Es ist schon paradox: Im Vergleich zu Juristen oder BWL-Studenten haben Ingenieure den Ruf, gesellschaftlich wenig Anerkennung für ein anstrengendes Studium zu bekommen. Andererseits finden vier von fünf Absolventen einer Ingenieurswissenschaft durchschnittlich nach weniger als zehn Bewerbungen einen Job – und brauchen dafür nicht mehr als drei Bewerbungsgespräche. Eigentlich steht es bestens um die Karrierechancen der “Young Professionals”. Dennoch entscheiden sich mit durchschnittlich 9.000 Studienbeginnern jährlich wenige junge Leute für Ingenieurswissenschaften – zu wenige, wenn es nach Prof. Dr. Josef Nossek, Präsident des VDE und Inhaber des Lehrstuhls für Netzwerktheorie und Signalverarbeitung an der TU München geht.

“Der Wettlauf um die besten Experten wird immer härter,” erklärt Prof. Nossek. “In den nächsten Jahren gehen 10.000 Ingenieure in Rente. Zugleich steigt der Bedarf an fähigen Ingenieuren, da wir mit immer komplexeren Prozessen arbeiten.” Die naheliegende Lösung des Problems im Allgemeinen: Der Nachwuchs muss gefördert werden. Und im Besonderen: Die Mädchen. Mit durchschnittlichen vier Prozent sind Frauen in Ingenieursberufen nämlich stark unterrepräsentiert. “Wir müssen den jungen Leuten klar machen, dass diese Berufe nicht einfach nur einen sicheren Arbeitsplatz versprechen,” meint Prof. Nossek, “sondern dass es auch faszinierend und spannend ist, in der technischen Forschung zu arbeiten!”

Wie kann es sein, dass Ingenieurswissenschaften in Deutschland an chronischem Frauenmangel leiden, während beispielsweise Frankreich oder Schweden kein Problem mit weiblichem Nachwuchs haben? Den Anfang zu machen ist natürlich nicht immer ganz leicht – gerade darum brauchen deutsche Hochschulen mehr mutige Vorreiterinnen.

“Ist doch egal, ob das sonst nur Jungs machen!”

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Vy (16) kommt aus Heitersheim bei Freiburg. Ob sie später mal eine Ingenieurswissenschaft studieren möchte oder nicht, weiß sie noch nicht genau. Aber grundsätzlich abgeneigt ist sie auch nicht: “Eben haben wir einen Vortrag über Kommunikationstechnologien gehört – wie Handys gemacht werden, finde ich schon spannend.” Raphael Hunger von der TU-München hatte in “Von der Fackel zu intelligenten Antennen” den Schülern von der Evolution der Drahtloskommunikation erzählt.

Zum Kongress des VDE kam Vy über ihren Physiklehrer: Der hatte die Klasse überredet, einen Ausflug nach München zu machen und Ingenieurswissenschaften, kennenzulernen. Momentan möchte Vy Chirurgin – auch nicht gerade ein klassischer Mädchenberuf. “Ist doch egal, ob das bis jetzt mehr Jungs machen,” erklärt die Schülerin souverän. “Ich studier das, was mir Spaß macht!”

“Unternehmen profitieren von jungen Eltern”

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Kristina (25) und Ouafa (26) haben ihr Studium gerade abgeschlossen. Kristina möchte gerne im Projektmanagement arbeiten, Ouafa interessiert sich eher für medizinische Elektronik. In einem Punkt sind sich die beiden Frauen jedoch einig: Sie wollen in ein paar Jahren Kinder haben. Und es ist ihnen wichtig, einen Arbeitgeber zu finden, der diesen Wunsch unterstützt. “Ich kenne keine einzige Frau, die ihr Studium abgebrochen hat,” erzählt Kristina. “Und im Durchschnitt waren wir auch besser als die Männer.” Unternehmen sollten sich daher auf die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen konzentrieren – und nicht darauf, ob sie zwischenzeitlich ein paar Monate Babypause machen.

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Dem pflichtet auch Dr. Michaela Kremer bei: Die Juristin arbeitet seit acht Jahren bei IBM in Stuttgart und ist Mutter zweier Kinder. “Unternehmen profitieren absolut von jungen Eltern. Ich glaube, soziale Kompetenzen sind sehr gesund für die Unternehmenskultur – auch wirtschaftlich gedacht, tut sich niemand einen Gefallen damit, nur “Workaholics” einzustellen.”

Kommentare (1)

  1. #1 Fabian
    November 3, 2008

    Ihr habt’s ja noch schön. Bei uns (Fachhochschule in der Schweiz, Elektrotechnik) hatten wir 2 Frauen und etwa 80 Männer. Und das war schon ein Rekord…