenntnisktritk setzt nicht Gsellschaft, sondern Erkenntnis voraus, und ich möchte gerne wissen, welche Erkenntnis etwa der Physik Jürgen Habermas kennt und kritisieren will. Die Relativitätstheorie? In den Zeitungen ist “von der moralischen Korruption der Universitäten” die Rede, mit der Habermas sicher andere meint, und man erfährt, dass der gefeierte Philosoph zum Glück die Dynamik der Wirtschaft akzeptiert, während er die “Medienöffentlichkeiten aus der Provinziität raumzeitlich beschränkter Kontexte” herausführen will. Und so weiter, und so fort. Dürftiges Zeug, wohin man schaut und was man auch immer liest. Immerhin gaubt der große alte Mann an “den objektiven Geist des intersubjektiven Verkehrs zwischen von Haus aus vergesellschafteten Subjekten”, was immer damit gemeint und gewonnen ist. Und bei alldem warnt Habermas vor einer “Verinselung” der Diskussion im Internet, auch wenn er gar nicht an ihr teilnimmt, weshalb es sich der Schreiber dieser Zeilen nicht nehmen lässt, ein Video zu empehlen:

 

Viel Spaß.

 

 

Kommentare (2)

  1. #1 strahlenbiologe
    Juni 28, 2019

    Bei Habermas bin ich gedanklich sofort bei Popper und seinem berühmten Zitat:

    “Jeder Intellektuelle hat eine ganz besondere Verantwortung. Er hatte das Privileg und die Gelegenheit, zu studieren; dafür schuldet er es seinen Mitmenschen (oder „der Gesellschaft“), die Ergebnisse seiner Studien in der einfachsten und klarsten und verständlichsten Form darzustellen. Das Schlimmste – die Sünde gegen den heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen versuchen, sich ihren Mitmenschen gegenüber als große Propheten aufzuspielen und sie mit orakelnden Philosophien zu beeindrucken. Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann. […] Was ich oben (Punkt 1) die Sünde gegen den heiligen Geist genannt habe – die Anmaßung des dreiviertel Gebildeten –, das ist das Phrasendreschen, das Vorgeben einer Weisheit, die wir nicht besitzen. Das Kochrezept ist: Tautologien und Trivialitäten gewürzt mit paradoxem Unsinn. Ein anderes Kochrezept ist: Schreibe schwer verständlichen Schwulst und füge von Zeit zu Zeit Trivialitäten hinzu. Das schmeckt dem Leser, der geschmeichelt ist, in einem so ‚tiefen‘ Buch Gedanken zu finden, die er selbst schon mal gedacht hat.”

  2. #2 Dr. Webbaer
    Juni 30, 2019

    Der Schreiber dieser Zeilen hat gerade nicht so viel Zeit und nur die ersten zehn Minuten des dankenswerterweise webverwiesenen audiovisuellen Dokuments zur Kenntnis genommen, Herr Ernst Peter Fischer, mag Ihren Vortrag und Ihren Vortragsstil, und ist insbesondere auch dankbar fuer die genaue Herausarbeitung von Subjekt, hier steckt auch die Jacke drinnen, und Objekt, das dem Unterworfenen sozusagen Entgegengeworfene – wird den restlichen Konsum des Dokuments beizeiten nachholen.
    Und findet Habermas mit seinem staendigen Gesellschaftlichen gar nicht so-o schlecht, auch die, jedenfalls seine Diskurstheorie meinend.
    Popper mochte stets die Einfachkeit oder Klarheit von Gedanken, dies ist hier, beim dieszeiligen Schreiber, sympathisch, allerdings war Popper ja Liberalist und der andere ist zaeher Kollektivist.
    Popper beobachtete stets gut, wie einige finden.

    MFG
    Wb