Das zentrale Thema der Fachtagung der ITG innerhalb des VDE-Kongresses ist die Mobilkommunikation. Prof. Dr.-Ing. Joachim Speidel ist Leiter des Instituts für Nachrichtenübertragung an der Universität Stuttgart und hat uns im Vorfeld des heute startenden VDE-Kongresses einige Fragen beantwortet.

ScienceBlogs: Die Internetnutzung über WLAN oder UMTS ist bereits heute Alltag. Was kommt nach diesen Technologien und welche zusätzlichen Optionen für die mobile Kommunikation werden dadurch mittelfristig möglich?

Joachim Speidel: Die Tagung befasst sich sowohl mit der Mobilkommunikation als auch der Festnetzkommunikation. Beides besitzt große Bedeutung. Ein Ausbau bei den Mobilnetzen erfordert auch den Ausbau der Festnetze mit photonischen Technologien, da die mobilen Endgeräte nicht direkt miteinander kommunizieren, sondern über Basisstationen, die über Glasfasern verbunden sind.

WLAN ist ein Funkstandard, der sich laufend in Richtung höherer Bitraten weiterentwickelt. Anwendungsbereich ist im Gebäude, d.h. die Reichweiten liegen typisch bei ca. 100m.

Neue Standards wie etwa WIMAX werden die Beschränklungen von WLAN aufheben.

Neue Verfahren wie WIMAX und deren Weiterentwicklung zielen auf noch höhere Bitraten und größere Reichweiten, so dass auch Anwendungen in einer größeren Fläche, auch außerhalb von Gebäuden, möglich werden. Damit lassen sich Gebiete erschließen, die nicht über DSL versorgt sind, da die Bitraten vergleichbar mit denen von DSL sind (digital divide, siehe unten).

Eine weitere Zielrichtung der Entwicklung ist, diese Systeme für mobile Teilnehmer geeignet zu machen. Sie treten dann in den direkten Wettbewerb mit den Mobilfunknetzen UMTS und deren Weiterentwicklungen.



Was verbirgt sich hinter dem Schlagwort der “Mobilfunknetze der 4. Generation”?

Derzeit wird an der Weiterentwicklung zellularer Mobilfunksysteme gearbeitet. Der Codename der angelaufenen Standardisierungsaktivität ist LTE (Long Term Evolution). Da UMTS mit HSDPA und HSUPA ein fortschrittliches System ist, das die derzeitigen Kundenbedürfnisse gut abgedeckt, besteht von daher kein großer Zeitdruck.

Wir streben Bitraten oberhalb von 2 Mbit/s an. Pro Teilnehmer!

Die komplexen System- und Infrastruktur- entwicklungen erfordern allerdings eine große Vorlaufzeit. Daher ist die Forschung auf diesem Gebiet bereits angelaufen.

Zielsetzung sind sehr hohe Bitraten, deutlich oberhalb von 2 Mbit/s und zwar pro Teilnehmer. Als Gesamtbitrate pro Funkzelle (Summe für alle Teilnehmer) werden etwa 1 Gbit/s angestrebet. Solche neuartigen Systeme sollen im Mobilbereich Anwendungen ermöglichen, wie wir sie zu Hause oder im Büro mit Festnetzanschluss kennen.

Das derzeit laufende Forschungsprojekt heißt EASY-C und wird auf der Fachtagung vorgestellt.

Das Internet und die modernen Informationstechnologien haben den letzten Jahren die Art und Weise verändert, wie wir miteinander kommunizieren. Gleichzeitig haben sich ganz neue Möglichkeiten des Informationsmanagements entwickelt. Allerdings sind die Zugangschancen zu den digitalen Infotechnologien ungleich verteilt – Wie lässt sich künftig diesem Trend des drohenden “digital divide” begegnen und gegensteuern?

Das ist eine wichtige Frage, die die Gesellschaft in dieser Welt nicht spalten sollte. Es ist natürlich eine Kostenfrage. Zunächst muss die Infrastruktur geschaffen werden. Hier könnte ein kombinierter Ansatz aus staatlichem (sozialem) und privatwirschtschaftlichem Engagement Erfog versprechen. Der rein marktwirschaftliche Ansatz wird wohl nicht funktionieren. Die Endgerätepreise zeigen eine laufend fallende Tendenz, so dass sie erschwinglich bleiben.

Zu diesem Thema gibt es übrigens einen Vortrag in der ITG-Tagungseröffnung von Herrn Habbel.

Vielen Dank für das Gespräch.

Kommentare (1)

  1. #1 Martin
    November 3, 2008

    Interessantes Interview!

    Ich möchte hier auf den Artikel “Mobil in Afrika” in c’t 21/2008 S. 106ff verweisen.
    Gerade in Afrika hat das Handy die Kommunikation noch wesentlich drastischer revolutioniert.