Wer mit GoogleMaps das berühmte Opernhaus in Sydney sucht, landet mitten im Hafenbecken. Kleine Schiffchen kurven umher, und am Kai hat ein riesiger Passagierdampfer angelegt. Welch Idylle..

Direkt neben dem Kreuzfahrtschiff dann ein Bild des Schreckens — zwei Fähren sind ineinander gekracht, etwas weiter ein Boot halb versunken, nur der Kiel ragt noch aus dem Wasser. Hatte der Anblick des Luxusliners gleich mehrere Hafenlotsen abgelenkt??

Besorgte User, die schon Vertuschung im großen Stil unterstellten, hakten bei Google Australien nach. Doch kein dramatisches Schiffsunglück, nur ein winziger Rechenfehler, Grafiken falsch übereinander gelegt, das Übliche, so der Netzgigant…

Aha. Wenn es keine ‚reale’, sondern nur eine virtuelle Katastrophe ist, kann man beruhigt aufatmen? Alles nur Zufall, eine technische Schrulle, schließlich war hier keine hinterhältige Hollywood-Effektmaschine am Werk?
Virtueller Voyeurismus ist aber immer noch Voyeurismus – und das ganz ohne sich auf dem Standstreifen der A1 den Hals zu verdrehen oder den halben Tag hinter den Geranien zu lauern.

In Online-Communities basteln Liebhaber der grandiosen GoogleEarth-Software schon längst an ihrem globalen Kuriositätenkabinett. Autounfall in Bagdad? FKK-Girls auf der Dachterrasse? Segelflieger-Crash? Das und viel mehr stellen die Google-Glotzer auf “googlesightseeing” ein (mit Google nicht verwandt oder verschwägert, Claim: Why bother seeing the World for real? – In der Tat).

Natürlich lässt sich in den Satellitenbildern von GoogleEarth auch Schöneres bespannern – zB die mittlerweile halbwegs überzeugenden Luftaufnahmen aufgetauchter Wale (Wer kein Earth verwendet, kann die URL in GoogleMaps eingeben).

Aber: geht so Whalewatching? Klar, ich muss nicht mehr selbst an die australische Küste. Und dass Reisen bildet und ich mir Erfahrungen auch selbst erfahren muss, ist wohl eine Binse. Aber anachronistisch oder von Dampflok-Pionier-Romantik beseelt finde ich den Gedanken nicht.

Und schon die Draufsicht selbst bietet eine andere Sichtweise. Aber Perspektivwechsel ist ja kein Selbstzweck. Baudelaire (oder? Vielleicht war’s ein anderer Franzose?) hat ja den menschlichen Drang, immer auf alles draufzuklettern und runterzugucken, um sich selbst zu erhöhen, als allzumenschlichen Makel verspottet.

Faszinieren kann mich ein Anblick am ehesten auf Augenhöhe – oder im Google-Sprech, „street level”. Der Kölner Dom wirkt von oben geradezu mickrig, Römisch-Germanisches Museum und Bahnhof dagegen sehen aus, als wären in einem Windows-Spiel ein paar Pixel hängengeblieben: