Diese Woche habe ich mit Kollegen über „Wissenschaftsjournalismus in Zeiten der Lügenpresse“ diskutiert. Das Fazit ist grundsätzlich hoffnungsvoll, aber es werden Ideen gesucht, um Dialog und Glaubwürdigkeit zu stärken.
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft hat gefragt: Wird auch am Wissenschaftsjournalismus Fundamentalkritik geübt? Und falls nicht so sehr wie in anderen journalistischen Ressorts: Was kann man trotzdem tun, um glaubwürdig zu bleiben? Meine Kollegen Lars Fischer (spektrum.de, scilogs.de) und Martin Schneider (SWR, wpk) berichteten auch von Beschimpfungen. Aber die Kritik ist nicht einheitlich. Mit manchen Lesern und Zuschauern kann man am Ende doch diskutieren: Man mag Studien unterschiedlich interpretieren, aber man streitet auf einer Grundlage, die beide Seiten akzeptieren. Bei anderen Kritikern kommt man irgendwann auf die eigentliche Ursache der Kritik, die durchaus berechtigt sein kann.
Es kann zum Beispiel sein, dass Journalisten und ihre Kritiker an unterschiedliche Beiträge denken: die Journalisten an die Highlights, die Kritiker an die Pleiten. Eine erkennbar gedankenlose Kurzmeldung wiegt einen schönen Aufmacher auf. Ich wünsche mir schon seit langem, dass nicht nur herausragende journalistische Arbeiten ausgezeichnet werden, sondern auch das Bemühen von Redaktionen gewürdigt und gefördert wird, unter schwierigen Bedingungen die Qualität aufrecht zu halten. Eine anderes Beispiel für berechtigte Kritik: Wenn den Medien Kampagnen vorgeworfen werden, kann das daran liegen, dass sich tagesaktuelle Medien gegenseitig beobachten – sogar belauern. Viele Meldungen aus der Wissenschaft erscheinen parallel in ähnlicher Form, und nur wenige Redaktionen bemühen sich um andere Experten und eine eigene Einordnung.
Aufruf: Ideen gesucht!
Die Tonlage der Debatte mit 60 bis 80 Gästen an der Universität Stuttgart war durchweg optimistisch. Ich glaube, wir waren uns einig, dass Wissenschaft und Journalismus der Öffentlichkeit mehr zumuten können. Auch wenn wir uns mehr Gewissheiten wünschen in unserer unübersichtlichen Zeit, dürfen wir die Zweifel, Unsicherheiten und Widersprüche nicht beiseiteschieben. Für Wissenschaftler bedeutet das, wenn sie in die Öffentlichkeit gehen: nicht übertreiben und immer auch die kritischen Punkte ansprechen. Dafür haben auch einige Akademien in einer Stellungnahme argumentiert. Aber was bedeutet das für uns Wissenschaftsjournalisten? Ein Wissenschaftler kann sich vielleicht mit einer kleinen Gruppe von Interessierten zufrieden geben, aber wir brauchen die Massen – um uns zu finanzieren und um unsere öffentliche Aufgabe zu erfüllen.
Ich habe einige Ideen, und rufe Euch dazu auf, weitere Ideen beizusteuern:
- Mehr Umfragen und Diskussionsrunden mit Lesern (ist viel Arbeit)
- Differenzierte Charakterisierung von Studien und Forschern (ist trockener Stoff)
- Mehr Fragen aus dem Leben an die Wissenschaft herantragen (erfordert Kooperation der Wissenschaft)
- Transparenter Umgang mit Fehlern (erfordert Mut)
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